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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Hütten, nicht mal Palmen. Wir können von Glück sagen, wenn wir irgendwo eine Quelle aufspüren, um unsere Wasservorräte aufzufüllen. O Hannah, weshalb hast du nicht früher mit mir darüber gesprochen, dann hätte ich dir diese fixe Idee vielleicht noch ausreden können.«
    Sie funkelte ihn über den Rand ihrer Brille hinweg böse an.
    »Das war genau der Grund, warum ich die ganze Zeit geschwiegen habe. Hätten wir noch ewig diskutiert, wären wir nie und nimmer hier. Für dich war es leicht, du hast dich die ganze Zeit auf Boucha herumschaukeln lassen und geschlafen. Aber ich musste den Weg durch Sand und Sturm finden.«
    Chris sah, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Ächzend schwang er sich aus dem Sattel und schloss sie in die Arme. Er spürte, wie sie sich zuerst dagegen wehrte, doch dann gab sie den Widerstand auf und drückte ihr tränennasses Gesicht an seine Schulter. Sie war wirklich am Ende ihrer Kräfte.
    »Warte hier«, schlug er vor. »Ruh dich aus, du hast schon genug geleistet. Ich werde loslaufen und ihn suchen. Wenn er hier ist, werde ich ihn finden.«
    Hannah sah in zweifelnd an. »Was ist mit deinen Füßen?«
    »Ich schaffe das schon irgendwie, mach dir keine Gedanken. Der Sand ist weich, und ich habe ja noch immer diese geniale Konstruktion an.« Er deutete auf die Ledersohlen. »Außerdem verheilen die Wunden schon ganz gut. Also, leg dich hin und ruh dich aus, ich bin bald wieder zurück.«
    Sie war zu schwach, um zu protestieren, also nickte sie und setzte sich neben Boucha in den Sand. »Komm bald zurück«, hörte er sie noch murmeln, dann sackte sie nach hinten und schlief auf der Stelle ein. Chris zog ihr den Kompass aus der Tasche, orientierte sich kurz und schlug dann den Weg ein, der ihn ins Zentrum der Blauen Berge führte.
     
    Er war noch nicht weit gekommen, als er das Klingeln eines Glöckchens vernahm. Es war ein Laut, der so gar nicht in die Einsamkeit dieser Gegend passen wollte. Kurz darauf hörte er ein zweites Geräusch, das ebenso wenig hierher gehörte. Das Meckern einer Ziege.
    Er beschleunigte seinen Schritt und folgte dem Klang des Glöckchens. Schon bald sah er auf einem Felsen über sich ein pelziges Gesicht auftauchen. Ein Bart und zwei geschwungene Hörner sagten ihm, dass er gefunden hatte, wonach er suchte. Mit Mühe erklomm er den Felsen und sah sich einer gescheckten Ziege gegenüber, die um ihren Hals ein bunt besticktes Halsband mit Glöckchen trug. Also musste hier jemand sein. Sein Herz begann vor Freude zu klopfen.
    »Komm mal her, meine Kleine«, lockte Chris sie mit der verführerischsten Stimme, die er je zustande gebracht hatte. »Lass dich mal anschauen. Wo ist dein Herrchen, hm?«
    Das Tier antwortete mit einem so bedrohlichen Knurren, dass Chris einen halben Meter zurücksprang. Er hatte gar nicht gewusst, dass Ziegen derart bösartig knurren konnten. Da schob sich ein schlanker Körper hinter der Ziege in sein Blickfeld, und er erkannte augenblicklich, dass dies der Urheber des bedrohlichen Lautes war. Chris atmete tief ein. Er stand einem hüfthohen, zähnefletschenden Jagdhund gegenüber. Da er keine Waffe dabeihatte, nicht mal einen Stock, wich er langsam, Schritt für Schritt, vor dem Hund zurück, der zu allem entschlossen schien. Nach einigen Schritten stieß er gegen ein weiches Hindernis, und noch ehe er das zweite Knurren hörte, wusste er, dass er in eine Falle geraten war. Das zweite Tier war ebenso groß, doch war sein Fell mit grauen Strähnen durchwirkt. Die beiden Jagdhunde schienen ein gut eingespieltes Team zu sein, denn sie ließen Chris nicht den geringsten Bewegungsspielraum. Andererseits waren sie so gut erzogen, dass sie ihn nicht gleich an Ort und Stelle zerfleischten. Sie standen einfach nur da, beobachteten ihn und reagierten auf jede Bewegung mit einem weiteren bedrohlichen Knurren. Schachmatt, dachte er.
    Plötzlich hoben beide Tiere den Kopf, stellten die Ohren auf und wedelten mit ihren Schwänzen. Es dauerte nicht lange, bis eine hohe dunkle Gestalt hinter einem Felsen hervorkam und mit langen Schritten auf ihn zueilte. Chris bemerkte eine kurze Handbewegung, und sofort verließen die Hunde ihren Posten und eilten an die Seite ihres Herrn. Sekunden verstrichen, in denen sich die beiden Männer gegenüberstanden, ohne ein Wort zu wechseln. Hannahs Beschreibung nach konnte es sich durchaus um den gesuchten Tuareg handeln. Chris wagte einen Versuch.
    »Kore? Kore Cheikh Mellakh?«
    Der Mann runzelte die Stirn.

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