Meeresrauschen
Delfinnixe besser als wir. Er weiß, wie sie ticken, und
deshalb …«
»Er hasst sie!«, unterbrach ich sie.
»Und sie ihn«, sagte Ruby.
»Gordy hätte jedenfalls allen Grund dazu.«
»Klar, weil Cyril versucht hat, euch auseinanderzubringen.«
»Und das nicht nur einmal«, entgegnete ich. »Heute Morgen
hat er mich geküsst. Ich betone:
richtig
geküsst!«
Rubys Augenbrauen schoben sich über der Nasenwurzel
zusammen und ihr Blick verdunkelte sich. »Das heißt im Umkehrschluss:
Du hast dich küssen lassen, oder?«
»Ja, leider. Nixe haben nämlich gewisse magische Fähigkeiten,
musst du wissen, und die setzen sie auch ein, wenn du
verstehst, was ich meine …«
»Nicht ganz.«
Ashton hob seine Hand. »Ich übrigens auch nicht.«
»Cyril kann Gedanken lesen …«
Jetzt wurden Rubys Augen riesengroß. »Was?«
»… und Gefühle beeinflussen«, fuhr ich fort. »Er hat mich total eingelullt. Und er hat es einzig und allein aus dem Grund
getan, weil er wusste, dass Gordy in der Nähe war.«
Rubys Blick wanderte kurz zu Ashton hinüber und schließlich
wieder zu mir. »Heißt das, Gordian ist wieder da?«
»Jep.«
»Und er hat gesehen, wie Cyril und du … wie ihr euch geküsst
habt?«
»Ja«, sagte ich. »Leider. Mittlerweile ist aber alles okay. Wir
haben uns ausgesprochen«, fügte ich hastig hinzu, um weiteren
Fragen vorzubeugen. Und solch unwesentliche Details wie beispielsweise
den Umstand, dass ich halbnackt ins tosende Meer
gesprungen war, würde ich Ruby gegenüber ohnehin besser
nicht erwähnen.
»Und wo ist er jetzt?«, wollte sie wissen.
»Im Bad«, sagte ich.
»Im …« Ruby schluckte und deutete auf die Tür am anderen
Ende des Raumes. »Hier?« Die Neugier stand ihr in Leuchtbuchstaben
auf die Stirn geschrieben.
»Ja«, sagte ich und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
»Ähm …«, stammelte sie. »Und wieso ist er im Bad?«
»Er liegt in der Wanne und pflegt seine Schwanzflosse«, erwiderte
ich trocken.
»D-das will ich sehen«, sagte Ashton und arbeitete sich zuckend
aus seinem Sessel hoch.
»Mann, das war doch nur Spaß«, meinte Ruby kichernd.
»D-danke, Einstein«, entgegnete Ashton und schlenkerte
extra übertrieben mit dem rechten Arm. Er grinste Ruby an
und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »K-kann man ihn
besichtigen
?«, fragte er an mich gewandt.
Ich grinste ebenfalls. »Ich werde ihn fragen.«
Die Aufregung von Ruby und Ashton war auf mich übergesprungen,
mein Herz pochte schnell und fest, als ich die Badezimmertür
öffnete und meinen Kopf durch den Spalt steckte.
Gordian saß auf dem Wannenrand und sah mich fragend
an.
»Hey«, sagte ich leise. »Es war nicht Tante Grace. Es sind
Ruby und Ashton. Sie würden dich gern kennenlernen.« Ich
drückte die Tür ganz auf und ging langsam auf ihn zu. »Sie
sind meine Freunde«, setzte ich hinzu. »Sie wissen alles. Ich bin
sicher, du wirst sie mögen.«
Gordy erhob sich ebenso langsam. »Elodie«, flüsterte er,
legte die Hände um mein Gesicht und sah mir tief in die
Augen.
»Keine Angst«, wisperte ich. »Natürlich sind sie sehr gespannt
auf dich, aber sie werden dich nicht beglotzen.«
Er lächelte sein Grübchenlächeln, in seinen Pupillen blitzte
es und sofort war ich vollkommen gelassen und wie immer
auch ein bisschen benebelt.
»Ich verspreche dir, ich werde sie
ebenfalls
nicht beglotzen«,
murmelte Gordy, »diese
komischen
Menschen.«
Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Nase und einen auf den
Mund, dann schnappte ich mir seine Hand und zog ihn in den
Wohnraum hinüber.
Ruby und Ashton hatten sich auf dem Sofa niedergelassen
und auch Ashton hatte seinen Arm um Ruby geschlungen.
Sie versuchten, lässig zu wirken, doch ihre Anspannung war
deutlich zu spüren.
»Hallo!«, platzte Ruby heraus. Sie schnellte hoch und streckte
Gordy ihre Hand entgegen. »Ich bin Ruby. Und dieser verrückte
Kerl dort ist mein über alles geliebter Freund Ashton.«
Gordians Augen glänzten vor Freude. Lächelnd ergriff er
ihre Hand und betrachtete sie eingehend.
Ruby errötete zart. »Ja, ähm … also …«, stammelte sie sichtlich
verlegen.
»Na komm, lass sie wieder los«, forderte ich ihn auf. »Du
hast mir versprochen, sie nicht anzustarren.«
Gordy runzelte die Stirn und sah nicht weniger verunsichert
aus als Ruby. Und plötzlich fiel bei mir der Groschen.
»Oh, also, jaaa … so begrüßt man sich bei uns«, erklärte ich
ihm. »Man reicht sich die Hand.«
»Ach so«, sagte Gordy, hielt Ruby aber weiter
Weitere Kostenlose Bücher