Medieval DeWarenne 03 - Der Wolf und die Lilie
neuesten Kleider, die Kopien der neuesten französischen Modelle der Countess of Pembroke waren. Brianna aber hatte sich für ihr schlichtes graues Seidenkleid entschieden. Das Gewand bildete einen schmeichelnden Gegensatz zu ihrem prachtvollen rotgoldenen Haar, heute aber bedeckte sie ihre leuchtenden Locken mit einem züchtigen Seidenschleier. Sie wollte keine Aufmerksamkeit auf sich selbst lenken oder gar vom König erkannt werden. Er hatte mitgewirkt, ihre Mutter aus dem Dienst der Königin zu entlassen, und Brianna musste auf der Hut sein, damit ihr nicht dasselbe widerfuhr.
Als Isabelle die Große Halle betrat, hielt sie inne, um ihren ganzen Mut zusammenzunehmen. Für die bereits Anwesenden aber sah es aus, als wäre die Königin mit Absicht stehen geblieben, bis alle Blicke auf ihr ruhten. Unter dem Gefolge des Königs entstand Unruhe, und die Aufmerksamkeit Prinz Edwards, der an der hohen Tafel neben seinem Vater saß, wurde geweckt.
Der junge Edward lächelte erfreut. »Mutter!« Er erhob sich sofort, wie seine Erzieher es ihn gelehrt hatten. Das Gefolge des Königs folgte seinem Beispiel und erhob sich respektvoll zu Ehren der schönen Königin.
Der auf seinem Sitz lümmelnde König, der sich dem Wein, seiner zweitliebsten Schwäche, hingab, drehte den Kopf zum Eingang und erblickte seine Gemahlin. Dem Beispiel der anwesenden Höflinge folgend und eingedenk seines Vorhabens stand Edward auf und wartete, dass Isabelle vorträte.
Brianna stieß Marie an und drängte sie weiterzugehen. Sie atmete erleichtert auf, als Isabelle mit ihrer Kusine in Gleichschritt fiel. Brianna versetzte dem kleine Pagen einen sanften Schubs und lächelte, als der Junge würdig wie ein Bischof der Königin folge.
An der hohen Tafel begrüßte Prinz Edward seine Mutter mit einem Kuss. Der Page legte stolz das Kissen auf den Sitz der Königin, trat zurück und verbeugte sich ernst und würdig.
Der König hob Isabeiles Finger mit gespielter Galanterie an seine Lippen und wartete, bis sie Platz genommen hatte, ehe er sich wieder setzte. Die Countess of Pembroke knickste vor dem König und setzte sich neben die Königin.
Brianna geleitete die anderen Hofdamen zum ersten Tisch unterhalb der hohen Tafel, von dem aus sie das königliche Paar unauffällig beobachten konnten. Befriedigt registrierte sie, dass Isabelle in jeder Hinsicht wie eine Königin aussah. Ihr Blick wanderte zu König Edward, den sie gleichmütig musterte.
Sein ausschweifendes Leben ließ ihn schneller altern, als es seinen achtunddreißig Jahren angemessen wäre. Sein Körper ist schwammig und weich unter seiner vornehmen Kleidung. Seine Augen sind vom Trinken verquollen, sein Mund weich und schmollend wie der einer verwöhnten Frau. Brianna unterdrückte ein Schaudern.
Edward hob achtlos eine Hand, ein Diener trat herbei und füllte den Pokal des Königs von Neuem.
»Bei meiner Ankunft war ich erstaunt, als ich hörte, dass du nicht in Windsor wärest«, sagte er schleppend. »Wo warst du, Isabelle?«
»Ich beschloss, mit einigen meiner Damen zur Abtei Saint Albans zu reiten. Ich gab dem Abt Almosen als Dank dafür, dass er für mich betete.« Isabelle war es gewöhnt, sich mit Halbwahrheiten zu schützen. Regelmäßig unternahm sie Wallfahrten nach Canterbury und in andere Städte mit Kathedralen und Reliquienschreinen. Es war oft ihr einziger Ausweg, der verhassten Nähe ihres Gemahls und Hugh Despencers zu entfliehen.
Edward war der einzige Mann in der Halle, den die zarte Schönheit der Königin völlig kalt ließ. In seinen Augen war sie nur eine hübsche Puppe, die keinerlei persönliches Interesse in ihm weckte. Für ihn lag ihr einziger Wert in dem Wohlwollen, das ihr das Volk entgegenbrachte. Seinen Groll wegen ihrer Beliebtheit vermochte er nicht zu zügeln, wiewohl er wusste, dass die Achtung, die sie bei seinen Untertanen genoss, ein politischer Pluspunkt war, den zu verlieren er sich nicht leisten konnte.
Edward dachte an den Grund seines Besuches. »Isabelle, wenn du mit deinen Damen ausreitest, denkst du zu wenig an deine Sicherheit. Ich war sehr nachlässig, da ich nicht für entsprechenden Schutz sorgte.«
Ich ziehe deine Nachlässigkeit deiner Aufmerksamkeit vor.
»Ich gab Befehl, dass eine kleine Abteilung der königlichen Garde dich auf deinen Ausflügen begleiten soll. Sicher wäre unser Sohn glücklicher, wenn seine Mutter den Schutz einer militärischen Eskorte genießt.«
Da der König sich der Zustimmung des Prinzen
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