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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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hinter sich zu lassen – wie sehr sie dazu bereit war, hatte sie heute auf Ashtons Beerdigung bereits gezeigt.
    Ich war mächtig stolz auf sie, ein wenig beneidete ich sie aber auch. Denn im Gegensatz zu ihrem wurde mein Leben von Un gewissheiten beherrscht. Ich konnte noch immer alles verlieren. Meine Mutter, meine Tante, Cyril … vor allem aber Gordy.
    Und was noch viel schlimmer war: Ich konnte scheitern. Doch das würde ich mir nicht erlauben. Ich wollte genauso stark sein wie Ruby.

Der Wetterumschwung machte sich auch unterhalb der Meeres oberfläche bemerkbar. Das Wasser war trübe und aufgewühlt, und die Gegenströmung, die durch die Wellenbewegungen her vorgerufen wurde, ließ mich sehr viel schneller müde werden, als ich gedacht hatte.
    Probehalber schickte ich einen verschlüsselten Gedanken zu Cyril hinauf, bekam aber keine Antwort. Offenbar war eine Ver ständigung nur möglich, wenn wir uns beide im selben Element befanden. Den Versuch, ob es sich mit einem offenen Gedanken anders verhielt, sparte ich mir, da ich nicht unnötig die Aufmerk samkeit anderer Nixe auf mich ziehen wollte. Solange ich den dunklen Schemen des Surfbretts über mir sah, gab es für mich ohnehin keinen Anlass zur Sorge. Und sollten mich die Kräfte tatsächlich verlassen, würde ich einfach auftauchen und mich auf diese Weise bei Ruby und Cyril bemerkbar machen.
    Meine Gedanken wanderten zu Kyan. Ich fragte mich, wo er diesmal untergeschlüpft war und ob er womöglich etwas vom Treffen der Hainixe mitbekommen hatte.
    Und so, wie ich es ohnehin jede Sekunde tat, dachte ich natürlich auch an Gordian – und an Kirby. Die augenblicklich aufflammende Verzweiflung und die quälende Sehnsucht kämpfte ich entschlossen nieder. Wenn Kyan die beiden nicht getötet oder zumindest einen von ihnen verwundet hatte, mussten sie ganz in der Nähe sein. Vielleicht hatte sich inzwischen aber auch etwas ereignet, das sie gezwungen hatte, ihren ursprünglichen Plan zu ändern.
    Nach wie vor machte mich die Ungewissheit darüber schier ver rückt, und so setzte ich meine ganze Hoffnung darauf, dass Tyler aller Erwartungen zum Trotz ebenfalls zum Treffen erschien und möglicherweise etwas über Gordys Schicksal berichten konnte.
    Mindestens genauso sehr beschäftigte mich jedoch die Frage, wie viele Hainixe es überhaupt sein würden, wie sie auf mich re agierten und ob es mir gelang, sie auf Anhieb von meiner Frie densvision zu überzeugen. Wieder und wieder legte ich mir neue Worte zurecht, mit denen ich meine Argumente möglichst an schaulich zum Ausdruck bringen könnte, und war so sehr dar in vertieft, dass ich die Berührung an meinem Flossenansatz zunächst gar nicht richtig wahrnahm. Erst als der bekannte bren nende Schmerz von dort bis in meine Hüfte hinaufjagte, wirbelte ich herum.
    Ein kleiner Schwarm von höchstens zwanzig oder dreißig jun gen Sprotten hatte sich um meine Flosse geschart und zupfte dreist an meiner Wunde. Ich schlug ein paarmal kräftig mit der Schwanzflosse hin und her und die Fische stoben erschrocken auseinander. Doch kaum hatte ich den schwarzen Schatten von Cyrils Surfbrett über mir eingeholt und mein Tempo abermals verlangsamt, waren die lästigen Biester auch schon wieder da und fielen aufs Neue über meine Verletzung her.
    Haut ab, verdammt noch mal!, fauchte ich und begann, mir eine Sicherheitszone herbeizusehnen, wie Gerichte sie zuweilen den Opfern von Stalkern gewährten.
    Kaum hatte ich diesen Gedanken gefasst, da ließen die Sprot ten von mir ab. Ich wagte einen Blick über meine Schulter und sah, dass die Tiere halbkreisförmig von mir weggedrückt wurden. Vielen Dank, Meer, murmelte ich. Für dieses neue, überaus nützliche Talent. – Das mir hoffentlich nicht nur bei diesen harmlosen Fi schen, sondern vor allem in einer echten Gefahrensituation lebenswichtigen Schutz bieten konnte.

    Als wir an das Südende von Little Sark gelangten, hatte das Meer seinen Tiefstand nahezu erreicht. Mittlerweile regnete es kaum noch und an einigen Stellen war die Wolkendecke sogar aufgeris sen. Eine bizarre Landschaft aus unzähligen größeren und kleine ren spitzen Felsen ragte im Licht des noch fast runden Mondes aus dem Wasser auf. Dazwischen lagen feuchte Sandflächen, die teilweise knöchelhoch überflutet waren und Cyril und Ruby ein komfortables Anlanden ermöglichten.
    Ich zog mich an einem Klippenvorsprung aus dem Wasser, ver knotete meine Haut unter den Achseln und lief zu den beiden hinüber.
    »Es

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