Medicus 03 - Die Erben des Medicus
Arrangement
Das Fossil
Gwen und ihre Familie kamen am Sonntag nach dem Labor Day an, alle erschöpft und gereizt nach der dreitägigen Fahrt Das Haus, das sie und Phil am Ufer des Deerfield River in Charlemont gekauft hatten, war geputzt und bezugsfertig, aber der Umzugstransporter mit all ihren Möbeln war in lllnois liegengeblieben und würde sich um zwei Tage verspäten. R.J. bestand darauf, daß die Gablers für diese zwei Nächte in ihr Gästezimmer zogen. Bei einem Möbelverleih besorgte sie zwei Klappbetten für die Kinder Annie, acht Jahre, und Julian, sechs, den sie Julie nannten.
David gab sich die größte Mühe, um die Mahlzeiten zu einem vergnüglichen Ereignis zu machen, und erkam sehr gut mit Phil aus, mit dem er eine Begeisterung für alle möglichen Sportarten teilte. Annie und Julie waren nett und gutartig, aber sie waren doch Kinder, lärmend und voller aufgestauter Energie, und ihre Gegenwart ließ das Haus klein wirken. Am ersten Morgen kam es zu einem lauten und heftigen Streit zwischen den Kindern, und Julie heulte, weil seine Schwester behauptete, er habe einen Mädchennamen.
Phil und David nahmen die Kinder schließlich mit zum Fischen an den Fluß, und die beiden Frauen waren zum ersten Mal allein.
»Weißt du, Annie hat recht«, sagte R.J. »Er hat wirklich einen Mädchennamen.«
»Also hör mal!« entgegnete Gwen scharf. »Wir haben ihn immer so genannt.«
»Und? Das kann man doch ändern. Nennt ihn Julian! Das ist ein ordentlicher Name, und er wird sich dann auch wie ein Erwachsener fühlen.«
R.J. war sich ziemlich sicher, daß Gwen ihr erwidern würde, sie solle sich doch um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.
Aber nach einem kurzen Zögern grinste ihre Freundin sie an.
»Gute alte R.J., du hast noch immer auf alles eine Antwort. Übrigens, ich mag David. Wie geht's denn jetzt weiter mit euch beiden?«
R.J. schüttelte den Kopf. »Auf alles habe ich eben nicht eine Antwort«
David fing jeden Morgen früh mit dem Schreiben an, manchmal sogar schon, bevor R.J. aufstand. Er erzählte ihr, daß er dank seiner Erlebnisse bei den Amischen nun die Leute, die vor hundert Jahren in den Hügeln von Massachusetts gelebt hatten, farbiger und lebendiger beschreiben könne, ihre Abende bei Kerzenschein und die arbeitsreichen Tage.
Das Schreiben erzeugte eine Spannung in ihm, die er nur mit körperlicher Arbeit wieder lösen konnte. An jedem Nachmittag war er draußen beschäftigt, pflückte Äpfel in dem kleinen Obstgarten, erntete Spätgemüse und riß die ausgelaugten Pflanzen aus und warf sie auf den Kompost.
Er war dankbar, daß R.J. sich seiner Bienenstöcke angenommen hatte, und er machte sich daran, sie wieder auf Vordermann zu bringen. Das bot ihm genau die körperliche Betätigung, die er brauchte.
»Die sehen übel aus«, berichtete er R.J. grinsend.
Nur zwei der Bienenstöcke beherbergten noch gesunde Völker.
David hielt die Augen offen, und sooft er Bienen sah, die in den Wald flogen, folgte er ihnen, weil er hoffte, wenigstens einen der ausgerissenen Schwärme wieder einfangen zu können. In einigen Stöcken waren die Völker von Krankheiten und Parasiten geschwächt. Er baute sich in der Scheune aus rohen Brettern eine Werkbank und zimmerte sich ein Bienenhaus. Mit Feuereifer kümmerte er sich um den Wiederaufbau seiner Zucht, er reinigte und desinfizierte die Stöcke, gab den Bienen Antibiotika und entfernte Mäusenester aus zwei Stöcken.
Eines Tages fragte er sich laut, was wohl mit seiner Honigschleuder und all den leeren Gläsern und gedruckten Etiketten passiert sei.
»Das ist alles in einem Winkel der Scheune auf deinem alten Grundstück«, sagte R.J. »Ich habe die Sachen selber dort abgestellt«
An diesem Wochenende rief er Dr. Kenneth Dettinger an. Dettinger sah in der Scheune nach und berichtete, daß alles noch da sei, und David fuhr zu ihm und holte die Sachen ab.
Bei seiner Rückkehr erzählte er R.J., daß er angeboten habe, die Schleuder und die Gläser zurückzukaufen, Dettinger sie ihm aber umsonst überlassen habe, zusammen mit seinem alten Aushängeschild und dem gesamten Vorrat an vollen Gläsern, fast vier Dutzend. »Dettinger hat gesagt, daß er nicht ins Honiggeschäft einsteigen wolle. Und daß er mit einem gelegentlichen Glas Honig zufrieden sei. Er ist ein netter Kerl.«
»Ja, das ist er«, sagte R.J.
»Hättest du etwas dagegen, wenn ich wieder Honig verkaufe - hier?«
Sie lächelte. »Nein, das wäre schön.«
»Dann muß ich
Weitere Kostenlose Bücher