Meere - Tierparadiese unserer Erde
verwandelt. Der 2–7 mm kleine Polyp, der nun entsteht, gedeiht in 1–20 m Tiefe. Nur in den oberen Wasserschichten treiben genug Einzeller, Kleinkrebse und Schneckenlarven, die er mit seinen 4–16 Tentakeln ergreifen und verspeisen kann. Es folgt eine ungeschlechtliche Vermehrung: Die Tentakel bilden sich zurück und nahe der Mundscheibe entstehen durch ringförmige Einschnürung nach und nach bis zu 30 sog. Ephyra-Larven, die sich ablösen und durch Schläge ihrer Randlappen davonschwimmen.
Profiteure unserer Misswirtschaft?
Dieser Zyklus aus beweglichen und festsitzenden Stadien wird in kühlen Gewässern einmal im Jahr durchlaufen und sorgt – im Verbund mit den jahreszeitlichen Meeresströmungen – für regelmäßige »Quallenblüten«. Aus vielen Gegenden wird zudem über eine nahezu plageähnliche Zunahme mancher Quallenarten berichtet.
Für diese Entwicklung sind z. T. die Menschen selbst verantwortlich: Quallen sind nicht nur Fressfeinde oder Beute von Fischen und anderen Meerestieren (sie werden u. a. von Meeresschildkröten, Fledermausfischen und Sonnenbarschen verspeist), sie sind vor allem Nahrungskonkurrenten. Wird der Bestand an großen Räubern am Ende der Nahrungskette durch Überfischung reduziert, so bleibt mehr Futter für die Nesseltiere übrig. Außerdem gelangen durch Abwassereinleitung zahlreiche anorganische und organische Nährstoffe in die Küstengewässer, mit denen das Plankton geradezu gedüngt wird, so dass auch die Quallen durch das große Nahrungsangebot bestens gedeihen.
Ohrenqualle
Aurelia aurita
Klasse Scheiben- oder Schirmquallen
Ordnung Fahnenquallen
Familie Ulmaridae
Verbreitung im amerikanischen und europäischen Küstenbereich des Atlantiks
Maße Schirmdurchmesser bis 40 cm
Nahrung Plankton, Würmer, Krebschen, Schneckenlarven und kleine Fische bis etwa 5 cm Länge
Geschlechtsreife mit etwa 9 Monaten
Zahl der Jungen 30–50
Die Sepia: Chamäleon des Schelfs
Die Sepia, einen Kopffüßer aus der Familie der Sepiidae, bekommt man selten zu Gesicht, selbst wenn man im Urlaub vor der Küste schnorchelt. Denn fast alle der etwa 80 Arten bleiben nach Möglichkeit am oder im Boden, an den sie sich farblich und sogar von der Hautstruktur her anpassen.
© istockphoto.com/Daniel Hyams
Sepien leben hauptsächlich am Meeresboden.
Optimale Anpassung
Die Sepien, die zur Ordnung der Zehnarmigen Tintenschnecken (Decabrachia) gehören, können die Pigmentzellen in ihrer Haut zusammenziehen und ausdehnen. Wie bei den Chamäleons drückt sich so ihre Stimmung aus. Darüber hinaus können sich Tintenfische rasch an ihren aktuellen Untergrund anpassen. Das geht so weit, dass ihre Haut Grübchen, Warzen oder Runzeln ausbildet, wenn die Umgebung eine raue Textur hat.
Außerdem graben sie sich in den Sand ein, indem sie ihre Flossensäume schütteln, in die so geschaffene Grube sinken und sich vom aufgewirbelten Material bedecken lassen. So entziehen sie sich ihren zahlreichen Fressfeinden und lauern Krebsen und Fischen auf. Diese ergreifen sie mit ihren beiden langen Fangarmen, die – anders als die restlichen acht Arme – in Taschen versenkt sind und bei Bedarf abrupt hervorschnellen. An ihren verdickten Endkeulen sitzen besonders viele Saugnäpfe, in denen durch Muskelkontraktion ein Unterdruck aufgebaut wird. Der harte »Papageienschnabel« aus Chitin knackt Krebspanzer, Muschel- und Schneckenschalen mühelos auf.
Verdunkelungstaktik
Wenn die Sepie vom Boden aufsteigt, setzt sie zum Schwimmen neben kaum merklichen Flossenbewegungen auch das Rückstoßprinzip ein: Zwischen Kopf und Rumpf ragt ein schlotartiger Trichter hervor, durch den das Wasser aus den Kiemen ausgestoßen wird. Indem sie ihn in eine bestimmte Richtung hält, bestimmt die Sepie ihren Kurs, durch den Druck regelt sie ihr Tempo.
Noch ist unklar, ob Sepien tatsächlich – wie in Aquarien beobachtet – nachtaktiv sind: Das passt schlecht zu ihren exzellenten, zum Farbsehen fähigen Augen mit den markanten omegaförmigen Pupillen, die ihnen im Finstern nicht helfen würden. Entweder ist ihnen die künstliche Beleuchtung vieler Aquarien zu grell, so dass sie sich gegen ihre Natur tags verkriechen, oder sie orientieren sich im Meer mit einem anderen Sinn. In Frage käme das erst kürzlich bei Sepien und Kalmaren entdeckte Seitenlinienorgan, das die Druckwellen ortet, die von anderen Schwimmern ausgehen. Augen wie Seitenlinien sind Musterbeispiele für Konvergenz, also die Evolution ähnlicher Strukturen
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