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Medieval DeWarenne 03 - Der Wolf und die Lilie

Medieval DeWarenne 03 - Der Wolf und die Lilie

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zutiefst aufgewühlt ... Vielleicht sollten wir in die Kapelle gehen.«
    »Ja ... ich muss beten.«
    Die Königin gelangte von ihren Gemächern aus direkt auf die Galerie der Kapelle, wo sie ungestört ihre Andacht verrichten konnte, während ihr Gefolge einen Stock tiefer der Sonntagsmesse beizuwohnen pflegte.
    Brianna folgte Isabelle zu ihrer Bank, und beide knieten nieder und senkten die Köpfe. Das Bild Roger Mortimers trat in allen Einzelheiten vor ihre Augen. Trotz seiner Tapferkeit und Kühnheit war sein Fluchtversuch so gut wie aussichtslos. Er hatte alles verloren, und seine Sache schien hoffnungslos.
    Heiliger Sankt Judas, Apostel und Märtyrer,
    Groß an Tugenden, reich an Wundern,
    Jesu Christus nah verbunden,
    Treuer Fürsprecher aller Schutzbedürftigen,
    Bei Dir suche ich Zuflucht aus den Tiefen meines Herzens,
    Und bitte demütig Dich, dem Gott so große Gewalt verlieh,
    In dieser Schicksalsnacht Roger Mortimer beizustehen.
    Als Brianna Rogers Namen aussprach, wurde sie ein wenig ruhiger. Ich darf die Hoffnung nie aufgeben. Hoffnung ist alles, was uns angesichts grausamen Unglücks und schlechter Aussichten bleibt. Wenn es jemanden gibt, dem das schier unmögliche Entkommen aus dem Tower von London gelingt, dann ist es Roger Mortimer. Brianna hob ihren Blick himmelwärts. Mit göttlicher Hilfe.
    Brianna spürte, dass Isabelle nach ihrer Hand griff, und sie beteten gemeinsam. Nachdem sie die Kapelle verlassen hatten, begaben sie sich ins königliche Schlafgemach und verbrachten die Zeit bis Mitternacht mit Gesprächen.
    Immer wieder schenkte Brianna Isabelle schweren Rotwein nach, um der Königin das Einschlafen zu erleichtern. Isabelle war mit ihren Nerven am Ende, und schließlich war sie einverstanden, sich beim Entkleiden helfen zu lassen und zu Bett zu gehen. Als ihr die Augen zufielen, ging Brianna auf Zehenspitzen hinaus und suchte ihr eigenes Gemach auf.
    Sie schleuderte die Schuhe von sich und legte sich aufs Bett, wenngleich sie wusste, dass sie keinen Schlaf finden würde. Ihr Körper ruhte, während ihr Verstand raste und ihre chaotischen Gedanken einander jagten.
    Als Brianna es aus der Ferne vier Uhr schlagen hörte, wusste sie, dass sie es nicht länger aushalten konnte. Wenn sie nicht aufstand und hinausging, würde sie ersticken. Für viele Menschen beginnt der Tag um vier Uhr morgens. Nur Privilegierte liegen länger im Bett.
    Als sie in ihre Schuhe schlüpfte und sich in ihren Mantel hüllte, wurde ihr klar, dass sie jetzt andere Sorgen hatte als die letzte Nacht. Wie um alles in der Welt würde sie den Tag hinter sich bringen, wenn sie nicht wusste, ob Mortimer es geschafft hatte oder nicht?
    Und wie sollte Isabelle noch einen Tag überstehen? In den Tower konnten sie nicht gehen. Fragen konnte sie niemanden. Sie mussten warten, bis man ihnen die Nachricht überbrachte. Brianna zermarterte sich den Kopf auf der Suche nach einem Ausweg aus diesem Dilemma.
    Schließlich fiel ihr etwas ein. Da die Nachricht aus London eintreffen musste, lief sie hinunter in den großen Küchentrakt, in dem der Arbeitstag bereits begonnen hatte, und weiter in den Hof, wo die Lastkarren entladen wurden.
    Fischladungen von den Londoner Docks trafen ein, doch schienen die Fuhrleute keine aufregenden Neuigkeiten mitzubringen. Sie schlenderte zwischen den Karren mit den Mehlsäcken umher, die Nachschub für die tausend Laibe Brot brachten, die auf Windsor täglich gebacken wurden, doch auch hier wurde kein Klatsch ausgetauscht.
    Brianna verweilte lange inmitten der Lieferanten, die alles, von Fleisch bis zu frisch geschnittenen Binsen für den Boden der Großen Halle, heranschafften, zu ihrer großen Enttäuschung aber erfuhr sie nichts.
    Die Morgendämmerung erhellte schon den Himmel, deshalb ging Brianna hinunter an den Fluss und wartete an der Treppe zum Wasser. Zwei Jollen, die Dienstleute aus London brachten, legten gleichzeitig an, und als beide Gruppen an Land waren, wurden lebhaft Neuigkeiten ausgetauscht.
    »He, schon gehört? Mortimer verschwand vor den Nasen der verfluchten Wachen! Jede Wette, dass Köpfe rollen werden.«
    »Stockbesoffen alle, bis auf den letzten Mann!«
    »Mortimer glückte die schwierigste Flucht, die es je gab. Kein Wunder, dass man ihn den Berüchtigten nennt!«
    Briannas Herz tat vor Freude einen Luftsprung. Unzählige Fragen lagen ihr auf den Lippen, doch hielt sie den Mund fest geschlossen. Das Wichtigste hatte sie erfahren, und jetzt konnte sie es kaum erwarten, Isabelle

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