Medicus 03 - Die Erben des Medicus
Problem?«
»Problem.«
Toby setzte sich neben R.J.s Schreibtisch und umriß mit knappen, klaren Worten den Sachverhalt. Sie und ihr Mann Jan waren seit zweieinhalb Jahren verheiratet. Seit zwei Jahren versuchten sie, ein Kind zu bekommen. »Es funktioniert einfach nicht. Wir schlafen dauernd miteinander, verzweifelt und eigentlich viel zu oft. Es hat unser ganzes Sexualleben ruiniert«
R.J. nickte mitfühlend. »Legt mal eine Pause ein! Wichtig ist nicht, was ihr macht, sondern wie ihr es macht. Und wann. Weiß Jan, daß Sie mit mir darüber reden? Ist er ebenfalls bereit, zu mir zu kommen?«
»Nun, dann machen wir erst einmal eine Spermaanalyse und führen bei Ihnen einige Tests durch. Und wenn wir die nötigen Informationen haben, stelle ich eine Routine für euch zusammen.«
Toby sah sie ernst an. »Es wäre mir lieb, wenn Sie ein anderes Wort dafür benutzen könnten, Dr. Cole.«
»Natürlich. Wie wär's mit Zeitplan? Ich stelle für euch einen Zeitplan zusammen.«
»Zeitplan ist okay«, sagte Toby, und dann lächelten sie sich an.
R.J. und David hatten in ihrer Beziehung ein Stadium erreicht, in dem sie einander viele Fragen stellten und alles vom anderen wissen wollten. Er fragte sie, wie sie zu ihrer Arbeit stehe, und fand es sehr interessant, daß sie sowohl zur Anwältin wie zur Ärztin ausgebildet war.
»Maimonides war ebenfalls Anwalt und Arzt«
»Und Rabbi, oder?«
»Auch Rabbi, ja. Und außerdem Diamantenhändler, um Geld ins Haus zu bringen.«
Sie lächelte. »Vielleicht sollte ich auch mit Diamanten handeln.«
Sie merkte, daß sie über alles mit ihm reden konnte, für sie ein unglaublicher Luxus. Der Abtreibung gegenüber hatte er die gleiche Haltung wie gegenüber Gott: Er war unsicher. »Ich glaube, eine Frau sollte das Recht haben, über ihr eigenes Leben zu entscheiden, ihre Gesundheit und ihre Zukunft zu schützen, aber... für mich ist ein Baby etwas sehr Ernstes.«
»Aber natürlich. Für mich auch. Das Leben zu erhalten, es besser zu machen - das ist ja meine Aufgabe.«
Sie erzählte ihm, was sie empfand, wenn sie jemand helfen, wenn sie wirklich Schmerzen lindern, Leben verlängern konnte. »Das ist wie ein kosmischer Orgasmus. Wie die heftigste Umarmung der ganzen Welt.«
Er hörte ihr auch zu, als sie von schlimmen Erfahrungen erzählte, von Fehlern, die sie gemacht hatte, und von der Erkenntnis, jemandem, der sich hilfesuchend an sie gewandt hatte, durch ihre Bemühungen geschadet zu haben.
»Hast du je das Leben eines Menschen beendet?«
»Den Tod beschleunigt? Ja.«
Es freute sie, daß er nicht mit irgendeiner Banalität antwortete.
Er nickte nur, sah ihr in die Augen und nahm ihre Hand.
Er war von Stimmungen abhängig. Das Immobiliengeschäft hatte nur höchst selten Einfluß auf seine Laune, aber sie merkte, ob er mit dem Schreiben gut vorankam oder nicht. Wenn es schlecht lief, flüchtete er sich in körperliche Arbeit. An den Wochenenden ließ er sich manchmal bei der Gartenarbeit helfen. Dann jätete sie Unkraut und wühlte mit den Händen in der Erde, deren rauhen Kontakt mit der Haut sie genoß. Obwohl sie immer frisches Gemüse von Patienten bekam, wollte sie ihr eigenes haben. David überzeugte sie von den Vorzügen von Hochbeeten, und er wußte auch, wo man Abbruchbalken für die Rahmen kaufen konnte.
Sie entfernten die Grasdecke von zwei rechteckigen Flächen auf einem leicht nach Süden geneigten Hang, wobei sie die Soden Stück um Stück wie Eskimos Schneeblöcke für den Iglubau ausstachen und sie dann mit dem Rasen nach unten im Komposter stapelten. Auf die nun bloßen, etwa ein Meter zwanzig auf zwei Meter vierzig großen Rechtecke legten sie flache Steine, die sie festdrückten, bis sie eine plane Ebene bildeten. Um diese Steinsockel errichtete David je zwei Balken hohe Beetrahmen. Die Eichenbalken waren unhandlich und schwierig zu bearbeiten. »Hart wie der Tod und schwer wie die Sünde«, stöhnte David. Doch bald hatte er die Enden ausgekerbt und die Balken überlappend verbunden. Mit einem Elektrobohrer trieb er Löcher in die Verbindungsstellen und stabilisierte sie abschließend mit langen Stahlschrauben.
David richtete sich auf und nahm R.J. bei der Hand. »Weißt du, was ich liebe?«
»Was?« fragte sie mit klopfendem Herzen.
»Pferdescheiße und Kuhscheiße.«
Den Mist bekamen sie aus dem Kuhstall der Krantz. Sie mischten ihn mit Torfmoos und Erde und füllten damit die Rahmen bis über den Rand. Obendrauf kam eine dicke Schicht
Weitere Kostenlose Bücher