Meditation
finde im Glück des Verschwindens Erlösung.
Im Klosterleben liegt ein Teil dieses Verschwindens bereits in der einheitlichen Tracht und … Haartracht. Wir haben keine Insignien, die einem Mönch vom anderen unterscheiden. Äußerlich bin ich nicht als der leitende Mönch zu erkennen. Wir haben auch nicht viel zu sagen. Weshalb reden die Leute? Um zu sagen: »Hier bin ich.« Durch unser Schweigen verschwinden wir, verschmelzen mit dem Hintergrund, bis kaum noch jemand merkt, dass wir überhaupt da sind, wir selbst auch nicht. Verschwindet, und ihr seid glücklich, je weniger von euch da ist, desto mehr Freude habt ihr: Tauscht Existenz gegen Glückseligkeit. Nur darum geht es im Dhamma . Aber die Worte bedeuten nichts gegen die Tiefe der eigentlichen Erfahrung.
Wenn das Wollen abdankt
Irgendwann werdet ihr so still, dass sich der Geist nicht mehr regt. Das Wollen bedrängt euch nicht mehr, ihr seid glücklich. Von solchen Erfahrungen aus, vor allem im zweiten Jhana , seht ihr deutlich, dass der sogenannte Wille oder die Entscheidungsfreiheit Folterknechte sind – ganz ähnlich den Leuten, die andere schlagen, ihnen Brandverletzungen zufügen oder ihnen die Nägel ausreißen. Die allermeisten Menschen erachten den Willen als etwas Wertvolles, sie wünschen sich Wahlfreiheit, sie möchten ihren Wünschen nachgehen können. Sie merken nicht, dass sie von ihrem IchGefühl in die Falle gelockt werden.
Aber wie wunderbar ist es, wenn man in seiner Hütte oder Höhle oder in seinem Zimmer sitzt und gar nichts haben möchte. Wenn jemand fragt, ob du etwas brauchst, sagt diese Frage dir nichts. Stellt euch vor, ihr habt drei Wünsche frei, ohne jede Einschränkung, und euch fällt keiner ein! Ihr sagt ohne falsche Bescheidenheit: »Nein, danke.« Das wäre wahre Freiheit von allem Begehren. Und diese Freiheit ist ein wunderbarer Geisteszustand. Vielleicht habt ihr das schon bei einem Retreat erlebt: Ihr sitzt in eurem Zimmer oder geht auf eurem Meditationspfad, und es gibt keinen Wunsch, irgendwo anders auf der Welt zu sein. Ein herrliches Gefühl. Ihr verdankt es der Freiheit vom Begehren. Ihr möchtet nirgendwohin, ihr braucht nichts, nichts fehlt. Wenn das Wünschen verschwindet, ist alles, wie es ist, vollkommen.
Ihr seht also, dass Wünsche und das aus ihnen folgende Wollen, Cetana , zu den Ausdrucksformen des Leidens gehören. Der Wille hetzt euch hin und her und im Kreis herum. Manche versuchen den Willen oder das Denken überhaupt anzuhalten, aber solche Versuche stacheln den Willen erst recht auf. Den Willen abschalten zu wollen, bringt nur noch mehr Unruhe, es verhindert Stille, Frieden und echte Meditation.
Ihr habt bestimmte Aufgaben in der Welt, damit müsst ihr euch abfinden. Aber je mehr Pflichten ihr loswerden könnt, je mehr ihr nichts tut, desto besser. Das mag euch nach Faulheit klingen, aber richtige Faulheit, richtiges Nichtstun, ist noch einmal etwas anderes. Echte Faulheit, Ausruhen, besteht nicht darin, dass ihr euch hinlegt; vielmehr legt sich der Geist hin und tut nichts, beschwört nichts herauf. Das ist ein Geist, dessen Wollen still geworden ist und aufgehört hat. Wer es erlebt, der weiß, dass echte Faulheit Stille des Geistes ist, die tiefen Jhanas , in denen sich stundenlang gar nichts mehr regt. In dieser Verfassung ist das Ich-Gefühl zu neunundneunzig Prozent verschwunden und es herrscht massive, nicht störbare Stille. Später, wieder im Normalzustand, wird euch klar, dass der Wille geschwiegen hat, denn nur dann ist es möglich, dass überhaupt keine Regungen mehr auftauchen. Keine Regung mehr – das ist ein unbeschreibliches Glück, so tief, so frei. Jetzt seht ihr: Der Wille ist ein Folterknecht, der kein Glück und keinen Frieden zulässt.
Die Erfahrung des Nicht-Ich
Es gibt zwei Zitadellen der Selbstverblendung, nämlich euer Glaube, der Macher zu sein, und euer Glaube, der Erkennende zu sein. Die meisten sehen das Erkennen und Tun als ihre Domäne, in der sie sich auskennen und alles unter Kontrolle haben. Aber dabei bleibt euch nicht verborgen, dass das Streben nach Kontrolle sogar in diesen Bereichen nur immer mehr Schmerz, Leid und Schwierigkeiten nach sich zieht. Irgendwann erkennt ihr dann, dass auf dem Weg der Kontrolle kein Genügen zu erwarten ist.
Sobald euer Sinn für diese Dinge ein wenig entwickelt ist, schlagt ihr eine andere Richtung ein. Das Wollen verblasst und ihr fühlt euch sehr gut dabei; die Sinne schwinden und es ist einfach herrlich. Versteht ihr?
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