Meerestochter
anderswo wichtigen Geschäften nachzugehen, und hätten die Nixe vergessen.
So aber standen sie immer noch da, die Hände in die Hüften gestemmt, und lachten und redeten dummes Zeug.
Ondra verstand nicht, was sie sagten, aber es gefiel ihr nicht. Das hier waren die Typen, die sie von den Festen kannte, die mit den Seelen wie Fischhaut, mit den lauten Stimmen und den groben Händen. Die, die ihre Angeln ins Wasser hielten zum puren Vergnügen. Wegen denen war sie nicht hier.
«Weg!», schrie sie und fegte mit der Hand einen Behälter mit Keschern zu Boden. Er fiel scheppernd um und brachte die Clique für einen Moment zum Schweigen. Das tat gut. Ondra packte als Nächstes ein Drahtgestell mit Ködern und rüttelte daran.
«He, was hast du vor?» Pete war langsam im Kopf, aber dass seine Ware kaputtging, das begriff auch er. «Ned, darf sie das? Das darf sie doch nicht.»
«Schwachkopf», sagte Ned und warf seinen Zigarettenstummel weg, um die Hände frei zu haben.
«Die ist voll auf Drogen, sag ich euch.» Tom schien das Ganze eher zu amüsieren. Sein Blick klebte auf Ondras Dekolleté, das wogte, während sie an dem Gestell zerrte.
«Was glaubst du eigentlich, was du da machst?» Das war Patrick Morgan, der aus seinem Laden gestürmt kam. Sein Sohn stand hinter ihm in der Tür und betrachtete die Szene mit verschränkten Armen.
«Schon gut, schon gut. Ich kümmere mich darum.» Atemlos kam Adrian endlich dazu. Er hob beide Hände, als müsste er eine ganze Menschenmasse beschwichtigen. «Tut mir leid», sagte er und wiederholte dann, an Pete gerichtet, «ich bezahle den Schaden.»
«Ist ja nichts passiert», murmelte Pete, der begann, die Keschertrommel wieder aufzurichten. «Ist nix kaputt, glaube ich.»
Ned hob einen zerrissenen Kescher hoch, und Adrian zückte wortlos seinen Geldbeutel.
Ondra hatte aufgehört mit ihrem Zerstörungswerk. Er war da. Sie hatte ihn weder gehört noch gespürt. Er hatte sich nicht angekündigt wie ein Seebeben, wie sie es sonst gewohnt war. Er war einfach aufgetaucht und stand nun vor ihr. Und ihr war, als müssten ihre frisch gewonnenen Beine versagten. Ihre Blicke trafen einander.
Zeit verging.
Ganz sacht lächelte erst Ondra, dann Adrian.
«He», sagte Ned nach einer Weile. Als das keine Wirkung zeigte, wedelte er mit dem zerrissenen Netz.
«Adrian?», fragte Maud, die sich jetzt zwischen den Männern durchdrängte.
Adrian öffnete den Mund. «Hi, Fischereigenossenschaft Nord», sagte er.
«Adrian, bei allen guten Geistern, bist du jetzt völlig übergeschnappt?» Maud wurde langsam wütend.
«Süd», verbesserte Ondra, erleichtert, dass ihr Zauber zumindest bei einem noch zu funktionieren schien. «Ich meine, ich heiße», sie hielt kurz inne. Was hatte nochmal auf dem Buch gestanden? Irgendwas mit «A» und dann … Sie holte tief Luft. «Christie, ich heiße Christie.»
«Christy, was für ein schöner Name.»
«Christy Turlington, da wette ich», kicherte Pete und bekam von Maud einen heftigen Rippenstoß.
Tom versuchte Ondra die Dose mit Fischködern zu entreißen, die sie noch immer umklammert hielt. Sie wehrte sich und drängte sich an Adrian. Der kam wieder zu sich. «Also das Netz und die Dose», sagte er und zückte einen Zwanzig-Pfund-Schein. «Passt das so, Pete?»
Verwirrt nahm der Junge das Geld.
«Na dann. Komm, Christy», sagte Adrian, an Ondra gewandt. Er wusste selbst kaum, wo er die Sicherheit hernahm. Er handelte einfach wie im Traum. Schützend den Arm um Ondra gelegt, geleitete er sie aus der Menge.
Maud schnappte nach Luft, als die beiden einfach so weggingen. Er hatte sich nicht einmal verabschiedet, ach was, nicht mal angesehen hatte er sie. Wenn er jetzt so wegginge, dann konnte er … dann konnte er … Sie war drauf und dran, ihm nachzurufen, was er sie mit Freuden konnte.
Ned legte ihr die Hand auf den Arm. «So musst du es machen», sagte er und wies mit dem Kinn auf das Paar. «Das nächste Mal.»
Maud stieß ihn weg. Aber es würde ein nächstes Mal geben. Oh ja, das würde es.
«Ma’m», sagte da Inspektor Knightley zu ihr. «Dürfte ich Sie einen Moment sprechen?»
Sie wirbelte herum und starrte ihn an.
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20. Kapitel
Adrian atmete auf, als sie den Pier verließen und auf den kleinen Weg zu Roses Cottage einbogen. Endlich würde ihnen niemand mehr nachstarren. Er nahm den Arm von Ondras Schultern, wenn auch ungern.
«Oh!» Ondra fühlte sich nackt, als sie mit einem Mal so ungeschützt neben
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