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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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noch zwei oder drei von der Sorte da draußen.«
    Gordian drückte kurz meinen Arm. »Ich weiß.«
    Ein kurzes Lächeln, ein Atemzug, dann war er auch schon ver schwunden – und hinterließ ein unendlich beklemmendes Ge fühl der Leere in meinem Zimmer.

    Fünf Tage lang blieb alles ruhig. Trügerisch ruhig.
    Ich holte mir die Zeitung von Tante Grace nach oben und ließ stundenlang den Fernseher laufen, zappte mich von Kanal zu Kanal, doch es wurde kaum noch über Delfinmutationen und Meerbestien berichtet. Javen Spinx schien wie vom Erdboden ver schluckt, und von Ruby hörte ich, dass sich auch Cyril rarmachte. Anstatt zweimal täglich ließ er sich nun manchmal vierundzwan zig Stunden nicht bei ihr blicken, was ihr offenbar eher Anlass zur Sorge gab, als dass es ihren Seelenzustand verschlechterte. Auf ihre ängstliche Frage, ob Kyan inzwischen erledigt worden sei, er zählte ich ihr, dass zwei Haie mich angegriffen hätten, kaum dass ich ins Meer abgetaucht war, mir jedoch jemand zu Hilfe gekom men sei. Dass es Gordy gewesen war, verschwieg ich.
    Darüber, dass ich ihn an Kirby verloren hatte, wollte ich im Augenblick mit niemandem reden. Nicht einmal mit Ruby. Es tat einfach zu weh.

    Als ich am Morgen des 3. Juli erwachte, spürte ich sofort eine bei ßende Unruhe in mir. Die Bettdecke lag zu einem dicken Knäuel zusammengeknüllt neben mir und eines der beiden Kopfkissen war auf den Boden gefallen. Ich schwitzte, und obwohl ich mich an keinen Traum erinnern konnte, ging mein Puls ungewöhnlich hart und schnell.
    Ich sprang aus dem Bett und hob den Griff des Schiebefensters. Vor Kyan war ich vorläufig noch sicher, denn er würde das Meer erst wieder in der kommenden Nacht verlassen können, aber ich musste jederzeit mit einem neuen Angriff der Hainixe rechnen. Ich versicherte mich also, dass sich im Garten und auf den Klippen niemand herumtrieb, der dort nichts verloren hatte, erst dann zog ich das Fenster auf.
    Schwülwarme Luft schlug mir entgegen. Das fahle Graublau des Himmels, zum großen Teil von einem wirren grauweißen Wol kengespinst verdeckt, hatte etwas Unwirkliches, dafür kam mir das Meer umso präsenter vor. Still und lauernd lag es da, bereit, jede Sekunde seinen Schlund zu öffnen und alles zu verschlingen.
    Schaudernd wandte ich mich ab. Ich verriegelte das Fenster wie der, suchte ein paar Klamotten zusammen und schlüpfte ins Bad.
    Das Wochenende war noch sonnig und sehr warm gewesen, und ich hatte Tante Grace kaum begreiflich machen können, wieso ich keinen Zeh vor die Tür setzte und es sogar vorzog, die Mahlzeiten in der Küche einzunehmen anstatt im Garten auf der Veranda. Letztendlich überzeugte ich sie dann mit der Erklärung, dass die trockene, heiße Luft auf Dauer nichts für eine Nixe sei und es mir bei diesem Wetter in geschlossenen Räumen sehr viel besser ginge als draußen.
    Obwohl es keinen ersichtlichen Grund dafür gab, stieg meine Unruhe von Minute zu Minute. Ich fragte mich, wo Javen und Cyril sich versteckt hielten, was genau die Hainixe planten und wie Gordian es schaffen wollte, gegen sie und Kyan zu kämpfen. Er und Kirby mussten eine riesige Armee von Delfinen um sich geschart haben, die bereit waren, jeden Nix zu töten, der für sie oder die Menschen zur Gefahr wurde, ganz gleich, ob er den Hai en oder ihrer eigenen Art angehörte.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das gut ausging, und mit einem Mal kochte ein feiner Zorn in mir hoch, der meine Unruhe mit einem Schlag vertrieb.
    Wie hatte Gordian mich nur so ausbooten können! Und wieso hatte ich mir das gefallen lassen? Ich war doch diejenige, die den Delfinen Neerons Prophezeiung gebracht und erkannt hatte, dass Gordy und ich uns trennen mussten, wenn wir und mit uns Tau sende andere überleben sollten.
    Ich hatte alles geopfert für das Schicksal des Meeres, der Men schen und der Nixe. Und während Gordian eine neue Liebe ge funden hatte und nur noch darauf sann, Kyan zu töten und damit wohl endgültig sein Ansehen unter den Delfinnixen wiederher zustellen, hockte ich jetzt schon seit Tagen allein im Haus meiner Großtante, mit nichts als dem rühmlichen Auftrag betraut, mich herauszuhalten – und auf Kirbys Haut aufzupassen!

    Im Nachhinein hätte ich nicht mehr sagen können, wie ich es hinbekam, den ganzen Tag über bis zum Abend die Ruhe zu be wahren und mich Tante Grace gegenüber völlig normal, ja fast schon gelassen zu verhalten.
    Ich schaute drei Nachrichtenmagazine, um einen Aufruf an die

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