Meerestosen (German Edition)
meinen Hüften. Wärme und Leich tigkeit füllte mein Becken, und ein sanftes Kribbeln vertrieb die letzte Spur des Schmerzes, den ich schon fast nicht mehr als sol chen empfunden hatte.
»Was ist passiert?«, wisperte ich.
Das Türkis zog sich zurück und Gordians Augen entfernten sich ruckartig. »Du bist ins Meer getaucht, obwohl ich dich gebe ten hatte, es nicht zu tun.« Sein Tonfall war nun nicht mehr sanft.
»Das meine ich nicht«, sagte ich.
»Zwei Haie haben dich angegriffen.«
Die schwarzen Schatten! »Hast du sie erkannt?«, hauchte ich.
»Hmm, nachdem ich ihnen die Haut vom Leib geschält hat te …«, sagte Gordy grimmig.
»Und wer …?« Plötzlich packte mich die Angst, dass einer von ihnen Cyril gewesen sein könnte.
»Ich habe ihre Gesichter zum ersten Mal gesehen.«
Erleichtert dachte ich: Skint. Hoffentlich Skint.
»Sind sie tot?«
Anstatt mir mit einem schlichten Ja oder Nein zu antworten, zog Gordian eine Grimasse. »Ich weiß selbst, dass es nicht beson ders klug war«, knurrte er. »Aber hätte ich zusehen sollen, wie sie dich umbringen? Sie haben dich gegen die Klippen gerammt … so brutal, dass dein Becken auseinandergerissen ist.«
Ich richtete mich auf. Langsam und vorsichtig. Sollte mein Be cken tatsächlich eben noch gebrochen gewesen sein, so war davon nicht mehr das Geringste zu spüren. »Wieso warst du in meiner Nähe?«
Gordian stöhnte leise, dann schüttelte er unwillig den Kopf. »Ich bringe dich jetzt in dein Zimmer, und du versprichst mir, dich nicht mehr von dort wegzubewegen.«
»Darf ich nicht mal runter zu Tante Grace?«, fragte ich und blinzelte an ihm vorbei zum Meer. »Wo hast du Kirby gelassen?«
»Das ist unwichtig.«
Nein, das war es nicht. »Ich habe ihre Haut.«
Gordians Augen verengten sich. »Was?«
»Sie war in einen Felsspalt gerutscht.« Ich deutete in die Rich tung, in der ich sie gefunden hatte. »Zuerst wollte ich sie zerstören, aber dann habe ich sie in meine Hosentasche gesteckt, damit sie den Hainixen nicht in die Hände fällt.«
Gordy starrte mich mit ausdrucksloser Miene an. Ich konnte unmöglich ausmachen, was in ihm vorging.
»Gut«, meinte er schließlich und ließ den Blick suchend über die Felsen schweifen.
»Eine helle Shorts und ein gelbes Tank-Top«, sagte ich. »Irgend wo da vorn zwischen den Steinen.«
Ich hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da hatte er die Sa chen bereits entdeckt. Mit ein paar Sätzen war er dort, zog sie her vor und kam zu mir zurück. Er schob seine Hand in die Taschen der Shorts, zog Kirbys Haut hervor und betrachtete sie stirnrun zelnd.
»Gut«, sagte er dann noch einmal, faltete alles wieder zusam men und drückte es mir in die Hand. Im nächsten Moment hatte er mich bereits so sanft, als bestünde ich aus feinem, zerbrechli chem Glas, auf seinen Arm gehoben, und wenige Sekunden spä ter standen wir auf der Schwelle zu meinem Apartment.
Gordian ließ mich herunter, strich eher beiläufig über mei ne Schulter und wies dann auf das Klamottenbündel in meiner Hand. »Würdest du sie für mich aufbewahren?«, fragte er leise. »Bis alles vorbei ist?«
Ich sah ihn an und ertrank fast im Türkis seiner Augen.
Das war eine Bitte. Und ein Versprechen. Das Versprechen, dass er überleben würde. Dass er siegte und ich ihn zumindest ein Mal noch wiedersehen würde.
Sein Blick intensivierte sich. »Versprechen gegen Versprechen?«
Ich konnte gar nicht anders als nicken.
»Was ist mit meiner Großtante?«, wisperte ich.
Gordian runzelte die Stirn. »Wieso?«
»Sie liegt unten auf der Veranda und schläft. Ich möchte nicht, dass sie die ganze Nacht dort draußen verbringt.«
Er nickte. »Ich sorge dafür, dass sie aufwacht.«
»Okay«, sagte ich. »Okay. Pass auf dich auf. Aimee hat dich ver raten. Die Menschen hier wissen, dass du keinen Schatten wirfst.«
Wieder ein Nicken.
Unsere Blicke verhakten sich ineinander, und ich spürte, dass es nun an der Zeit war, Gordian von Ashtons Tod zu berichten. Bisher hatte ich es nicht angesprochen, denn immer war etwas anderes präsenter gewesen.
Das Türkis in Gordys Augen verdunkelte sich. In seiner Miene spiegelten sich Wut und Schmerz. Ich weiß, sagte er leise. Du trägst es in deinen Gedanken und in deinem Herzen.
In diesem Moment fühlte ich mich ihm so nah, dass ich es kaum aushielt, ihn gleich schon wieder gehen lassen zu müssen. Aber dann fiel mir noch etwas ein. »Kyan.«
»Was ist mit ihm?«
»Er ist ein Chamäleon. Außerdem gibt es
Weitere Kostenlose Bücher