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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Sie war im ersten Moment darüber erschrocken, ließ es jedoch geschehen und empfand es bald sogar als angenehm. »Redet vom Schwarzen Tod nicht mehr wie von einer Person!«, sagte er, und sein Blick verschmolz dabei mit ihrem. »Nennt ihn nicht länger einen Dämon – wie ich es zugegebenermaßen früher ebenfalls getan hatte – oder tut auf andere Weise so, als würde es sich um etwas Lebendiges, Beseeltes handeln. Das ist es nämlich nicht.«
    »Dennoch – der Schwarze Tod ist zweifellos etwas sehr Böses«, flüsterte sie. »Etwas Heimtückischeres kann ich mir kaum vorstellen.«
    »Es könnte sein, dass der Schwarze Tod weder heimtückisch noch böse ist, auch kein Hauch des Satans oder dergleichen.«
    »Was dann?«
    »Etwas, was wir nicht verstehen – noch nicht – und was uns nur aus diesem einen Grund wie ein übler Feind erscheint. Ein Feind, dessen Schlagkraft wir vielleicht mit Leichtigkeit ausweichen könnten, wenn wir in der Lage wären, ihn zu verstehen und deshalb seine Angriffe zu parieren – ähnlich wie auch die kalte Jahreszeit für keinen von uns eine Überraschung ist, da sie in jedem Jahr aufs Neue wiederkehrt und man sich gegen sie wappnen kann!«
    »Jetzt habt Ihr aber vom Schwarzen Tod wie von einer Person geredet und ihm damit mehr Macht gegeben, als ihm Eurer Meinung nach zusteht!«
    Bevor Wolfhart noch auf Marias kleine Neckerei reagieren konnte, kehrte Urban Kanonengießer zurück. Ohne zu klopfen oder sich vorher auf andere Weise bemerkbar zu machen, stieß er ziemlich ungestüm die Tür auf. Er stutzte kurz, als er sah, wie sein Reisegefährte gerade Marias Hände wieder losließ und die junge Frau sich daraufhin fast gleichzeitig mit ihm erhob – nicht ohne leicht zu erröten.
    Urban sprach mit dem lübischen Kaufmannssohn ein paar Worte in plattem Deutsch, von denen Maria nichts verstehen konnte und von denen sie daher annehmen musste, dass sie nicht für ihre Ohren bestimmt sein sollten.
    »Ich habe Wolfhart gerade unsere Hilfe angeboten«, setzte Maria den bärtigen Urban ins Bild und gewann dadurch, dass sie nun – in ihrer Sprache, dem Genuesischen – das Wort ergriff, auch einen Großteil ihrer Fassung wieder. »Nektarios Andronikos, ein Freund unseres Hauses, ist einer der niederen Logotheten, der derzeit, unter dem neuen Kaiser Konstantin, vermutlich sogar gute Aussichten haben dürfte, noch etwas höher aufzusteigen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man Euch dabei helfen könnte, das Gehör des Kaisers für Eure Pläne zu bekommen, Urban Kanonengießer!«
    Urban wirkte ob dieses Angebots ziemlich überrascht.
    »Nun – ich nehme Eure Unterstützung natürlich gerne an!«, erklärte er, immer noch leicht irritiert. Das merkte man auch daran, dass sein Venezianisch bei seiner Antwort noch eigenartiger klang, als es für genuesische Ohren ohnehin schon der Fall war. Urban machte nämlich eine Reihe von Fehlern und streute hier und da sogar Worte in anderen Sprachen ein, von denen Maria noch nie auch nur einen halben Satz gehört hatte.
    Ein paar Tage vergingen. Marco blieb verschwunden, und Maria beauftragte Thomás, sich möglichst unauffällig nach ihm zu erkundigen. Schließlich hatte der ehemalige Söldner der kaiserlichen Garde überall in der Stadt exzellente Kontakte.
    Davide erholte sich vollständig. Allerdings verweigerte er zuletzt rigoros jegliche ärztliche Hilfe, die Wolfhart Brookinger ihm zukommen lassen wollte. Maria rätselte zunächst, woran das liegen mochte. In einem Gespräch unter vier Augen, das sie in der Schreibstube des Kontors führten, offenbarte Davide dann seine Beweggründe.
    »Im Grunde genommen sollte niemand von einem Heilkundigen, der aus den Ländern nördlich der Alpen kommt, überhaupt einen ärztlichen Rat annehmen«, erklärte er. »Ihr Wissen über den menschlichen Körper ist so gering, dass man sich nur wundern kann, wie sie es verhindert haben, dass dort die Bevölkerung nicht längst ausgestorben ist. Ihre Methoden sind barbarisch. Sie lassen Blut aus den Adern rinnen und erhoffen sich davon eine heilende Wirkung, sie lassen den Kranken alchimistische Tinkturen zu sich nehmen, die ihn erst recht krank machen …« Davide schüttelte sich.
    »So müsst Ihr ja froh sein, die Behandlung von Wolfhart Brookinger überlebt zu haben«, gab Maria erstaunt zurück.
    »In der Tat! Ich bin froh und dankbar dafür! Ein Großneffe von mir diente bei einem Handelsherrn in Venedig, der mit Zucker handelte, als Schreiber,

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