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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Angst hatte, den Karton zu öffnen, doch schließlich hob er den Deckel hoch und holte das dicke Manuskript heraus.
    »Es ist alles da«, sagte sie.
    Er setzte sich und musterte das Manuskript. Er blätterte darin, wog es in der Hand. »Es ist so gut, David!«
    »Hast du es gelesen?«
    »Ja. Wie konntest du so etwas nur aufgeben, David?« Die Frage war so absurd, daß sogar sie lachen mußte, und er rückte die Perspektive wieder zurecht.
    »Na ja, dich hab ich ja auch im Stich gelassen, oder?«
    Die Leute im Ort reagierten unterschiedlich auf die Nachricht, daß er zurückgekommen war und jetzt bei ihr lebte. In der Praxis versicherte ihr Peggy, daß sie sich für sie freue. Toby sagte zwar nichts Negatives, konnte aber ihre Vorbehalte nicht verbergen.
    Sie war mit einem Vater aufgewachsen, der Alkoholiker gewesen war, und R.J. wußte, daß ihre Freundin sich vor dem fürchtete, was die Zukunft einem Menschen brachte, der einen Süchtigen liebte.
    Toby wechselte schnell das Thema. »Das Wartezimmer ist fast jeden Tag zum Bersten voll, und du gehst nie mehr zu einer vernünftigen Zeit nach Hause.«
    »Wie viele Patienten haben wir jetzt, Toby?«
    »Vierzehnhundertundzweiundvierzig.«
    »Na, dann sollten wir wohl besser keine neuen Patienten mehr aufnehmen, sobald wir fünfzehnhundert erreicht haben.«
    Toby nickte. »Fünfzehnhundert habe ich mir auch als Obergrenze vorgestellt. Aber das Problem ist, R.J., daß wir immer wieder neue Patienten bekommen. Wirst du es wirklich übers Herz bringen, Leute unbehandelt wegzuschicken, wenn wir bei fünfzehnhundert angelangt sind?«
    R.J. seufzte. Sie kannten beide die Antwort »Woher kommen denn die neuen Patienten vorwiegend?«
    Sie steckten die Köpfe vor dem Computer zusammen und studierten die Landkarte. Es war offensichtlich, daß die neuen Patienten aus den Randbezirken des Einzugsbereichs kamen, vorwiegend aus Orten westlich von Woodfield, denn die Leute dort hatten zu den Ärzten in Greenfield oder Pittsfield einen extrem langen Weg.
    »Genau hier brauchen wir einen neuen Arzt«, sagte Toby und tippte auf der Karte auf den Ort Bridgetown. »Es gäbe dort genügend Patienten für sie - oder für ihn«, ergänzte sie mit einem schnellen Lächeln. »Und dir würde es das Leben sehr viel einfacher machen, wenn du zu Hausbesuchen nicht mehr so weit fahren müßtest.«
    R.J. nickte. An diesem Abend rief sie Gwen an, die gerade damit beschäftigt war, ihren Umzug von einem Ende des Kontinents zum anderen zu organisieren. Sie sprachen ausführlich über das Problem der Patientendichte, und in den folgenden Tagen schrieb R.J. an die medizinischen Leiter von Krankenhäusern mit einer soliden Assistenzarztausbildung Briefe, in denen sie die Anforderungen, aber auch die Vorteile einer ärztlichen Praxis in den Hügelorten darlegte.
    David war nach Greenfield gefahren und hatte einen Computer, einen Drucker und einen Klapptisch erstanden, die er im Gästezimmer installierte. Er schrieb wieder. Er hatte seinen Verlag angerufen, was für ihn schwierig gewesen war, weil er fürchtete, daß Elaine Cataldo, seine Lektorin, vielleicht gar nicht mehr dort arbeitete oder das Interesse an seinem Roman verloren hatte. Aber Elaine meldete sich und sprach mit ihm, zunächst allerdings sehr zurückhaltend. Sie äußerte ganz offen Bedenken wegen seiner Zuverlässigkeit, doch nachdem sie sich lange unterhalten hatten, erzählte sie ihm, daß auch sie einen großen persönlichen Verlust erlitten habe, aber daß das Leben weitergehen müsse. Sie ermutigte ihn, das Buch abzuschließen, und sagte, sie werde einen neuen Terminplan für die Veröffentlichung ausarbeiten.
    Zwölf Tage nach Davids Rückkehr war plötzlich ein Kratzen an der Tür zu hören. Als er öffnete, kam Agunah herein. Sie schlich um ihn herum, drückte ihren Fellkörper an seine Beine und belegte ihn aufs neue mit ihrem Geruch. Als er sie hochhob, leckte sie ihm das Gesicht.
    Er streichelte sie lange. Und als er sie schließlich wieder absetzte, stolzierte sie zuerst durch alle Zimmer, bevor sie sich auf den Teppich vor dem Kamin legte und zufrieden einschlief. Diesmal lief sie nicht mehr weg.
    R.J. fand sich nun plötzlich in einem Gemeinschaftshaushalt wieder. Auf Davids Vorschlag hin kaufte er ein und kochte, sorgte für Feuerholz, erledigte die Hausarbeit und bezahlte die Stromrechnung.
    R.J. brauchte sich um nichts zu kümmern, und sie kehrte nach der Arbeit nicht mehr in ein leeres Haus zurück. Es war ein perfektes

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