Meditation
die Zeit, und das fühlt sich wirklich gut an. Zeitlosigkeit geht euch auf – ihr habt meditiert, aber wisst nicht mehr, wie lange. Ihr wart hellwach, aber Zeit bedeutete gar nichts. Zwei Stunden, drei Stunden, fünf Minuten – kein Unterschied. Es gibt nur einen Augenblick, nämlich diesen. Das ist wirklich alles. Ihr habt die aktiven Sankharas befriedet, das ganze Wollen, und da findet auch die Zeit Frieden. Wenn die Zeit zur Ruhe kommt, werdet ihr immer wieder zwei Stunden lang, drei Stunden lang meditieren, und es macht euch überhaupt nichts aus. Dazu muss die Meditation nicht einmal besonders tief sein. Frieden mit der Zeit ist eine tiefe Erfahrung mit einem schönen Nachspiel – Freiheit, Glück, Seligkeit.
Das Denken befrieden
Bevor ihr Frieden mit der Zeit schließen könnt, müsst ihr den denkenden, schweifenden Geist zur Ruhe bringen. Dazu muss ein ganz subtiler Wille eingesetzt werden, nämlich der Wille, alles Tun zu unterlassen. Dieser Wille oder Entschluss stellt gleichsam einen Wächter am Tor des Geistes auf, nicht unähnlich dem Rausschmeißer im Nachtclub, der sagt: »Probleme haben keinen Zutritt.« Diese Selbstbeschränkung verlangt anfangs ein wenig Willenskraft und Beherrschung. Sie benötigt den bewussten Entschluss, den Geist zu beschneiden und seinen ungesunden Neigungen nicht nachzugeben. Ihr zieht eine Grenze und stellt einen Wächter auf. Darin seid ihr wie ein Gärtner, der alles Mögliche gesät und angepflanzt hat und jetzt dafür sorgt, dass nichts beschädigt wird. Ihr braucht nur diesen Wachtposten aufzustellen, der genau weiß, was er zu tun hat. Wenn der Geist dann stiller wird, bewacht und beschützt der Posten einfach diese Stille, sie ist ihm wichtig, er sorgt für sie, lässt sie wachsen. So können die Augenblicke der Stille, des Friedens ohne Gedanken, immer länger werden.
Wenn ihr aufhört zu denken, geht etwas verloren, und zwar das Ich, der Ich-Gedanke. Viele halten sich etwas auf ihre Intelligenz zugute, auf ihre Fähigkeit, klar zu denken und überzeugend zu argumentieren. Aber beim Argumentieren tun sie ja nichts weiter, als Denkmuster aufeinander loszulassen, wie Sumoringer im Kampfring der Worte und Begriffe. Es gibt nur einen echten Sieg, und der liegt darin, dass ihr Stille einkehren lasst. Ihr macht den Geist so still, dass Gedanken gar nicht mehr aufsteigen. Er schweigt, und dann habt ihr Frieden und Freiheit.
Selbst wenn ihr das Denken nur kurz abstellen könnt, vielleicht nur für ein paar Sekunden – es lohnt sich auf jeden Fall, diese Erfahrung zu machen, zu wissen, wie es sich anfühlt. Betrachtet es, und ihr werdet sehen, dass es sehr schön ist. Ihr seht dann auch, dass alle Gedanken euch nur bedrängen. Das ist ungefähr so, als hätte man einen tyrannischen Ehepartner, der einem ständig zusetzt, oder einen Chef, der immer alles unter Kontrolle haben muss, der alles vorschreibt und einen dann auch noch fertig macht. Wenn das alles einmal abgestellt ist – ah, was für eine Erleichterung. Der stille Geist ist so köstlich, dass Vertrauen und Zuversicht nur zunehmen können. Sicher, anfangs kann es ein bisschen beängstigend sein, weil man das Gefühl hat, man verschwindet. Beim Denken hat man das Gefühl, die Dinge irgendwie selbst in der Hand zu haben, und wenn man nicht denkt, kann es einem so vorkommen, als versuche man freihändig Motorrad zu fahren. Wie soll ich das Gleichgewicht halten, wenn das Denken nicht da ist, um mir diesen oder jenen kleinen Anstoß zu geben? Nach einer Weile stellt sich dann heraus, dass es ganz gut ohne Denken und Kontrolle geht, dass man tatsächlich besser dran ist, wenn man loslässt und das Ich verschwindet. Man fühlt sich großartig dabei. Außerdem gewinnt ihr so eure ersten Einblicke in das, was wir Anatta und Verblassen und Aufhören nennen.
Die Vielfalt der Eindrücke reduzieren
Wenn das gelingt, ist eine weitere Zuspitzung notwendig, die Sammlung auf den Atem. Weshalb folgt ihr dem Atem? Weshalb könnt ihr nicht einfach in der Stille des Augenblicks bleiben und fertig? Wegen der sechs Sinne und der Vielfalt der Sinneseindrücke, die ständig wie eine Art Lärm auf euch einstürmen. Damit es da stiller wird, müsst ihr euch sammeln und die sechs Sinnesbereiche auf zwei reduzieren: den Berührungssinn (in der Form der Atemempfindung) und den denkenden Geist (der im Buddhismus zu den Sinnen gezählt wird). Irgendwann lasst ihr auch vom Atem ab und macht den Geist zum alleinigen Brennpunkt eurer
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