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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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auf der Steinplatte …?«
    »Wir beide haben sie gesehen. Erinnerst du dich an die merkwürdigen Riffel auf dem Grund des Beckens?« Er atmete tief durch. »Wie hätten wir denn ahnen können, dass wir unserem Ziel bereits so nahe waren?«
    »Du meine Güte, mehrere Millionen Liter Wasser sind an uns vorbeigerauscht. Ein Wunder, dass wir das überlebt haben.«
    Nach einem Zögern fügte sie hinzu: »Wie es wohl den anderen ergangen ist? Ob sie …?«
    »Möchtest du zurück und nachsehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, flüsterte sie, »es ist nur …«
    Chris humpelte heran und legte ihr seine verletzte Hand auf die Schulter. »Es waren auch meine Freunde«, murmelte er und fügte mit einem schiefen Grinsen hinzu: »Auch wenn sie das bestreiten würden. Aber man kann nicht so lange mit Menschen zusammen sein, ohne dass sie einem ans Herz wachsen. Aber was geschehen ist, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Sie waren zuletzt nicht mehr dieselben Menschen, mit denen wir zusammen aufgebrochen sind.«
    »Das geht uns nicht anders, aber uns hat das Schicksal am Leben gelassen. Warum?«
    Er schwieg. Stattdessen hob er den Kopf und sah sie durchdringend an. »Hast du ihn noch?«
    Hannah legte ihre Hand auf die Umhängetasche. »Warum möchtest du das wissen?«
    »Vielleicht, um deine Frage nach dem Sinn des Ganzen zu beantworten. Vielleicht sind wir auserwählt, den Stein in Sicherheit zu bringen. Es ist seltsam, dass wir so viel Aufhebens um ein Ding machen, von dem wir nicht mal wissen, was es eigentlich ist. Das hört sich in deinen Ohren vielleicht wie abergläubischer Schwachsinn an, aber nach all dem, was wir erlebt haben, weiß ich nicht mehr, was ich glauben soll.«
    Er starrte zu den dunklen Wolken hinauf. »Alle Fakten, an die ich mich in meinem vergangenen Leben geklammert habe, scheinen sich in Nichts aufgelöst zu haben. Es kommt mir vor, als hätten wir die Tür zu einer verborgenen Welt aufgestoßen und Dinge gesehen, die wir nicht hätten sehen dürfen.«
    Damit wandte er sich wieder Hannah zu. »Aber man kann die Dinge drehen und wenden, wie man will, Tatsache ist, dass wir den Stein haben. Man wird uns diesen Triumph nicht gönnen. Wir sollten machen, dass wir schnellstens von hier verschwinden.«
    Hannah betrachtete ihn prüfend. »Bist du denn überhaupt in der Lage, zu laufen? Wie geht es deinen Füßen?«
    Er blickte an seinen Beinen hinab. Die Verbände, die er um seine zerschundenen Füße gebunden hatte, waren verschmutzt, durchweicht und begannen bereits abzufallen. Er entfernte sie mit einigen wenigen Handgriffen und untersuchte die Haut an den Fußsohlen.
    »Sieht nicht gut aus«, stellte er nach kurzer Zeit fest, »aber eine Weile werde ich schon durchhalten.«
    »Warte, ich habe eine bessere Idee.« Hannah leerte die zwei ledernen Beutel, die sie bei sich trug, schnitt die Nähte an den Seiten auf und strich das Material glatt. Dann wies sie Chris an, sich auf je einen der Lederstreifen zu stellen, und band die Sohlen mit den Mullbinden an seinen Füßen fest. Schon bald sah Chris aus, als stecke er in Sandalen, wie sie die Römer vor zweitausend Jahren getragen hatten. Er lief ein paar Schritte auf und ab.
    »Erstaunlich gut.«
    »Alles eine Frage der Improvisation. Glaub mir, nach zehn Jahren in der Wüste könntest du das auch. So, jetzt werde ich noch schnell unsere Feldflaschen in der Pfütze da drüben füllen, und dann geht’s los.«
    Chris’ Augen verengten sich. »Du klingst, als wüsstest du, wie wir aus diesen verfluchten Bergen entkommen können.«
    »Die Berge sind nicht das Problem«, entgegnete Hannah, während sie die Flaschen füllte und zu dem Stein in die Ledertasche steckte. »Und danach?«
    »Ich sagte doch, ich habe eine Idee.«
    Er lachte zynisch. »Na, dann ist ja alles bestens. Erzählen möchtest du mir nicht davon, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »In Ordnung, dann brauche ich mir ja auch keine Sorgen zu machen.«
    »Eben.«

25
    Oberst Durand trommelte nervös mit seinen Fingern auf das Lenkrad, als er an der Spitze seiner Fahrzeugkolonne Richtung Iférouane fuhr. Alles war schief gelaufen. Er stand mit leeren Händen da, fünf seiner Getreuen, unter ihnen Sada, seine rechte Hand, waren bei dem Unglück in den Höhlen umgekommen, und dieser verdammte Sandsturm schien immer noch kein Ende nehmen zu wollen. Der Helikopter fiel für die Verfolgung aus. Und die Autos? Ebenso gut könnte man die beiden Vermissten mit verbundenen Augen suchen. Der

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