Medicus 03 - Die Erben des Medicus
lockeres Heu.
»Das wird sich noch setzen. Im nächsten Frühjahr mußt du nur noch das Heu wegnehmen und säen. Und während der Wachstumsperiode füllst du die Beete mit Mulch auf«, sagte David, und sie freute sich darauf wie ein Kind.
Anfang Juli war sie in der Lage, gewisse finanzielle Tendenzen in ihrer Praxis zu erkennen. Zu ihrer Bestürzung mußte sie feststellen, daß es Patienten gab, die Arztrechnungen auflaufen ließen, ohne je ernsthaft ans Bezahlen zu denken. Das Honorar für die Behandlung versicherter Patienten war gesichert, auch wenn es nur langsam hereinkam. Von den Nichtversicherten waren einige mittellos, und das Geld flir deren Behandlung schrieb sie ohne Zögern oder Bedauern ab - für einen guten Zweck. Aber ein paar Patienten wollten nicht zahlen, obwohl sie ganz offensichtlich dazu in der Lage waren. Sie hatte Gregory Hinton, einen wohlhabenden Milchfarmer, wegen einiger Furunkel am Rücken behandelt. Dreimal war er bei ihr in der Praxis gewesen, und jedesmal hatte er zu Toby gesagt, er werde »einen Scheck schicken«. Aber nie traf ein solcher Scheck ein. Als sie eines Tages an seiner Farm vorbeifuhr und sah, daß er gerade in seinen Stall ging, bog sie in seine Einfahrt ein. Er grüßte sie freundlich, wenn auch mit unverhohlener Neugier. »Ich brauch Sie nicht mehr, Gott sei Dank. Die Furunkel sind alle verschwunden.«
»Das ist schön, Mr. Hinton. Freut mich für Sie. Ich habe mich nur gefragt, ob Sie... nun ja, ob Sie die Rechnungen für die drei Arztbesuche bezahlen können.«
»Sie haben was?« Er starrte sie böse an. »Haben Sie es wirklich nötig, Patienten zu mahnen? Was sind denn Sie für eine Ärztin?«
»Eine Ärztin, die eben erst ihre Praxis eröffnet hat«
»Lassen Sie sich sagen, daß Doc Thorndike den Leuten immer sehr viel Zeit zum Zahlen gelassen hat«
»Doctor Thoradike ist schon sehr, sehr lange nicht mehr hier, und ich kann mir diesen Luxus nicht leisten. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie bezahlen könnten, was Sie mir schulden«, sagte sie und wünschte ihm, so freundlich sie es vermochte, einen guten Tag.
Als sie David an diesem Abend von der Konfrontation erzählte, nickte er bedächtig.
»Hinton ist ein sturer alter Geizhals. Er läßt jeden auf die Bezahlung warten, damit er aus jedem Dollar auch noch den letzten Rest an Bankzinsen herausquetschen kann. Du mußt dir aber klar sein - und auch deine Patienten müssen es begreifen -, daß du, indem du die Leute behandelst, auch ein Geschäft führst.« Sie müsse ein System fürs Geldeintreiben finden, meinte er. Mahnungen sollten nicht von der Ärztin, sondern von jemand anderem kommen, damit R.J. ihr »Image als Heilige« behalten könne. Das Schuldeneintreiben sei in jeder Branche gleich, sagte er, und gemeinsam arbeiteten sie ein Programm aus, das R.J. am nächsten Morgen Toby erläuterte, denn die sollte das Mahnwesen übernehmen, indem sie monatlich die Rechnungen kontrollierte.
Toby kannte die Bevölkerung gut und würde deshalb die schwierige Entscheidung treffen können, ob ein Patient wirklich bedürftig war oder nicht. Jeder, der kein Geld hatte, aber mit Arbeitsstunden oder Tauschware bezahlen wollte, sollte das tun dürfen. Und wer weder Geld noch etwas zum Tauschen hatte, würde auch keine Rechnung bekommen. Für solche, die Toby für zahlungsfähig hielt, wurden drei Kategorien eingerichtet, und zwar Säumigkeit bis zu dreißig Tagen, Säumigkeit zwischen sechzig und neunzig Tagen und Säumigkeit über neunzig Tage. Fünfundvierzig Tage nach Rechnungstellung wurde der erste Brief abgeschickt, in dem der Patient noch höflich gebeten wurde, sich mit der Ärztin in Verbindung zu setzen, falls es irgendwelche Fragen zur Rechnung gab. Nach sechzig Tagen sollte Toby den Patienten anrufen, ihn an seine Schuld erinnern und seine Reaktion vermerken. Nach neunzig Tagen wurde dann der Brief Nummer zwei abgeschickt, in dem der Patient mit Nachdruck aufgefordert wurde, seine Schuld bis zu einem bestimmten Datum zu begleichen.
David schlug vor, Außenstände, die älter als vier Monate waren, einer Inkassoagentur zu übergeben. R.J. rümpfte die Nase, denn das paßte nicht zu ihrer Vorstellung von den Beziehungen, die sie in einem kleinen Ort wie Woodfield aufbauen wollte. Sie wußte, daß sie sich zwingen mußte, sowohl Geschäftsfrau als auch Heilende zu sein, aber trotzdem vereinbarte sie mit Toby, vorerst keine Inkassoagentur hinzuzuziehen.
Eines Morgens kam Toby mit einem Blatt Papier zur
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