Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
Vom Netzwerk:
öffnete Suppendosen fürs Abendessen. Ein gutes Mädchen. Keine Probleme, dachte er wieder.
    Aber nun hatte sie irgendwelche Probleme. Henry sagte, sie sei die ganze Woche nicht zur Arbeit erschienen.
    »Vielleicht sollten wir ausgehen«, schlug er vor. »Zum Essen. Damit du mal Pause machen kannst.«
    Ihre grünen Augen – grün wie Gras, grüner, als er sie in Erinnerung hatte – weiteten sich. »Warum?«
    »Du warst krank«, erwiderte er barsch. »Du warst nicht du selbst.«
    »Nicht ich selbst«, wiederholte sie.
    Er würde sie nicht an die Bar im Inn mitnehmen, beschloss er. Sie würden zu Antonia gehen. »Vielleicht geht’s dir besser, wenn du ein gutes Essen in den Magen bekommst.«
    Ihre Tränen trockneten wie von Zauberhand. »Es wird mir besser gehen.«
    Er war unerklärlicherweise erfreut über sich und sie. »Und morgen gehst du wieder in die Schule.«
    Sie starrte ihn mit ausdruckslosem Gesicht an.
    Sein Mund wurde trocken vor Panik. War ihr in der Schule etwas zugestoßen? Etwas, das sie ihm nicht sagen konnte? Vielleicht war sie entlassen worden oder … Schnell verdrängte er all die Dinge, die einem Mädchen widerfahren konnten, all die Gefahren, vor denen sie zu beschützen er nie in der Lage gewesen war.
    »Schule«, sagte sie plötzlich und lächelte. »Lernen.«
    Er stieß die Hände in die Jackentaschen. »Unterrichten.«
    »Unterrichten und lernen.«
    »Richtig.« Ja, warum nicht? »Das ist besser, als zu Hause herumzusitzen wie dein alter Herr.«
    Sie lächelte, und ein Anflug von Schalk huschte über ihr Gesicht. »Wenn du ein gutes Essen in den Magen bekommst, geht’s dir vielleicht besser.«
    Er schmunzelte und fühlte sich schon jetzt besser, als er sich seit langem gefühlt hatte.
     
    Conns Blick schweifte von Madadhs Körper, der schlaff auf dem Kopfsteinpflaster lag, zu Lucys weißem, aufgewühltem Gesicht. Eine Sekunde lang hörte sein Herz, gelähmt vor Entsetzen, einfach auf zu schlagen.
    Gau lächelte quer über den Hof. Spottend. Er trieb sein Spiel mit ihm.
    Wut wallte in Conn auf wie eine Sturmflut und schwemmte alles fort, was sich ihr in den Weg stellte.
    Mit einem Knurren zog er die Lippen von den Zähnen. »Haltet ihn fest.«
    Gaus Gestalt flackerte. Vielleicht war es ein Effekt des Sonnenlichts, jedenfalls wirkte der Dämonlord fast erschüttert. »Ich bin ein Abgesandter. Ihr seid nicht befugt, mich festzuhalten.«
    »Mein Reich«, entgegnete Conn. »Meine Regeln.«
    Ein Seufzen fuhr durch Gaus Kohorte. Der stechende Geruch der Dämonen lag über dem Hof wie Rauch. In dieser wabernden, flirrenden Masse konnte sich jeder von ihnen davonstehlen. Jeder von ihnen konnte die Gelegenheit dieser winzigen Sekunde, diesen Moment menschlicher Schwäche genutzt haben, um in Lucy zu fahren und sie in Besitz zu nehmen, sich in ihrem großen, schlanken Körper einzunisten und sie ihres freien Willens zu berauben.
    Conn streckte die Fühler aus, spürte mit all seinen Sinnen, aber er konnte keinen dämonischen Makel, keinen Fingerabdruck der Hölle an ihr entdecken. Was auch immer man versucht haben mochte, sie war nicht besessen.
    Seine Angst wurde kleiner. Seine Wut nicht.
    Gau verzerrte seine geborgten Gesichtszüge zu einem Ausdruck gequälter Überraschung. »Ihr würdet doch die Entspannung zwischen uns nicht aufs Spiel setzen für … einen Hund?«
    »Meinen Hund«, sagte Conn.
    Meine Frau.
    Er sah nicht noch einmal zu Lucy. Er wollte die Aufmerksamkeit des Dämons nicht auf sie lenken. Aber ihm war schmerzlich bewusst, dass sie sich tiefer in den Schatten des Torbogens zurückzog, die Finger auf den Mund gepresst.
    »Ihr habt keinen Grund, mich festzuhalten«, protestierte Gau.
    »Betet, dass Ihr recht habt, Dämon«, erwiderte Conn grimmig. »Oder selbst die Hölle wird Euch nicht vor mir beschützen können.«
    »Ich habe aus Notwehr gehandelt«, erklärte Gau.
    »Schwachsinn«, widersprach Conn. »Ein Tier kann keinen Geist beißen.«
    Madadh.
    Nun, da seine große Angst geschwunden war, konnte Conn an den Hund denken. Fast ohne einen Blick für die Wächter, die ihm auswichen, war er in drei großen Schritten bei dem Tier. Der Hund war jung, stark, erst drei Jahre alt gewesen. Erst drei …
    Conn fiel auf die Knie.
    Gau lächelte höhnisch. »Eure Betroffenheit ist anrührend. Solche Gefühle hatte ich bei dem großen Herrn über die See nicht erwartet.«
    Conn ignorierte ihn, während seine Hände Herz, Läufe und Lungen des Hundes abtasteten. Madadh richtete ein

Weitere Kostenlose Bücher