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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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der vertrauten
Wärme, die von ihm ausging, schmolzen mein Schmerz und
meine Wut dahin wie Butter in der Sonne.
    »Du bist ein Schwein«, sagte ich schluchzend, während ich mich fest in sein Sweatshirt krallte, weil ich irgendetwas
brauchte, das mir Halt gab.
    »Alles, was du willst«, murmelte Gordy.
    »Ts!« Jetzt musste ich unter Tränen lachen.
    »Was ist das überhaupt – ein Schwein?«, fragte er stirnrunzelnd.
    »Ein dickes, rosafarbenes Tier, das grunzt und Abfall frisst«,
sagte ich und stupste ihn in den Bauch.
    »Klingt nett«, meinte er. »Und nützlich.«
    »Ist es auch.« Ich wischte mir die restlichen Tränen fort und
kramte ein Papiertaschentuch hervor, um mir die Nase zu
schnäuzen.
    »Okay«, sagte Gordy. »Fahren wir nach Hause.«
    »Hm ja.« Ich rang mir ein Lächeln ab. »Gute Idee.«
    »Hast du eine Ahnung, wie lange es dauert, bis dieser Bus
kommt?«, fragte er.
    »Nein«, gab ich schulterzuckend zurück. »Wir müssen ja
auch noch mein Fahrrad vom Strand holen. Wenn ich es vergesse,
reißt mir Tante Grace bestimmt den Kopf ab.«
    »Glaub ich nicht«, erwiderte Gordian mit ernstem Gesicht.
»So etwas Grausames wird sie ganz gewiss nicht tun.«
    Ich drückte ihm meinen Ellenbogen in die Seite. »Das war
doch nur ein Scherz«, kicherte ich. »Aber sie wird auch nicht
gerade erfreut sein, wenn ich ohne das Fahrrad heimkomme.
Ich habe ihr nämlich erzählt, dass ich es Cyril geliehen habe
und …«
    Ich brach ab, weil ich spürte, wie Gordy zusammenzuckte.
    »Du kriegst ihn einfach nicht aus dem Kopf, was?«
    Ich wollte ehrlich sein und deshalb sagte ich: »Nein.«
    Dabei stimmte es gar nicht. Jedenfalls nicht so. Denn eigentlich dachte ich kaum noch an Cyril. Insofern war er auch nicht
in meinem Kopf. Vielmehr hatte er sich in einer winzigen, verwinkelten
Ecke meines Herzens eingenistet, und dort hockte
er nun wie ein kleines flirrendes Licht, das schmerzhafte Funken
versprühte. Ich wollte ihn hassen, aber ich bekam es nicht
hin, und noch weniger wusste ich, wie ich das Gordy erklären
sollte.
    »Es ist nur … ich möchte einfach bloß wissen, warum er mir
das antut«, stammelte ich.
    »Das ist doch ganz einfach, Elodie«, zischte Gordy. »Er hat
sich in dich verliebt … Was ich ihm nicht einmal verübeln
kann. Und weil ich nicht nur sein Konkurrent, sondern auch
noch sein Feind bin, tut er alles, um mir zu schaden und uns
auseinanderzubringen.«
    »Nein«, sagte ich, selbst ganz überrascht von meiner Entschiedenheit.
»Das ist mir zu einfach. Ich bin sicher, dass noch
etwas anderes dahintersteckt.«
    Etwas, das Cyrils destruktives Verhalten rechtfertigte, das
mehr war als pures Besitzdenken oder Eifersucht. Ich wünschte
mir so sehr, mich nicht in ihm getäuscht zu haben, und noch
viel mehr wünschte ich mir, dass Gordy und er irgendwann
Frieden schließen könnten. Natürlich war mir klar, dass das
naiv war, eine völlig illusorische Vorstellung. Und trotzdem:
Ich wollte die Hoffnung auf ein gutes Ende nicht aufgeben. –
Noch nicht.
    »Und was, bitte, soll das sein?«, fragte Gordy harsch.
    Sein Tonfall traf mich hart.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich. »Es ist nur so ein Gefühl.«
    Gordian nickte. »Hm, du weißt es also nicht. Aber du bist
entschlossen, es herauszufinden. Habe ich recht?« Er sah mich durchdringend an, so als versuche er, hinter meine Stirn zu
schauen und meine Gedanken zu lesen.
    »Ja, vielleicht.«
    »Und warum kannst du diese Sache nicht einfach auf sich
beruhen lassen?«, fragte er gepresst.
    »Weil Cyril keine Sache ist«, entgegnete ich zornig. »Er hat
mir immerhin mal etwas bedeutet und …«
    »Er bedeutet dir
immer
noch was!«, fuhr Gordy dazwischen.
    »Ja, verdammt!«, brach es aus mir hervor. »Das tut er! Aber
es ist doch nicht das Gleiche, was ich für dich empfinde! Es ist
nicht einmal annähernd das Gleiche!«
    Gordy schluckte, dann wandte er sich ab, starrte auf die
Pflastersteine und murmelte: »Ich könnte es ertragen, wenn
du dich in einen
Menschen
verliebst … Wenn du dich eines
Tages dafür entscheidest, dass es besser ist, nicht mit mir zusammen
zu sein.«
    »Gordy, bitte hör auf damit«, flehte ich ihn an und nahm
zögernd seine Hand, darauf gefasst, dass er sie mir sofort wieder
entziehen würde. Aber er tat es nicht. »Ich will nur dich.
Niemanden sonst. Und ich will dich für immer. Hast du das
nicht verstanden?« Die Stimme brach mir weg, und ich hatte
Mühe, den Satz zu Ende zu sprechen. »Ich möchte auch nicht
mit dir streiten.

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