Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
Hassad nickte und zog sich zurück. Durand war tief in Gedanken versunken. Die Wissenschaftler hatten etwas gefunden, das spürte er mit jeder Faser seines Körpers. Wenn es sich dabei um den Gegenstand handelte, von dem in Naumanns Brief die Rede war, konnte es sein, das Hassad ebenfalls Interesse daran hatte. In diesem Fall war eine Konfrontation unumgänglich. Nun ja, niemand war unersetzlich.
     
    Hannah blickte in die gähnende Öffnung zu ihren Füßen. Eine uralte Steintreppe wand sich in die Tiefe. Der blasse Schein der Gaslampe enthüllte eine endlose Folge von Stufen, die in einen scheinbar bodenlosen Abgrund führten. Kein Laut drang zu ihnen herauf. Hannah wurde von einem Gefühl der Erleichterung und der Unruhe zugleich befallen. Erleichterung, weil sie gehofft hatte, dass die Öffnung nicht einfach in einer Grabkammer oder etwas Ähnlichem endete, und Unruhe, weil sie immer wieder an ihren Traum denken musste. Sie spürte, wie sie geradezu angezogen wurde von der Dunkelheit zu ihren Füßen.
    Träume waren eine seltsame Sache. Manchmal entführten sie die Menschen in eine vollkommen fremde Welt, manchmal waren sie ein Spiegelbild der Realität. Doch eines hatten Träume immer gemeinsam. Sie zeigten Bilder des eigenen Unterbewusstseins. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr Fragen türmten sich auf, doch sie spürte, dass irgendwo dort unten die Antwort lag.
    »Wie ist der Status unserer Batterien?«, erkundigte sich Irene. Patrick überprüfte den Leistungsstand und schüttelte unzufrieden den Kopf. »Nicht gut. Drei der Akkus haben nur noch halbe Kraft, der letzte ist etwas voller. Ich würde sagen, sie reichen noch drei, maximal vier Stunden.«
    »Verdammt. Und die Gaslampen?«
    »Da sieht es etwas besser aus. Zusätzlich zu den Brennelementen, die gerade drinstecken, haben wir noch vier Kartuschen zu je drei Stunden Brenndauer.«
    Irene nickte. »Das ist ziemlich wenig, gemessen daran, dass wir hier vielleicht mehrere Tage ausharren müssen. Ich würde die Lampen gern auf ein absolutes Minimum zurückfahren. Aber wir wollen natürlich auch etwas sehen, wenn wir da runtersteigen. Daher schlage ich vor, wir halten immer nur eine Taschen- und zwei Gaslampen gleichzeitig in Betrieb. Das sollte eigentlich ausreichen. Außerdem müssen wir eng zusammenbleiben und uns gegenseitig auf mögliche Hindernisse aufmerksam machen.«
    Gregori räusperte sich zaghaft. »Sollten wir nicht jemanden zurücklassen, für den Fall, dass unerwartet Hilfe kommt?«
    »Eine tolle Idee«, erwiderte Irene. »Das Problem ist nur, dass unser Wachposten auf Licht verzichten müsste, denn wir können uns keine Verschwendung von Energie leisten. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, wer freiwillig hier bleiben will, wenn der Rest des Teams auf Abenteuertour geht. Oder möchtest du den Job übernehmen?«
    Da war er wieder, dieser Missklang in Irenes Stimme. Seitdem der Sturm losgebrochen war spürte Hannah, dass die Gereiztheit zwischen den beiden zunahm.
    »Was, du willst nicht hier bleiben und Wache schieben?«, fuhr Irene fort. »Hätte ich mir gleich denken können. Dann sind wir uns also einig. Wir bleiben zusammen. Vergesst nicht die Walkie-Talkies und die Gewehre. Wer weiß, was uns da unten erwartet.«
    »Meint ihr, die Funkgeräte werden uns etwas nützen? Ich vermute, Steine und Felsen werden den Empfang empfindlich beeinträchtigen«, sagte Hannah in der Hoffnung, sich nicht als technischer Trottel zu outen.
    »Bei normalen Funkgeräten wäre das so«, bestätigte Patrick.
    »Aber unsere arbeiten auf einer besonders langwelligen Frequenz. Außerdem verfügen sie über mehr als die fünffache Sendeleistung normaler Funkgeräte.«
    »Wahrscheinlich haben wir alle einen Tumor am Ohr, ehe wir hier lebend herauskommen«, unterbrach ihn Malcolm. Irene verteilte die Lampen und verschwand in der Tiefe. Malcolm folgte ihr, dann Albert, Patrick, Abdu und Chris. Danach Hannah und am Schluss, mit hängendem Kopf, Gregori.
    Es war eine schweigsame Prozession, die sich in die Tiefe wand. Die Stille schien wie Wasser von den Felsen zu tropfen. Sie hüllte sie ein, umgab sie und ließ sie frösteln.
    Mit jedem Schritt wurde es kühler. Ein seltsames Gefühl nach all den Wochen der Hitze und Trockenheit. Hannah spürte, wie sich die Haare auf ihren Unterarmen aufrichteten. Als müsse sich ihr Körper erst wieder daran erinnern, wie es sich anfühlte, wenn die Luft kühler als das eigene Blut war.
    Das leise Knirschen der Steine

Weitere Kostenlose Bücher