Meditation
sich wünscht, all das ist Leid. Setzt also keinen Druck hinter die Dinge, sagt nicht: »So geht es nicht, so ist es nicht richtig, irgendetwas mache ich falsch.« Unterbrecht das, sammelt euch und sagt euch erneut, dass die Dinge nun einmal so sind. Wenn die Meditation nicht wunschgemäß läuft oder der Körper Schmerzen hat oder der Geist schläfrig ist, ruft euch in Erinnerung, dass Körper und Geist einfach ihrer Natur nach so sind.
Wenn ihr die Natur von Körper, Geist und dem Leben überhaupt vor Augen habt, geschieht etwas Wunderbares. Ihr seht dann, dass alles einfach Natur ist, einfach das Wechselspiel von Ursache und Wirkung – und folglich gar nicht wirklich euer Problem. Weisheit erkennt den leidvollen Charakter des Lebens, und so entsteht gelassene Distanz: Ihr könnt doch nicht viel daran ändern, also lasst ihr es lieber. Wenn ihr es lasst, kommt ihr in eine bewusste und wache Haltung, in der ihr nur zuseht und euch in nichts hineinziehen lasst. Wenn ihr in schwierigen Augenblicken davon abseht, den Macher ins Spiel zu bringen, kann eine »schlechte« Meditation künftige Gemütsruhe anbahnen. Überhaupt geht es bei der Meditation nur darum, dass ihr wahrnehmt, wie eure Erfahrung gerade aussieht, ohne euch zu sorgen, ob es wohl die richtige Erfahrung ist. Wenn Hindernisse auftreten, nehmt sie einfach nur wahr – das Begehren, das Übelwollen, die Langeweile und Frustration. Wichtig ist vor allem eure Einstellung zu dem, was beim Meditieren auftaucht, eure Reaktion, nicht dagegen die Schwierigkeit selbst.
Um die richtige Haltung einnehmen zu können, müssen wir unsere Weisheit ins Spiel bringen. Wo erkannt ist, dass alle Erfahrungen einfach Natur sind, reagieren wir nicht mehr mit Ängsten, Schuldgefühlen, Enttäuschung. Wir lassen uns dann nicht entmutigen, wir denken nicht: »Ich kann das nicht.« Natürlich trifft es zu, dass ihr es nicht tun könnt. Meditation ist nichts, was man tun kann. Ich kann es auch nicht. Wenn Ajahn Brahm zum Meditieren antritt, vermasselt er es. Immerhin besitze ich Weisheit genug, um zu wissen, dass ich nur aus dem Weg gehen muss und schon entsteht zwischen mir und meinem Betrachtungsgegenstand ein wunderbarer klarer Raum. Dann gibt es keine Frustration oder Langeweile. Sollten sich solche Gefühle noch im Hintergrund halten, überlasst sie einfach sich selbst. Ihr lasst euch nicht auf sie ein, dass schafft nur weitere Probleme. Ihr beobachtet nur und »sammelt Daten«.
Beobachten und lernen
Wenn euch schweifende Gedanken oder Schläfrigkeit zu schaffen machen, denkt daran, dass solche unguten Zustände nur eintreten, weil sie Fluchtwege aus dem Leiden sind. Meditation kann uninteressant und langweilig wirken, weil sie nichts Aufregendes oder Unterhaltsames bietet. Aus Gewohnheit denkt ihr dann an Flucht. Wir alle haben unsere Fluchtstrategien. Aber haltet euch vor Augen, dass ihr nicht mehr lernt, wenn ihr diese Fluchtmöglichkeiten nutzt; ihr vergeudet dann nur Zeit.
Beobachtet, wie ihr auf die Dinge reagiert, das ist ganz wichtig. Es ist für sich genommen schon ein kluges Vorgehen, und es erzeugt weitere Weisheit, die euch tiefer in die Meditation einzudringen erlaubt. Sobald etwas Unbefriedigendes auftaucht, betrachtet es. Ihr langweilt euch, ihr seid frustriert oder müde, nichts will so richtig anschlagen. Ihr wisst nicht, was ihr tun soll. In eurem Zimmer haltet ihr es nicht aus, zur Meditation im Gehen habt ihr keine Lust und zum Lesen ist auch nichts da. Großartig! Beobachtet einfach eure Reaktion auf dieses Ungemach. Wirklich, das ist der Augenblick, in dem man einfach zuschaut, ohne zu reagieren. Ihr beobachtet und sammelt Daten, schließlich möchtet ihr ja verstehen. Und wenn ihr die Daten habt, könnt ihr anfangen, aus eurer Erfahrung zu lernen. Dieses schlichte Annehmen eurer Erfahrung ist der Rohstoff für alles Weitere. Es ist die Grundlage für echten Durchblick, der Kompost für euren Garten.
Wenn ihr eure Erfahrungen, Erfahrungen jeglicher Art, einfach annehmt, dann lernt ihr nicht nur von ihnen, sondern fühlt euch plötzlich auch von ihnen befreit. Ihr versucht sie nicht mehr zu steuern, weil euch aufgeht, dass ihr nicht ihre Besitzer seid. Wenn ihr euch also langweilt, dann seid einfach nicht Inhaber dieser Langeweile. Wenn ihr frustriert seid, macht euch die Frustration nicht zu eigen. Einerlei, was sich abspielt, es ist immer nur ein Ablauf von Ursachen und Wirkungen, ein Kommen und Gehen geistiger und körperlicher Phänomene. Lasst
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