Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
Vom Netzwerk:
hat Nicky gekauft. Für zehn Dollar, er war ein großartiger Hund. Er war mein Freund, ich konnte mich auf seinen Rücken setzen. Ich konnte ihn die Treppe runterrollen, wenn ich wollte, nur eines durfte ich nicht: nett zu einem anderen Hund sein. Dann ist er jedesmal ausgeflippt. Er hat wohl gedacht, nun wird er wieder weggegeben, kannst du dir vorstellen, was er dann gemacht hat?«
    Sie schüttelte den Kopf. Sah eine schwarze Dogge auf sich zukommen, zähnefletschend im Sprung, Jacques sagte,
    »Nägel gekaut. Wenn er sich Sorgen gemacht hat wegen irgendwas, dann ist er immer nach hinten raus auf die Veranda und hat Nägel gekaut. Hat sie abgekaut bis runter aufs Fleisch. Bis aufs Blut, einmal hat meine Mutter ihm Chilipaste auf die Pfoten geschmiert. Aber er hat trotzdem weitergekaut. Bloß gejault hat er dabei wie ein Werwolf, weil der Pfeffer so höllisch gebrannt hat«,
    Sie wußte nicht, ob sie über die Geschichte lachen sollte oder nicht. Sah zu ihm hinüber: in sein angespanntes Gesicht, sagte dann,
    »Jacques. Hey, wir haben noch gar keinen Kaffee getrunken. Wollen wir nicht da drüben halten«,
    Er lenkte das Wohnmobil sofort auf den Parkplatz. Sie stiegen aus. Saßen dann auf den grellroten Plastikstühlen einer Fast-food-Kneipe, sahen einander an über die Becher. Sahen wieder weg, Jacques sagte,
    »Dieser Kaffee ist eine eklige Brühe. Typisch ekliges Ami-Spülwasser «,
    »Findest du wirklich, Jacques«, sagte sie. »Ich mag ihn sehr gern. Das ist ein leichter Kaffee, der regt einen nicht so auf«,
    Nun lachten sie. Lachten lauter und länger als unbedingt nötig, im Auto zog Jacques die Karte hervor. Sagte,
    »Mal sehen, wo wir überhaupt sind.« Faltete die Karte auf, sagte sehr angelegentlich,
    »Mal sehen, wie wir wieder auf die richtige Interstate kommen.«
    Der Schmerz sprengte ihr fast den Schädel. Dennoch glitt sie nicht wieder zurück. Rutschte nicht den Kugelschreiberstrich wieder hinunter bis an den Anfang, blieb in New Jersey. Blieb neben Jacques sitzen: der die Karte zusammenfaltete, losfuhr.
    Der sagte: »Übrigens, tut mir leid, Sina. Wegen vorhin. Ich halte es einfach nicht aus, wenn du sagst, daß du gehst. Aber ich hätte dich nicht anschreien dürfen. Ich schreie zu leicht los, das liegt an meinem Alten. Ich hasse es ja selber, aber ich bin wie mein Alter. Ich kann komplett die Kontrolle verlieren.«
    Die Worte zuckten durch ihren Kopf: harte Kugeln, die einschlugen, Gewebe zerrissen, Robert hörte sie rufen. Sprang auf, rannte die Treppe hinab in ihr Zimmer, sie war außer sich. Worte sprudelten aus ihr heraus, Tränen,
    »Und wenn er es war? Wenn er es selbst war, wenn Jacques es war, ich halte es nicht aus, wenn er es war«,
    Er zog sie auf seinen Schoß. Wiegte sie. Suchte etwas in ihr zu spüren, um es anzufachen: den Hauch ihrer enormen Kraft,
    »Er kann es gewesen sein, Robert! Er kann die Kontrolle verloren haben, vielleicht wollte ich abreisen, und er hat die Kontrolle verloren, er kann versucht haben, mich totzuschlagen, wir waren Freunde! Wir waren richtige Freunde, Jacques und ich, ich weiß ja noch nicht einmal, wie er heißt! Ich kenne nur diesen Namen: Jacques, und so hieß er gar nicht, er soll es nicht gewesen sein, Robert«,
    Das also sagte sie ihm. Soviel verriet sie ihm nun, das hatte er sich inzwischen verdient, er wollte weiterfragen. Wollte alles wissen, wollte sagen, Hast du ihn geliebt? Wen hast du in deinem Leben geliebt, er sagte,
    »Ich glaube nicht, daß es Jacques war.«
    Ihr Kopf bohrte sich in seine Schulter. Sie sprach in seinen Pyjama hinein,
    »Nein. Nicht wahr, Robert, du glaubst es auch nicht«,
    Er sagte: »Nein.«
    Sie nickte, an seiner Schulter. Beruhigte sich langsam, er sah den Jungen in der Kurve auftauchen. Sah ihn auf sich zutaumeln: ein Winterinsekt, im Bann der Scheinwerfer. Die Nase blutig. Die Augen leer, Sie ist noch da draußen, sie stirbt, sie stirbt,
    Und vielleicht suchte er jetzt nach Sina. Was, wenn er sie fand? Wenn er es gewesen war, und er fand sie, Robert mußte Dr. Mathai anrufen. Mußte ihn bitten, ihre Adresse auf dem Cape unbedingt geheimzuhalten, die Eisprinzessin auf seinem Schoß wurde schwer: wie ein Kind, das einschläft. Er hielt sie fest. Lehnte seine Wange gegen ihrStoppelhaar. Roch den Geruch ihres Haars, war glücklich jetzt. Atmete ihren Geruch ein, sie flüsterte,
    »Ich muß Jacques finden, Robert. Nur Jacques weiß, was wirklich passiert ist. Ob er mir das angetan hat«,
    Und wenn es so war, dann würde

Weitere Kostenlose Bücher