Meditation
nenne. Ihr beobachtet die Empfindungen des Körpers, und dabei geschieht das stille Gewahrsein des gegenwärtigen Augenblicks ganz von selbst. Über die Empfindungen als solche, angenehm oder schmerzhaft, muss eigentlich nichts gesagt werden. Sie eignen sich deshalb so gut als Meditationsobjekte, die das Denken ruhigstellen, weil sie eben nichts mit Begriffen, mit Sprache, zu tun haben und nicht zu Gesprächen einladen. Ihr nehmt Kontakt zu Empfindungen auf, nicht zu Gedanken, und damit schafft ihr eine Brücke zwischen der Außenwelt und dem stillen Jetzt-Gewahrsein und dann dem Atemgewahrsein.
Von Kopf bis Fuß
Körperbetrachtung von Kopf bis Fuß ist nach meiner Erfahrung ein gutes Mittel für Leute, die nur schwer zur Ruhe kommen. Ich habe diese Meditation erst kürzlich bei einem Retreat vorgestellt, und die Leute waren begeistert. Es waren hauptsächlich Geschäftsleute in leitenden Positionen, die sehr viel zu tun haben. Sie waren so überdreht, dass für sie eine Übung am besten war, bei der sie etwas tun konnten. Sie sollten einfach alle Körperempfindungen von Kopf bis Fuß oder von Fuß bis Kopf verzeichnen, und das machte sie wirklich ruhiger. Es war eine aktive Meditation, aber ganz auf den Augenblick ausgerichtet. Dabei kann man nicht viel denken, und am Ende des Durchgangs waren sie ganz gut zur Ruhe gekommen – überraschenderweise. Diejenigen, die schon wussten, wie es von da aus weitergeht, konnten wirklich etwas daraus machen, und ich hatte die Freude zu sehen, dass manche erstmals ganz schön in die Meditation hineinkamen.
Es macht den Lehrer immer froh, wenn ein Schüler zum ersten Mal erfasst, was Meditation eigentlich ist. Ich höre es wirklich gern, wenn jemand sagt: »Es war so leicht, und ich konnte mich so gut sammeln. Ich habe nicht einmal mehr etwas gehört. Ich war ganz und gar in mir selbst, und das war schön.« Es kommt vor, dass ich so etwas von Leuten höre, bei denen ich es am wenigsten erwartet hätte. Es ist dann wie ein Wunder – und manchmal geht es von dieser Körpermeditation aus.
Nach dem, was ich an Ergebnissen gesehen habe, möchte ich euch diese Art von Übung ans Herz legen. Sitzt also nicht einfach untätig da, bis ihr einschlaft. Es hat keinen Sinn, euch lediglich Jetzt-Gewahrsein vorzunehmen und dann Gedanken über dies und das ihren Lauf zu lassen. Versucht es mit der Körpermeditation. Dabei geht es nicht darum, die Natur des Körpers zu erfassen – eine solche Körperbetrachtung ist nicht besonders nützlich, solange man noch nicht in der tiefen Meditation ist. Nein, achtet einfach auf die Empfindungen im Körper. Gönnt euch diese Erweiterung eures Meditationsrepertoires, die euch während eines langen Klausurtags zustattenkommen wird.
Wenn ihr verschiedene Meditationsformen beherrscht, langweilt ihr euch nicht so leicht – was erfahrungsgemäß gerade am Beginn eines Retreats vorkommen kann. Mit Techniken wie dieser Körpermeditation kommt ihr besser in das stille Jetzt-Gewahrsein hinein, und dann bekommt die Meditation wirklich Biss und es entsteht eine natürliche Neigung zum gegenwärtigen Augenblick und zur Stille. Je mehr ihr zu etwas neigt, desto eher werdet ihr euch weiter darin trainieren und umso natürlicher wird es dadurch. Genau das meinen wir, wenn wir von Schulung oder Training des Geistes sprechen. So funktioniert es. Es ist wie Tennistraining. Der Trainer schlägt den Ball so lange auf die gleiche Stelle, bis die Vorhand endlich sitzt. Das muss unzählige Male wiederholt werden, und durch immer weitere Wiederholungen wird die Aktion schließlich zur Gewohnheit. So muss auch das stille Jetzt-Gewahrsein sehr oft aufgebaut werden, bis es zur Gewohnheit wird.
Freude gehört dazu
Wenn ihr ins stille Jetzt-Gewahrsein kommt, wird Meditation eine reine Wonne. Es muss Spaß machen, und diese Freude, dieses Glück, sichert das Interesse an der Sache und gehört zu den ganz wichtigen Meditationserfahrungen. Das hält uns auf dem Kissen und verhindert Langeweile, Unruhe und Gedanken wie: »Oje, noch zweieinhalb Monate übrig von diesem Retreat, wie soll ich das durchstehen?« So etwas passiert nämlich, wenn die Meditation euch kein Glück schenkt. Aber wenn die Freude dann einsetzt, lautet der Gedanke ganz anders: »Oh, herrlich, noch zweieinhalb Monate, wunderbar!«
Freude in der Meditation kommt nicht von Willenanstrengung, man kann sie nicht erzwingen, und sie hat auch nichts mit Vorsätzen oder Erwartungen zu tun. Freude entsteht aus Stille.
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