Meditation
schiebt sie nicht weg. Lasst die Dinge sein, wie sie sind, wie ihr auch die Wolken am Himmel einfach ziehen lasst. So leitet ihr die Energie in Richtung Achtsamkeit, in das Erkennen, und die negative Geistesverfassung schwindet nach und nach. Dann belebt sich der Geist und die Meditation wird leicht. Negative Reaktionen, ob sie euch selbst oder anderen gelten, führen nur zu immer mehr Kampf und ihr geratet tiefer und tiefer in den Sumpf. Es ist wirklich wie im Sumpf; wenn man in Panik gerät und strampelt, saugt es einen tiefer hinein. Und wenn ihr euch von negativen Zuständen bei der Meditation ins Bockshorn jagen lasst und gegen sie ankämpft, werden sie erst recht stark. Lasst also gut sein, seid geduldig und nutzt den Zustand als eine Gelegenheit, mehr Weisheit zu finden. Sie wird irgendwann greifen, und dann löst sich das Problem einfach auf.
Wenn ihr Weisheitskraft statt Willenskraft einsetzt, werdet ihr nicht nur die Probleme und negativen Gemütszustände los, sondern ihr wisst dann, wie ihr die Meditation vertiefen könnt, und ihr werdet mehr Energie zur Verfügung haben. Ihr erfahrt den gegenwärtigen Augenblick und wisst, dass euer Denken zu schweifen beginnt, wenn es etwas auszusetzen findet und dann sagt: »Dieser gegenwärtige Augenblick ist mir nicht gut genug, ich will etwas Besseres.« Wenn ihr von euren guten früheren Meditationen her Erwartungen für die nächste habt – »Ich bin ganz nah dran, gleich kommt es« –, habt ihr es bereits verdorben. Macht euch selbst ein Bild davon, und es wird euch nicht mehr schwerfallen, die Dinge in Ruhe zu lassen.
Beim Meditieren geht es nicht darum, ein Nimitta oder Jhana zu erreichen. Ihr schafft vielmehr die Bedingungen dafür, dass sich Nimitta und Jhana spontan einstellen können, die Bedingungen für Erleuchtungserfahrungen, die dem vielleicht folgen. Wir sind einzig darauf aus, diese Bedingungen oder Ursachen zu schaffen, und das wird unsere Weisheitskraft. Diese Bedingungen sind Loslassen, Freundlichkeit und Sanftheit, kurz, Sammasankappa . Ihr legt eure gesamte Energie – Körper und Geist – in diesen Augenblick. Ihr lasst los und gebt auf, ihr erwartet nichts. Schielt beim Meditieren nie nach Ergebnissen. Wenn ihr meditiert und etwas davon haben wollt, bekommt ihr Leid. Meditation ist Loslassen, Lassen, ohne jede Erwartung.
Das Paliwort für »loslassen«, Patinissagga , bezeichnet ein Geben, das keine Gegengabe erwartet. Wir meditieren nicht, um etwas zu erreichen oder Abzeichen zu bekommen. Wir wollen nichts erringen, wovon wir dann unseren Freunden erzählen können: »Ich habe ein Retreat mit Ajahn Brahm gemacht und es hat mir dies eingebracht und das eingebracht.« Nein, wir wollen die Verunreinigungen ablegen. Unser Ziel bei der Meditation ist Freiheit.
Mit diesem Augenblick zufrieden sein
Vor einigen Jahren war ich in Japan, und meine Gastgeber brachten mich in einem Fünfsternehotel unter. Leider dachten sie nicht daran, dass ein Theravada-Mönch sein Essen bis zur Tagesmitte zu sich nehmen muss. Als wir uns dann zum Essen in einem erstklassigen Restaurant einfanden, war es schon kurz nach Mittag. Ich aß nichts und bekam folglich an diesem Tag gar nichts. Ich war müde und wollte eigentlich nur noch Ruhe haben und meditieren, aber es war ein sehr lautes Hotel. Da saß ich dann in diesem Zimmer, das sicher ein Vermögen kostete, und dachte: »Ich sitze in einem Gefängnis.« Es war ein Gefängnis in einem Fünfsternehotel, weil ich dort nicht sein wollte. Schnell wurde mir klar, was ich da machte, und ich brach diese unklugen Gedanken ab. Tatsächlich kann man aber in einem Fünfsternehotel und sogar am Sonnenstrand im Gefängnis sitzen. Jeder Ort, an dem man nicht sein möchte, wird als Gefängnis empfunden.
Fragt euch also beim Meditieren: »Möchte ich jetzt hier sein oder wäre ich lieber anderswo?« Solange ihr lieber anderswo wäret, findet ihr keinen Frieden und kommt nicht in die tiefe Meditation. Aber wenn ihr euch anhalten könnt, wird die Weisheit euch sagen: »Nein, das hier ist gut genug. Ich möchte eben jetzt hier sein, auch mit meinen wehen Beinen und der juckenden Nase in dieser lauten Hütte mit meinem dummen Kopf – ich will jetzt einfach hier sein.« Wenn du da sein möchtest, wo du eben bist, dann bist du frei.
Ich weiß von einem Mönch, der in Thailand vor vielen Jahren zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Er war unschuldig. Er kam ins Gefängnis, als er gerade der Sangharaja oder Mönchsälteste
Weitere Kostenlose Bücher