Meere - Tierparadiese unserer Erde
kein Mangel. Und während in der Hochsee das Planktonwachstum oft dadurch begrenzt wird, dass essenzielle Spurenelemente (etwa Eisen) in der lichtdurchfluteten Oberflächenschicht, der sog. photischen Zone, nicht ausreichen, sind diese biolimitierenden Substanzen in den Schelfmeeren meist in genügender Menge vorhanden: Von der nahen Küste werden durch Flüsse und auch durch den Staub der Luft Mineralien eingetragen. So ist die Produktivität des Planktons in den Küstenregionen wesentlich höher als in den meisten Hochseeregionen.
Die Schelfmeere zeichnet ein weiterer Faktor aus. Sie sind so flach, dass das Sonnenlicht meist bis zum Meeresboden für die Photosynthese ausreichend ist. Daher überleben auch am Boden festgewachsene, mehrzellige Pflanzen. Seegrasmatten und Tangwälder aus riesigen Algen bieten nicht nur Nahrung, sondern auch Schutz für Tiere.
Dank des Nahrungsreichtums und der relativ kleinräumig gegliederten und vielfältigen Lebensräume ist also sowohl die Produktivität als auch die Artenvielfalt der Schelfmeere oft sehr hoch. Nicht nur Meerestiere nutzen dieses Potenzial. Da die Küste nicht fern ist, finden auch vom Land abhängige Tiere wie Seevögel oder Robben hier ihre Nahrung.
Ohrenquallen: im freien Wasser schwebend
Vielen Urlaubern ist nicht bekannt, dass die Ohrenqualle, die ihnen oft nur als unansehnlicher Geleeklumpen am Strand begegnet, für Menschen völlig ungefährlich ist, da ihre Nesselfäden die menschliche Haut nicht durchdringen. Welch eigentümlichen Lebenszyklus sie durchlaufen und wie viel Plankton sie vertilgt hat, bevor sie vor unseren Augen auf dem Sand verendet ist, ahnen die wenigsten.
© istockphoto.com/Nancy Ross
Ohrenquallen - durchsichtige Geleeklumpen
Mit wehenden Fahnen
Die Ohrenquallen (
Aurelia aurita
) gehören zur Ordnung der Fahnenquallen und zur Klasse der Scheibenquallen. Ihr transparenter, oft rötlich oder blauviolett angehauchter Schirm erreicht einen Durchmesser von max. 40 cm. Die Fahnenquallen verdanken ihren Namen den Hautstreifen, welche die vier zu langen Mundarmen ausgezogenen Kanten des Mundrohres säumen und sich fahnenartig kräuseln. Die meisten der rd. 50 Arten leben pelagisch – also schwebend – in den oberen Wasserschichten. Allerdings können sich die Quallen durchaus aktiv und sehr ausdauernd fortbewegen, indem sie den Schirm rhythmisch zusammenziehen.
Der Schirm ist mit einer knorpelartigen Gallerte gefüllt, die ihm mechanische Widerstandskraft verleiht. Der Rand ist durch Kerben in acht Lappen gegliedert, die auch die Sinneskörper enthalten: Riechgruben, Gleichgewichts- und Lichtsinnesorgane. Die Schwerkraft wird mithilfe von »Kristallpendeln«geortet, sog. Statocysten, deren Verschiebung bei einer Schräglage im Wasser von den Sinneszellen wahrgenommen wird. Während die meisten Scheibenquallen mit einfachen Augenflecken auskommen, die nur Helligkeitsunterschiede registrieren, trägt die Ohrenqualle zusätzlich auf jedem ihrer acht Sinneskolben ein Grubenauge, das ein genaueres Richtungssehen ermöglicht.
Eifrige Planktonfresser
Dank ihrer Körpersymmetrie kann die Ohrenqualle ohne Verzögerung auf Futter oder Gefahren aus allen Richtungen reagieren; mangels eines Gehirns arbeiten ihre Teile dabei weitgehend autonom. Kleine Fische, Würmer, Krebschen, Schneckenlarven und anderes mittelgroßes Plankton werden mit dem schwachen Nesselgift gelähmt, mit den Mundarmen in den kreuzförmigen Mund an der Schirmunterseite befördert und durch Verdauungssäfte zersetzt, die aus den Drüsenfilamenten der vier Magenscheidewände abgesondert werden. Ein dichtes Netzwerk von Kanälen strahlt vom Magenraum bis zum Schirmrand aus und verteilt die Nährlösung. Einzeller und andere kleine Partikel werden von der ganzen Körperoberfläche eingefangen: Sie bleiben am Schleim haften und werden von Wimpern zum Schirmrand transportiert: Von dort gelangen sie durch Wimpergräben in acht Futtergruben, die zwischen den Sinneskolben liegen. Sind diese voll, strudeln die Mundarme die Nahrung zum Mund.
Vermehrung in Küstennähe
Die Ohrenqualle hat vier ohren- oder bogenförmige, bunte Keimdrüsen, die in den Magen hineinragen. Zur Paarungszeit stoßen die getrenntgeschlechtlichen Tiere ihre Ei- und Samenzellen durch den Mund aus. Das im Wasser befruchtete Ei entwickelt sich zunächst zu einer sog. Planula-Larve, die gut eine Woche planktonisch lebt, sich dann auf einem Tangwedel, einem Fels oder einer Muschelschale festsetzt und
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