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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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um. Vor ihm stand breitbeinig und mit finsterem Gesichtsausdruck Ibrahim Hassad vom Stamm der Kel-Aïr , der Anführer der Rebellenallianz des Nordens. Das dunkelblaue Tuch seines Umhangs wogte im Wind, während die Metallplättchen, die an einem Lederband um seinen Hals hingen, leise klirrten. Oberst Durand bemerkte, dass von den Bergen hinter Hassad neue bedrohliche Wolken heranzogen. Was vor wenigen Stunden über diesen Landstrich hereingebrochen war, war nur ein Vorbote gewesen. Durand ahnte, was auf sie zukam.
    Zu seinen Füßen lagen die Leichname jener drei getöteten Tuareg, die versucht hatten, zum Fort zurückzukehren. Allen voran Mano Issa, dessen gedrungener Körperbau ihn deutlich von den anderen Mitgliedern der Eskorte unterschied. Sein Turban war von einer Maschinengewehrsalve zerfetzt worden und bedeckte nur notdürftig das, was einmal ein Kopf gewesen war. Die anderen waren ähnlich zugerichtet worden und nicht mehr in der Lage, Fragen zu beantworten. Durands Lippen formten sich zu einem schmalen Strich, als er die Reihe der Toten abging. Er war Soldat und kein Killer. Er hatte Gefangene gewollt, doch was er fand, waren Krieger, die ihn aus toten Augen anstarrten.
    »Warum?«
    »Sie haben sich zur Wehr gesetzt, Oberst.« Die Stimme des Rebellenführers klang rau und tief. »Als die Lage aussichtslos schien, haben sich die letzten beiden selbst erschossen.« Er deutete mit der Hand auf die beiden Krieger, die zusammengekrümmt zu seinen Füßen lagen. »Drei von meinen eigenen Leuten sind ebenfalls gestorben, vier sind verwundet.«
    »Interessiert mich nicht«, knurrte Durand. »Ich will wissen, wo die Wissenschaftler sind. Sie können sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.« Er straffte seine Schultern und blickte Ibrahim Hassad geradewegs in die Augen.
    Die Allianz mit den Rebellen bestand nun schon seit einigen Jahren und hatte sich als eine für beide Seiten vorteilhafte Verbindung erwiesen. Die aufständischen Tuareg durften von Zeit zu Zeit einen beladenen Konvoi überfallen, um ihre Vorräte aufzubessern und weiterhin von ihrem eigenen Staat zu träumen. Durand hingegen konnte sich mit dem sicheren Gefühl zurücklehnen, die Stabilität zu wahren. Nichts geschah hier ohne sein Wissen. Wenn ein Überfall stattfand, dann nur mit seiner Zustimmung. Vollkommen zufrieden stellend war diese Lösung natürlich nicht, aber dieses Opfer musste er von Zeit zu Zeit bringen, um die Rebellen bei Laune zu halten. Und um sie kontrollieren zu können. Wenn du den Feind nicht besiegen kannst, mache ihn zu deinem Verbündeten, dies war ein Grundsatz, den er in der Fremdenlegion gelernt und der ihm schon unschätzbare Dienste erwiesen hatte.
    »Also, was ist mit den Leuten geschehen?«
    Hassad zuckte mit den Schultern. »Sie müssen das Lager verlassen haben, während wir die Satellitenanlage und die anderen technischen Geräte vor dem Sturm in Sicherheit gebracht haben. Als wir zurückkehrten, waren sie bereits fort.«
    »Woher wisst ihr überhaupt, dass sie hier waren?«, knurrte Durand.
    Statt zu antworten, führte der Rebellenführer ihn etwas abseits zu einem Palmenhain. Dort lagen, halb vergraben im Sand, einige Aluminiumkisten, deren Deckel offen standen.
    »Proviant«, sagte Hassad. »Wir wollten die Kisten nach unserer Rückkehr mitnehmen, aber da waren sie bereits leer geräumt.«
    Oberst Durand nickte. »Verstehe. Als ihr das Lager angegriffen habt, waren nur die angetrunkenen Wachen hier. Aus irgendeinem Grund war keiner der Wissenschaftler anwesend. Sie waren alle unterwegs, um sich etwas anzusehen. Möglicherweise haben sie tatsächlich etwas gefunden …« Er strich sich über das glatt rasierte Kinn. Dabei schritt er auf und ab wie ein Detektiv, der ein Verbrechen zu rekonstruieren versuchte.
    »Dann kam der Überfall. Sie haben die Schüsse gehört und den Rauch gesehen, haben gewartet, bis ihr abgezogen seid, und sind dann zurückgekehrt. Sie haben sich Proviant besorgt, einen Treffpunkt vereinbart und ihre Tuareg losgeschickt, um Hilfe zu holen. Das kann nur bedeuten …«, er wandte sein Gesicht den Bergen zu, »… dass sie sich hier irgendwo versteckt halten und auf mich warten.«
    Ein schmales Lächeln breitete sich auf Durands Gesicht aus.
    »Zieht euch die Uniformen meiner Männer an, und dann los – sucht sie. Wenn ihr sie findet, bringt sie zu mir. Lebend! Es könnte sein, dass sie etwas von großem Wert bei sich tragen. Was immer es ist, ich will es haben. Verstanden?«
    Ibrahim

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