Meere - Tierparadiese unserer Erde
der Armflosser oder Anglerfischartigen (Lophiiformes).
Dieser Name weist auf zwei Besonderheiten hin: Die Brustflossen sind zu kurzen Schreitorganen umgewandelt; allerdings schwimmen die meisten Tiefseeangler im freien Wasser, so dass man ihre »Ärmchen« wohl als Hinweis auf bodenbewohnende Vorfahren deuten muss. Und bei den Weibchen ist der vorderste Strahl der Rückenflosse zu einem langen Fortsatz geworden, an dessen Ende ein mehr oder weniger fischähnliches, oftleuchtendes Gebilde hängt: ein Köder, mit dem in den Weiten der Tiefsee andere Fische angelockt werden.
Wegen ihres fremdartigen Aussehens hielt man Tiefseefische lange für besonders urtümliche Tiere. Ihre Evolution ist im Einzelnen schwer nachzuzeichnen: Man findet kaum Fossilien aus der Tiefsee und auch nur selten intakte rezente Exemplare. Der Peitschenangler (
Himantolophus groenlandicus
), der 1976 ein paar Tage im Aquarium überlebte und dort den Gebrauch der Angel demonstrierte, war eine echte Sensation. So viel ist jedoch klar: Es handelt sich keineswegs um »altertümliche« Wesen, denn es war viel Zeit nötig, sich an das schwierige Leben in der Tiefsee mit ihrem hohen Wasserdruck, dem Nahrungsmangel, der Kälte und der Dunkelheit anzupassen.
Tiefseeangler
Ceratioidei
Klasse Knochenfische
Ordnung Armflosser
Familie über 150 Arten in 11 Familien
Verbreitung Tiefsee
Maße meist kleine Fische, Länge: max. 20 cm, Männchen erheblich kleiner als die Weibchen
Nahrung Fische, Männchen häufig parasitierend das Blut der Weibchen
Riesige Mäuler, leuchtende Köder
Die meisten Tiefseeangler bleiben wegen der Nahrungsarmut recht klein. Allerdings können ihre Opfer durchaus größer sein als sie selbst: Im gedehnten Magen eines nur 8 cm messenden
Melanocetus johnsoni
fand man einmal einen doppelt so langen Laternenfisch. In einem biomassearmen Lebensraum wie der Tiefsee wäre es fatal, eine Mahlzeit nur wegen ihrer Größe des Weges ziehen lassen zu müssen; daher sind Kiefer und Verdauungstrakt auf große Fänge ausgelegt. Durch ihre Gestalt und Flossenformen zum langsamen Schwimmen verurteilt, locken die Angler ihre Beute an, saugen sie in ihr riesiges, mit vielen scharfen Zähnchen besetztes Maul und deponieren sie dann in ihrem dehnbaren Magen.
Die Angeln können mehrfache Körperlänge erreichen; die leuchtenden Köder werden oft fisch-, garnelen- oder wurmartig bewegt. Bei einigen Arten sitzen die Leuchtorgane zum Anlocken der Beute auch an anderer Stelle. So haben die Linophrynidae lange, verästelte und leuchtende Kinnbärte, die zudem mit einem empfindlichen Tastsinn ausgestattet sind. Bei der Gattung
Thaumatichthys
wird das ständig aufgerissene Maul selbst zur Lichtfalle, denn die Leuchtzellen befinden sich im Oberkiefer des Fisches.
Männchen im Schlepptau
Da nur die Weibchen Angeln haben, stellt sich die Frage, wovon männliche Tiefseeangler leben. Ihr Energiebedarf ist geringer, denn sie bleiben viel kürzer als ihre Partnerinnen und sind zudem von schlanker Gestalt; man spricht von Sexualdimorphismus. Bei einigen Familien schmarotzen die Zwergmännchen ein Leben lang an den Weibchen. Während ihrer Jugend entsteht aus vergrößerten Hautzähnen eine Beißzange. Sie heften sich – vermutlich chemisch angelockt – an ein junges Weibchen an, das dann an der Andockstelle vermehrt Gefäße ausbildet, fast wie in einer Gebärmutter. Diese verschmelzen mit denen des Männchens, so dass es über das Blut des Weibchens mit Nährstoffen versorgt wird. Aus dem ersten Rückenflossenstrahl entsteht ein Basalknochen, mit dem das Männchen den Druck auf die Anheftungsstelle und damit die Blutzufuhr modulieren kann. Seine Augen, die Zähne und der Darm verkümmern; die Kiemen bleiben jedoch funktionsfähig. Beim Riesen- oder Grönlandangler (
Ceratias holboelli
), der in allen drei Ozeanen in 1500–2500 m Tiefe vorkommt, bringen es die Männchen auf nur 8–18 cm, während die Weibchen gut 1 m erreichen können. Am Bauch eines nur 7 cm großen Weibchens der Art
Edriolychnus schmidti
fand man gleich drei Männchen von je 1,8 cm Länge. Bei anderen Tiefseeanglern sind die Männchen zwar ebenfalls zwergenhaft, aber sie ernähren sich selbst.
Das Anheften an die Weibchen ist eine Anpassung an die unendlichen Weiten der Tiefsee, in denen eine spätere P nersuche chancenlos wäre. Über die Eiablage weiß man wenig, aber die Brut lebt in den oberen Wasserschichten von Krebschen und anderem Zooplankton. Schon die Larven der Weibchen
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