Medicus 03 - Die Erben des Medicus
nicht.«
»Und wie schützt ihr euren Garten?«
»Wir pinkeln um die Beete«, sagte Toby seelenruhig. »Also, ich nicht« Sie deutete mit dem Daumen auf ihren Mann. »Er tuts.«
Jan nickte. »Das ist das beste. Ein Hauch Menschenpisse, und die Viecher holen sich ihre Vitamine woanders. Das solltest du auch machen.«
»Du hast leicht reden. Es gibt gewisse physiologische Unterschiede zwischen uns beiden, die mir bei der Ausführung deines Tips ziemliche Probleme bereiten dürften. Aber wie wär's, wenn du zu mir kommst und ...«
»Nichts da!« sagte Toby bestimmt »Er hat nur einen begrenzten Vorrat, und der ist bereits reserviert«
Jan grinste, gab R.J. aber noch einen guten Rat mit auf den Weg: »Nimm einen Pappbecher!«
Das tat sie auch, nachdem sie die Erbsen neu eingesät hatte. Das Problem war, daß auch ihr Vorrat begrenzt war, obwohl sie sich zwang, mehr zu trinken, als ihr Durst verlangte.
Aber es genügte, um die Erde entlang der Saatreihen zu befeuchten, und als diesmal die Keimlinge ihre Köpfe durch die Erde steckten, wurden sie nicht abgefressen. Eines Tages hörte R.J.in ihrem Hof ein Geräusch wie von vielen kleinen Motoren, und als sie das Haus verließ, sah sie, daß sich aus einem der Bienenstöcke ein summender Schwarm erhob. Tausende von Bienen flogen auf in gewundenen, tanzenden Strängen, die sich in Dachhöhe zu einer dicken Säule verflochten und vereinigten, einer Säule, die manchmal wie festgefügt wirkte, so dicht gedrängt und zahlreich waren die kleinen dunklen Körper. Aus der Säule wurde eine Wolke, die sich zusammenzog und ausdehnte, sich verlagerte und wuchs, bis sie schließlich in die Höhe stieg und dunkel über den Wald davon. Zwei Tage später schwärmte ein zweites Volk. David hatte sich immer viel Mühe mit seinen Bienen gegeben, R.J. aber hatte sie vernachlässigt, doch sie machte sich keine Vorwürfe wegen des Verlustes. Sie war mit ihrer eigenen Arbeit und ihren Interessen beschäftigt, sie mußte mit ihrem eigenen Leben zurechtkommen.
An diesem Nachmittag erhielt sie in der Praxis einen Anruf. Gwen Gabler wollte aus Idaho herüberkommen und sie besuchen. »Ich muß für ein paar Wochen nach Western Massachusetts. Ich erklär's dir, wenn wir uns sehen«, sagte Gwen. Eheprobleme? Nein, danach klang es überhaupt nicht »Viele Grüße von Phil und den Kindern«, sagte Gwen.
»Grüße sie auch von mir! Und mach schnell! Beeil dich!«
R.J. wollte sie abholen, aber Gwen wußte nur zu gut, wie der Tagesablauf einer Ärztin aussah, und so kam sie mit dem Taxi vom Flughafen in Hartford - die alte, flapsige, herzliche, wunderbare Gwen.
Sie kam nachmittags an, begleitet von einem Frühlingswolkenbruch, und die beiden fielen sich regennaß in die Arme und küßten und musterten sich und johlten und lachten.
R.J. führte Gwen zum Gästezimmer.
»Laß das erst mal! Wo ist das Klo? Ich hab's mir seit Springfield verkniffen.«
»Erste Tür links«, sagte R.J. »Ach, wart mal!« Sie lief in ihr Schlafzimmer, schnappte sich vier Pappbecher von der Frisierkommode und lief hinter Gwen her. »Da. Würdest du die bitte benutzen? Ich wäre dir sehr dankbar.«
Gwen starrte sie verständnislos an. »Willst du eine Urinprobe?«
»Nein, so viel, wie du kannst. Es ist für den Garten.«
»Ach so, für den Garten.« Gwen drehte sich um, aber ihre Schultern zuckten bereits, und einen Augenblick später lehnte sie brüllend vor Lachen an der Wand. »Du hast dich nicht verändert, kein bißchen. Mein Gott, wie sehr ich dich vermißt habe, R.J. Cole!« sagte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Für den Garten?«
»Ich werd's dir erklären.«
»Bloß nicht! Ich will es nicht hören. Ich laß mir doch den Spaß nicht verderben«, sagte sie und rannte mit den vier Pappbechern in der Hand ins Bad.
Abends ging es um ernstere Dinge. Sie blieben lange auf und unterhielten sich, während draußen der Regen gegen die Fensterscheiben prasselte. Gwen hörte aufmerksam zu, während R.J. von David erzählte und berichtete, was mit Sarah passiert war. Sie hielt R.
J.s Hand und stellte gelegentlich Zwischenfragen.
»Und was ist mit dir? Wie läuft's in der HMO?«
»Na ja, in Idaho ist es sehr schön, und die Leute dort sind wirklich nett. Aber das Family Health Center ist eine verdammt schlechte Gesundheitsfürsorgeorganisation.«
»Ach, Gwen, schade! Du hattest dir doch solche Hoffnungen gemacht.«
Gwen zuckte die Achseln. Am Anfang habe es wirklich ideal ausgesehen, sagte sie.
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