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Medienmuendig

Medienmuendig

Titel: Medienmuendig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Bleckmann
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aktiver aufnehmen. Die Reihenfolge: erst selbst herstellen, dann konsumieren oder rezipieren, ist also sinnvoll. Das ist das richtige Grundprinzip des oben genannten Ansatzes der produktionsorientierten Medienpädagogik.
    Wie die Produktionsfähigkeiten sind auch die Rezeptionsfähigkeiten nicht auf den Bereich der Medien beschränkt, und genauso wie im Stockwerk darunter werden auch sie besser in anderen Bereichen geübt: Lesen geht vor Fernsehen, 111 ein gedrucktes Lexikon vor Google, eine eigene Theateraufführung vor YouTube, Zeitunglesen vor Internet. Wieso Zeitung vor Internet?, fragen Sie vielleicht. Beim Zeitunglesen kann man eben nicht »aus Versehen« auf eine Hardcore-Porno-Website geraten, aber den Wechsel zwischen schnellem, oberflächlichem Lesenund vertiefendem Lesen einzelner wichtiger Passagen übt man hier besser als im Internet selbst. Als Lernmedium bietet die Zeitung also viele Vorteile ohne die Nachteile. 112
    So sicher es ist, dass eine frühe Nutzung von Bildschirmmedien nicht zu empfehlen ist, so klare Aussagen liest man in Erziehungsratgebern, wie »gute« Bildschirmmediennutzung aussehen kann, wenn die Medien Einzug in den Alltag halten. Beachten Sie dabei Ihre Vorbildfunktion. Wählen Sie anfangs als Eltern die Medien und deren Inhalte aus, später mit den Kindern gemeinsam. DVDs sind eher zu empfehlen als Fernsehen, weil sie keine Werbung enthalten und weil sie wiederholt angeschaut werden können. Wählen Sie kurze Filme mit verständlicher Sprache, langsamen Schnitten, klarer Handlung und einer Hauptfigur, in die sich das Kind hineinversetzen kann. Wenn Sie gewählt haben, schauen Sie gemeinsam, schalten Sie danach aus und sprechen Sie mit dem Kind über das Gesehene. Für erste Erfahrungen mit dem PC braucht ein Kind keinen eigenen PC, und vor allem keinen Internetanschluss. Setzen Sie sich auch dabei anfangs neben Ihr Kind. Begrenzen Sie klar die Bildschirmzeiten. Und so weiter. Das sind sinnvolle Tipps für den Teil des Lebens mit Kindern, der sich mit Medien abspielt.

Nie wieder Erziehung zur Unterordnung! − Kritische Reflexion erwünscht
    Im Bahnhof von Swindon, Großbritannien, wurde ich Zeuge einer sehr verunglückten Kommunikation zwischen Mensch und Maschine; eigentlich war es mehr eine Art »Wettstreit«: Zuerst hörte man die automatische Ansage, eine klare, geschulte Frauenstimme:
     
    – »Bitte Vorsicht an Gleis eins, in wenigen Minuten erhält Einfahrt der Expresszug in Richtung London Paddington.«
    Dazwischen eine aufgeregte Männerstimme:
    – »Achtung, meine Damen und Herren, der Zug nach London Paddington verkehrt außerplanmäßig von Gleis zwei, ich wiederhole: außerplanmäßig von Gleis zwei.«
    Die automatische Ansage übertönte seine letzten Worte und wiederholte:
    – »Bitte Vorsicht an Gleis eins, in wenigen Minuten erhält Einfahrt der Expresszug in Richtung London Paddington.«
    – »Nein, das stimmt nicht, hören Sie: Der Zug fährt heute von Gleis zwei.«
    – »Bitte Vorsicht an Gleis eins, der Zug nach London Paddington fährt jetzt ein.«
    –»O je, das lässt sich nicht ausschalten, glauben Sie mir, der Zug fährt von Gleis zwei.«
    – »Bitte Vorsicht an Gleis eins, der Zug nach London Paddington fährt jetzt ein.«
    – »Wirklich, hören Sie nicht auf die Maschine, er fährt von Gleis zwei!«
     
    Ein Häuflein verunsicherter und belustigter Reisender hatte sich entschlossen, nach Gleis zwei hinüberzugehen, wo nach einigen Minuten und einigen Sprecherwechseln im »Dialog« der Ansagen von Mensch und Maschine auch der Zug einfuhr.
    Ein weiteres Beispiel: In einer Industrieruine im Ruhrgebiet steht der Schulsozialarbeiter einer Brennpunktschule mit seinen Schülern. Sie haben die Sicherungsgurte angelegt und wollen starten. An den senkrechten Wänden der ehemaligen Zeche hat der Deutsche Alpenverein Haltegriffe für Kletterrouten montiert. »Halt«, sagt der Sozialarbeiter, »bevor es losgeht, wollte ich euch noch etwas fragen: Wisst ihr, welches beim Klettern der wichtigste Muskel ist?« Sie rätseln lange: vielleicht die Beinmuskeln? Nein. Der Bizeps, oder die Zehenmuskeln, oder doch die Fingermuskulatur? Nein. Schließlich verrät es der Sozialarbeiter: »Der Augenmuskel! Wenn wir nämlich nicht sehen, wo es entlanggehen könnte, sollten wir die Route gar nicht erst angehen!«
    Wir sind damit beim obersten Stockwerk des Medienmündigkeitsturms angekommen, beim Tüpfelchen auf dem i. Hier geht es einerseits darum, wie im Kletterbeispiel,

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