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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Herzlichkeit, die Sarah ihr bei der ersten Begegnung entgegengebracht hatte, bald merklich ab.
    R.J. merkte, daß das Mädchen eifersüchtig auf sie war, und sprach mit David darüber. »Es ist ganz natürlich, daß sie sich von einer Frau bedroht fühlt, die einen großen Teil vom Leben ihres Vaters in Anspruch nimmt«, sagte sie.
    Er nickte. »Wir müssen ihr einfach Zeit lassen, sich daran zu gewöhnen.« Das setzte voraus, daß die beiden einen Weg einschlugen, von dem R.J. sich gar nicht ganz sicher war, ob sie ihn auch gehen wollte. David sprach sehr offen und ehrlich über die Gefühle, die sich zwischen ihnen entwickelt hatten. Sie war ebenso ehrlich mit sich selbst wie mit David.
    »Ich will einfach so weiterleben wie bisher, ohne große Pläne für die Zukunft zu machen. Es ist für mich noch zu früh, um über eine dauerhafte Beziehung zu reden. Ich habe mir hier Ziele gesetzt, die ich erreichen will. Ich möchte mich als Ärztin dieses Ortes etablieren, und ich habe nicht vor, im Augenblick schon persönliche Verpflichtungen einzugehen.«
    David schien sich an die Worte »im Augenblick schon« zu klammern und aus ihnen Hoffnung zu schöpfen. »Gut. Wir müssen uns eben selbst auch Zeit lassen.« Sie war voller Zweifel und wußte selbst nicht genau, was sie wollte, aber es war ihr möglich, mit ihm über ihre Hoffnungen und über ihre finanziellen Sorgen zu sprechen. »Ich hab zwar keine Ahnung von einer Arztpraxis, aber hier in der Gegend müßte es doch genügend Patienten geben, um dir ein verdammt gutes Einkommen zu sichern.
    Große Kohle.«
    »Es muß ja nicht einmal verdammt gut sein, ich muß nur über die Runden kommen. Ich habe niemanden, den ich unterstützen muß, ich brauche nur für mich selbst zu sorgen.«
    »Trotzdem - warum nur über die Runden kommen?« Er sah sie an, wie ihr Vater es getan hatte.
    »Geld ist mir nicht wichtig. Mir ist wichtig, in diesem kleinen Ort Weltklassemedizin zu praktizieren.«
    »Das macht dich ja zu einer Art Heiligen«, sagte er beinahe ehrfürchtig.
    »Komm wieder auf den Boden zurück! Keine Heilige würde tun, was ich gerade mit dir getan habe«, sagte sie trocken und lächelte verschwörerisch.

Das Haus an der Grenze
    Mit der Zeit beseitigte R.J. gemeinsam mit Peg und Toby die Schwachstellen des täglichen Arbeitsablaufs. Mit der Zeit lernte R.J. auch den Rhythmus des Ortes kennen und wurde vertraut mit seinem Tempo. Sie erkannte, daß Leute, die ihr begegneten, ihr gerne zunickten und »Hallo, Doctor!« riefen. Sie erkannte ihren Stolz darauf, daß der Ort wieder eine Ärztin hatte. Sie fing an, Hausbesuche zu machen, kümmerte sich um die Bettlägerigen und fuhr zu den Patienten, für die es schwer oder unmöglich war, in die Praxis zu kommen. Wenn sie Zeit hatte und man ihr Kaffee und Kuchen anbot, setzte sie sich mit den Leuten an den Küchentisch und redete über lokale Politik und das Wetter oder notierte sich Kochrezepte auf ihrem Verschreibungsblock.
    Woodfield breitete sich auf knapp einhundertzehn Quadratkilometern rauhen Landes aus, und manchmal wurde sie auch in Nachbargemeinden gerufen. Alarmiert von einem Jungen, der meilenweit bis zum nächsten Telefon marschiert war, fuhr sie zu einer Hütte auf dem Houghton's Mountain und bandagierte Lewis Magoun, einem Schafzüchter, den verstauchten Knöchel. Als sie vom Berg zurück in die Praxis kam, fand sie Toby bestürzt und verängstigt vor. »Seth Rushton hatte einen Herzanfall. Seine Leute haben sofort hier angerufen, aber als ich Sie nicht erreichen konnte, habe ich den Krankenwagen alarmiert« R.J. fuhr zur Farm der Rushtons und erfuhr, daß der Krankenwagen bereits nach Greenfield unterwegs war. Rushton war versorgt und außer Gefahr, aber für sie war es eine wertvolle Lektion. Gleich am nächsten Morgen fuhr sie nach Greenfield und kaufte sich ein Autotelefon. Sie deponierte es in ihrem Explorer , und von da an war sie von der Praxis aus immer erreichbar.
    Wenn sie im Ort unterwegs war, fuhr sie gelegentlich an Sarah Markus vorbei. Sie hupte immer und winkte, und Sarah winkte zurück.
    Besuchte sie David und war Sarah ebenfalls im Haus, spürte sie Sarahs aufmerksamen Blick und merkte, daß das Mädchen alles genau zur Kenntnis nahm, was gesagt wurde. Als R.J. eines Nachmittags von der Praxis nach Hause fuhr, galoppierte Sarah auf Chaim in entgegengesetzter Richtung an ihr vorbei. Sie bewunderte, wie sicher das Mädchen auf dem Pferd saß, wie mühelos sie mit wehenden schwarzen Haaren

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