Medicus 03 - Die Erben des Medicus
habe, als vertraglich vereinbart war; und daß sie bei dieser Menge die Qualität der Versorgung nicht mehr aufrechterhalten könne und die Gesellschaft schleunigst einen zweiten Gynäkologen einstellen solle. »Buchanan hat mich daran erinnert, daß wir Teamarbeit betreiben und ich mich in dieses Team einzufügen hätte. Ich habe ihm gesagt, wenn er sich weigert, einen zweiten qualifizierten Gynäkologen einzustellen, kann er sich die ganze Sache in seine flexura sacralis recti schieben. Und so habe ich auf seiner Abschußliste einen Ehrenplatz bekommen. Aber Marty Murrow hatte noch viel größere Probleme. Laut Vertrag hatte er eintausendsechshundert Patienten zu betreuen, aber über zweitausendzweihundert waren bei ihm in Behandlung. Die unqualifizierten neuen Ärzte kümmerten sich jeweils nur um vierhundert bis sechshundert Patienten. Der Forscher hatte einfach keine Ahnung von Innerer Medizin. Wenn der auf der Intensivstation war, mußten die Krankenschwestern für ihn die Medikamentenbestellungen ausfüllen. Der hat nicht einmal zwei Monate durchgehalten. Die Patienten merkten bald, daß es am Highland Family Health Center ein paar ziemlich lausige Ärzte gab, und als dann das Center mit einer kleinen Fabrik einen Vertrag über die medizinische Versorgung ihrer Angestellten abschloß, wollten von fünfzig achtundvierzig Marty Murrow als ihren Arzt. Er und ich sind natürlich ausgeflippt. Viele von den Namen auf den Krankenblättern kannten wir gar nicht. Oft mußten wir Rezepte für Patienten von anderen Ärzten unterschreiben, mußten Leuten, die wir nicht kannten und deren Krankheitsbild uns nicht vertraut war, Medikamente verordnen. Und weil wir als Ärzte ja nur Angestellte waren, hatten wir keinen Einfluß auf die generellen Qualitätsmängel, die im Center herrschten.« Eine der Schwestern, erzählte Gwen, sei besonders schlecht gewesen. Marty Murrow hatte sie wiederholt bei Fehlern ertappt, wenn sie ihm Nachfolgerezepte zur Unterschrift vorlegte.
»Zum Beispiel hat sie einem Patienten, der Xanax brauchte, Zantax verordnet. Wir mußten ihr ständig auf die Finger schauen.« Gwen ärgerte es auch, daß die Empfangsdame an der Rezeption und am Telefon barsch und sarkastisch war und Nachrichten und Anfragen von Patienten oft nicht an die Ärzte weiterleitete.
»Marty Murrow und ich haben sie angeschrien und beschimpft«, sagte Gwen. »Wir haben beide regelmäßig bei Buchanan angerufen und uns beschwert, was dem natürlich gefallen hat, denn so konnte er uns in unsere Schranken weisen, indem er die Beschwerden einfach ignorierte. Marty Murrow hat schließlich einen Brief an den Präsidenten der Gesellschaft geschrieben, einen pensionierten Urologen, der in Los Angeles lebt Marty hat sich über die Krankenschwester, die Empfangsdame und Buchanan beschwert und den Präsidenten gebeten, alle drei zu ersetzen. Buchanan erhielt einen Anruf vom Präsidenten und informierte die Schwester und die Empfangsdame schriftlich über Dr. Murrows Beschwerde. Als dieser sie anschließend wieder traf, erzählten beide dieselbe Geschichte: Dr. Martin B. Murrow hatte sie sexuell belästigt. Buchanans Triumph kannst du dir ja wohl vorstellen. Er schickte Murrow ein Einschreiben, in dem er ihn über die Belästigungsklagen ins Bild setzte und ihn informierte, daß er für zwei Wochen vom Dienst suspendiert sei und in dieser Zeit eine Untersuchung gegen ihn durchgeführt werde. Marty hat eine sehr attraktive Frau, von der er die ganze Zeit erzählt, und zwei kleine Töchter, mit denen er jede freie Minute verbringt. Seiner Frau erzählte er sofort, was los war. Es war der Anfang einer schrecklichen Zeit für sie beide. Buchanan vertraute gezielt mehreren Leuten an, daß er Marty suspendiert habe und warum. Und sehr schnell kamen diese Gerüchte auch Freunden der Murrows zu Ohren. Marty rief seinen älteren Bruder Daniel J. Murrow an, einen Sozius der Anwaltskanzlei Golding, Griffey & Moore an der Wall Street Und Daniel J. Murrow rief Buchanan an und sagte ihm, daß es sehr wohl zu der angekündigten Untersuchung kommen müsse und daß sein Klient, Dr. Martin Murrow, auf einer gründlichen Befragung jeder Person in seiner Abteilung bestehe.«
R.J. setzte sich auf. Obwohl sie der Jurisprudenz den Rücken gekehrt hatte, erweckten gewisse Fälle noch immer ihr Interesse. »Bist du ganz sicher, daß Martin Murrow nicht...«
Gwen lächelte und nickte. »Die Krankenschwester, um die es geht, ist Ende Fünfzig und ziemlich dick. Da
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