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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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war genauso glatt und makellos wie damals, als ich
ihn am Lübecker Flughafen getroffen hatte.
    »Natürlich«, sagte ich. »Wir haben doch nebeneinandergesessen,
vor ungefähr fünf Wochen im Flieger von Gatwick
nach Guernsey.«
    Mister Spinx hob die Augenbrauen. »Ach, tatsächlich?«
    »Ja, vielleicht erinnern Sie sich: Ich bin dieses verrückte
Mädchen, das Angst vor Wasser hat, und Sie haben sich doch
noch darüber gewundert, dass ich trotzdem sechs Monate auf
dieser Insel hier verbringen will.«
    »Hm«, machte er und kratzte sich mit seiner freien Hand an
der Schläfe. In der anderen trug er einen flachen dunkelbraunen
Lederkoffer. »Wissen Sie, ich fliege jeden Tag, da passiert
es schon mal, dass ich ein Gesicht vergesse.«
    Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Ein Gesicht vergaß man vielleicht, wenn man ständig mit vielen verschiedenen
Menschen zu tun hatte, aber eine gemeinsame Fahrt mit dem
Taxi und anschließendem Flug inklusive einer Unterhaltung,
die alles in allem über eine Stunde gedauert hatte – nein, das
konnte ich einfach nicht glauben. Ich war sicher, dass er mich
erkannt hatte. Und nicht nur das! Keine Ahnung, wie, aber
er
hatte dafür gesorgt, dass ich nicht von einem der Autos erfasst
wurde, als ich eben über die Straße rannte. Javen Spinx hatte
mir das Leben gerettet.
    »Bitte verstehen Sie mich nicht falsch«, sagte er jetzt. »Sie
sind ungewöhnlich hübsch und allein deshalb sollte ich mich
eigentlich an Sie erinnern …«
    »Sie kannten meine Mutter«, fiel ich ihm ungehalten ins
Wort. »Sie waren mit ihr befreundet. Allerdings ist das schon
ein paar Jahre her.«
    Wieder bogen sich seine Brauen nach oben. »So? Wie heißt
denn Ihre Mutter?«
    »Rafaela. Rafaela Saller.«
    Mister Spinx schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber diesen
Namen habe ich nie gehört.« Er nickte mir kurz zu. »Wenn Sie
mich jetzt bitte entschuldigen würden …«
    »Nein«, platzte ich heraus und eine leichte Irritation machte
sich auf seinem Gesicht breit.
    »Wie bitte?«, fragte er und jetzt umspielte ein Hauch von
Belustigung seine Mundwinkel.
    »Warum tun Sie das?«
    Wieder schüttelte er den Kopf. »Was meinen Sie?«
    »Warum leugnen Sie, mich zu kennen?«, fuhr ich ihn an.
»Mich und meine Mutter? Immerhin hatten Sie beide damals
beinahe so etwas wie ein intimes Verhältnis!« In dem Moment, als es heraus war, hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen.
    »Oh«, sagte Javen Spinx und nun lächelte er über das ganze
Gesicht. »Umso beschämender, dass ich mich nicht an sie erinnere.
Es ist mir wirklich schrecklich peinlich. Aber zu meiner
Entschuldigung möchte ich anmerken, dass es hin und
wieder vorkommen mag, dass sich die eine oder andere junge
Dame in etwas hineinträumt, das nicht ganz den Tatsachen
entspricht.«
    Völlig konsterniert starrte ich ihn an. Für einen Augenblick
glaubte ich tatsächlich, nicht richtig gehört zu haben. Der
Javen Spinx, der hier gerade vor mir stand, war ein völlig anderer
als jener, den ich auf meiner Hinreise kennengelernt hatte.
Okay, er war genauso gut aussehend, smart und geheimnisvoll
und auch ebenso freundlich – mit dem Unterschied jedoch,
dass eben diese Freundlichkeit diesmal mit lauter Anmaßungen
gespickt war.
    Ehe ich etwas Passendes erwidern konnte, hatte er bereits
»Verzeihen Sie, aber ich habe es ein wenig eilig« gesagt, mich
mit einem weiteren, leicht frostigen Lächeln bedacht und sich
abgewandt.
    »Und warum haben Sie mir dann das Leben gerettet?«, rief
ich ihm hinterher.
    Ruckartig fuhr Javen Spinx herum.
    »Ich möchte Sie höflichst bitten,
junge Dame
, mich nicht weiter
zu belästigen.« Sein Tonfall war noch genauso einnehmend
wie zuvor, doch seine Augen funkelten drohend, und ich kapierte
allmählich, dass es keinen Sinn hatte, weiter in ihn zu
dringen. Trotzdem wollte ich mich nicht so einfach abspeisen
lassen.
    »Meinetwegen können Sie behaupten, was Sie wollen«, sagte
ich mit fester Stimme. »Ich weiß, wer Sie sind.« Und ich weiß
auch,
was
Sie sind, fügte ich in Gedanken hinzu.
    »Da sind Sie nicht die Einzige, junge Dame«, entgegnete
er kühl. »Eine gewisse Prominenz bringt bedauerlicherweise
immer auch gewisse Unannehmlichkeiten mit sich.«
    Mit dieser Unverschämtheit verschlug er mir endgültig die
Sprache. Wut kochte in mir hoch und legte sich glühend auf
meine Wangen. Nur zu gerne wäre ich auf ihn zugesprungen
und hätte ihn mit meinen Fäusten traktiert. Das letzte Mal, als
ich in eine solche Situation

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