Meditation
In der fürsorglichen Aufmerksamkeit auf den Körper entwickelt ihr die Fähigkeit, wirklich mitzubekommen, was ihr tut. Und weil ihr fürsorglich vorgeht, wendet ihr keine Gewalt an. Da kann dann Freude aufkommen.
Mit dieser fürsorglichen Haltung verhindert ihr auch all die Unzufriedenheit, die uns bei der Meditationspraxis so behindern kann. Manchmal werden wir so durch und durch negativ, dass wir denken: »Ich kann das nicht. Es ist hoffnungslos. Die Lehre ist hoffnungslos, die Religion ist hoffnungslos, das Leben ist hoffnungslos.« All dem kann man mit einer fürsorglichen Haltung vorbeugen. Sie macht den Geist offen und mild, und das ist wirklich schön. Sobald ihr merkt, dass ihr die Empfindungen des Körpers mit negativen Gedanken belegt, könnt ihr solche Gedanken mit fürsorglicher Aufmerksamkeit streicheln oder massieren. Das verringert die Gefahr, solche Gedanken zu riesigen Problemen aufzubauschen.
Die Kunst der Achtsamkeit
Natürlich ist Aufmerksamkeit ebenso wichtig wie Fürsorglichkeit. Aufmerksamkeit hat die Aufsicht: Ihr verfolgt, was ihr tut, und ihr versteht, wie der Geist agiert. Ohne Achtsamkeit – wenn ihr nur fantasiert oder sogar einschlaft – wisst ihr nicht, was vor sich geht, und vergeudet nur eure Zeit. Eine halbe Stunde gesammelte Meditation, während der ihr wirklich aufpasst, ist besser als stundenlanges dumpfes oder zerfahrenes Sitzen. Wenn ihr euch anhand der Beobachtung der Körperempfindungen wach und bewusst halten könnt, bringt ihr dieses besondere Vermögen des Geistes ins Spiel: Achtsamkeit. Und wenn ihr dann so weit seid, die Phase des Achtgebens auf Körperempfindungen hinter euch zu lassen, ist die Achtsamkeit schon stark und zugespitzt, sie steht euch zur Verfügung für das, was jetzt anschließt, nämlich die Ausrichtung auf den gegenwärtigen Augenblick oder die Stille.
Achtsamkeit beobachtet den Atem. Wenn die Aufmerksamkeit abwandern will, merkt ihr es und könnt sie zurückholen. Das bezeichne ich als die »Türhüterfunktion« der Achtsamkeit. Der Türhüter achtet auf mögliche Feinde. Er lässt nur das ein, was eingeladen ist. In den Suttas finden wir das Gleichnis vom Torwächter (zum Beispiel AN 7,67): Der Torwächter der Stadt hat genaue Anweisungen, wen er als Freund einlassen darf und wer als Feind abgewiesen werden muss. Wenn der Torwächter nur halbwegs wach ist, nützen natürlich die besten Anweisungen nichts. Und wenn er hellwach ist, aber das Kommen und Gehen der zwielichtigen Gestalten lediglich genau beobachtet, ist das auch nicht viel wert. Er muss also sowohl wach sein als auch seine Anweisungen genau vor Augen haben. Und so auch die Achtsamkeit: Sie muss sehr genau mitbekommen, was vor sich geht, und sie muss jederzeit wissen, wohin sie ihr Augenmerk zu lenken hat. Es ist, als würdet ihr von jemandem beschattet, der alles genau verfolgt. Wenn die Achtsamkeit merkt, dass ihr nicht gut aufpasst oder sogar abdriftet, kann sie eingreifen und euch darauf aufmerksam machen. Das bezeichnen wir als die Eigenschaft oder Kraft (Indriya) der Achtsamkeit (Sati) , und die gilt es aufzubauen.
Es kann beim Meditieren vorkommen, dass ihr einschlaft, vor allem dann, wenn ihr zu viel gegessen habt oder zu viel zu tun hattet. Außerdem hat der Körper auch seine Zyklen – viel Energie, wenig Energie. Manchmal ist man einfach müde, nichts weiter. Wenn noch nicht Schlafenszeit ist, dann bleibt einfach sitzen und schließt Frieden mit der Müdigkeit. Mag sein, dass ihr nicht übermäßig achtsam seid, aber kämpft wenigstens nicht gegen die Müdigkeit an. Wenn ihr einfach dasitzt, ohne zu kämpfen, vergeudet ihr wenigstens keine Energie an Sachen, die es nicht wert sind. Ihr macht vielmehr das Herz auf, ihr geht freundlich mit eurer Müdigkeit um, und dann stehen die Chancen gut, dass sie vergeht.
Müdigkeit besteht vielleicht zum Teil einfach aus Trägheit. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied zwischen bloßer Trägheit und echter Müdigkeit. In dumpfer Trägheit baut ihre keine Achtsamkeit auf, sondern drückt euch nur. Aber wer ein bisschen Weisheit besitzt, der weiß, dass das kein wirklich befriedigender Ausweg ist – dumpfe Trägheit fühlt sich nicht gerade gut an. Tut euch das nicht an, baut lieber Achtsamkeit auf, zum Beispiel durch die beschriebene Körperbetrachtung. Mit mehr Achtsamkeit fühlt ihr euch einfach besser, und dann wendet ihr euch diesem Augenblick zu, der Stille, dem Atem, kurzum, ihr könnt meditieren. Wenn ihr meditieren
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