Medizin der vier Temperamente
Oberflächenveredelung (Besticken, Bedrucken und so weiter). Über Jahrhunderte hinweg hatte sich an den klassischen Fasern und Verarbeitungsmethoden kaum etwas geändert.
Kleine Revolutionen ereigneten sich erst am Ende des 19. und im 20. Jahrhundert: 1892 wurde die Herstellung von Fasern aus Cellulose entdeckt; die Viskose war geboren. 1953 folgte Polyester. Der Siegeszug von Kunstfasern ist seither nicht mehr aufzuhalten. Und so stellt sich heute mehr denn je die Frage aller Fragen: Was soll ich anziehen? Wie lassen sich Ästhetik, Qualität und Gesundheit in Sachen Bekleidung verbinden?
Textile Rohstoffe
Für natürliche Rohstoffe in Sachen Bekleidung stehen grundsätzlich zwei Quellen zur Verfügung: das Tier- und das Pflanzenreich. Der Mensch hat im Laufe der Geschichte mit allen möglichen Stoffen experimentiert und etliche Fasern nach kurzem Ausprobieren wieder ausgesondert – zu rau auf der Haut, zu hässlich anzusehen, zu empfindlich bei der Pflege, zu wenig wärmend bei schlechtem Wetter. Folgende sieben Rohmaterialien haben hingegen alle Qualitätstests bestanden und sind als Testsieger hervorgegangen: aus dem Pflanzenreich Hanf, Nessel, Leinen und Baumwolle; aus dem Tierreich Wolle, Seide und Leder.
Hanf
Hanf ist die Faser der Cannabis-Pflanze. Es gibt zahlreiche archäologische Zeugnisse dafür, dass sich Frauen und Männer in der Jungsteinzeit in Hanf kleideten. Im Mittelalter wurde die Pflanze dann in ganz Europa angebaut und geriet erst im 18. und 19. Jahrhundert in Vergessenheit. In den letzen Jahren wurde Hanf als Textilfaser allerdings wiederentdeckt. Für die Fasergewinnung steht eine Cannabis-Sorte zur Verfügung, die keine Cannabinoide enthält und daher für den Drogenkonsum nicht geeignet ist. Die Hanffaser besticht durch zahlreiche Vorteile:
Hanf ist eine anspruchslose und robuste Pflanze, die keine Pestizide zum Anbau benötigt.
Hanf hat einen sehr guten Wärmeisolierungskoeffizienten, saugt Schweiß gut auf und ist fast unverwüstlich.
Hanf ist sehr resistent gegen Schimmel, Stockflecken und Keime.
Hanf hat kein allergisches Potenzial.
Nessel
Unter Nessel versteht man die Faser, die man aus den Stängeln der Brennnessel gewinnt. Schon vor Jahrtausenden hat man Nesselgarn, -fäden und -stoffe hergestellt, die bis zur Einführung der Baumwolle auch in Europa eine große Rolle spielten. Grobes Nesseltuch eignet sich sehr gut für Vorhänge oder als Möbelstoff. Der feine Nessel ist hingegen ein hervorragender Bekleidungsstoff – besonders für Hosen oder Hemden. Die Vorteile dieser Faser:
Nessel besticht durch eine hohe Reißfestigkeit und eine extrem hohe Feuchtigkeitsaufnahme.
Nessel besitzt eine ähnlich gute Bauschfähigkeit wie Baumwolle und weist einen edlen Glanz auf.
Nessel ist absolut unkompliziert beim Anbau.
Leinen
Leinen gehört mit zu den ältesten Textilpflanzen; ihre Nutzung ist seit der späten Jungsteinzeit belegt. Die Gewinnung der Fasern aus Flachs umfasst zahlreiche Einzelschritte: Ausreißen der Pflanze, Aufbrechen der Stängel und schließlich die Trennung der holzigen von den faserigen Teilen. Leinen hat folgende Eigenschaften:
Flachsfasern sind gut teilbar und sehr fein verspinnbar.
Leinen ist glatt, flusenfrei, antistatisch, schmutz- und bakterienabweisend.
Leinen kühlt und wärmt.
Leinen ist reißfest und gegen hohe Bügeltemperaturen unempfindlich.
Baumwolle
Baumwolle ist eine textile Faser, die in Asien und Amerika eine lange Geschichte aufzuweisen hat. In Europa taucht sie hingegen erst spät auf: Sie gelangte durch arabische Händler im 9. Jahrhundert nach Italien, konnte sich aber nicht durchsetzen. Im 16. Jahrhundert begann dann die Erfolgsgeschichte der Baumwolle, die bis heute anhält. Baumwolle besticht durch folgende positive Eigenschaften:
Die Faser ist reißfest und robust, auch gegen chemische Substanzen.
Baumwolle hat ein niedriges Gewicht und lässt sich gut färben.
Baumwollstoffe sind sehr saugfähig.
Seide
Seide ist der abgewickelte Faden eines Seidenraupen-Kokons. China blickt auf eine lange Seidentradition zurück, konnte aber die Technik der Seidenproduktion über Jahrhunderte geheim halten und so auf dem Weltmarkt Spitzenpreise für die Stoffe erzielen. Im 13. Jahrhundert gelang es der italienischen Stadt Lucca, eine komplette europäische Seidenproduktion aufzuziehen. Bald danach kamen weitere Städte hinzu: Bologna, Florenz, Venedig, Granada, Valencia, Toledo, Cordoba und Sevilla. Das unumstrittene Zentrum des Seidenhandels bis zur
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