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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Steinspalte stopfen, als ich plötzlich rechts von mir in einem Fels spalt etwas silbrig Schimmerndes bemerkte. Noch ehe ich die Fin ger danach ausstreckte, wusste ich, was es war: eine Delfinhaut. – Kirbys Delfinhaut!
    Vor Aufregung rauschte mir das Blut in den Ohren. Es war ein seltsames Gefühl, ihr Leben in der Hand zu haben, und für einen quälend langen Augenblick des inneren Kampfes war ich nahe daran, die Haut in Stücke zu reißen, aber in letzter Sekunde besann ich mich.
    Mir war inzwischen klar, was Kirby damals mit ihrer Drohung gemeint hatte, sie wisse schon, wie sie Gordian für sich gewinnen würde – nämlich indem sie ihm an Land folgte, ihre Schwanzflosse verlor und sich von ihm wie ein Menschenmädchen lieben lassen konnte. Jetzt hatte sie ihr Ziel erreicht und damit offenbar einen Teil des großen Meeresplans erfüllt.
    Warum tat ich mich nur so unglaublich schwer, das endlich zu akzeptieren?
    Hatte ich nicht schon lange geahnt – gewusst! –, dass Kirby Gordians Bestimmung war? Und hatte ich nicht sogar selber da rauf gedrungen, dass er sich mit ihr zusammentat?
    Warum schmerzte es mich so, wenn sich jetzt eins ins andere fügte? Und wieso haderte ich, anstatt ihm zu wünschen, dass er glücklich war? Ich liebte Gordian noch immer genauso sehr wie am ersten Tag. Für mich gab es keinen Grund, ihm Leid zuzufü gen.
    Und so steckte ich die Delfinhaut in die Gesäßtasche meiner Shorts, faltete sie mit dem Top und dem Slip zu einem kleinen Päckchen zusammen und legte dieses dann so, dass es nicht sofort auffiel, für Nixenaugen aber dennoch gut zu erkennen war, zwi schen die Steine.
    Gleich danach lief ich zum Ufer hinunter, schloss kurz die Au gen, um mir vorzustellen, wie ich Gordy ein letztes Mal umarmte, und ließ mich schließlich ins Wasser gleiten.
    Bevor ich jedoch einen Atemzug im Meer tun, geschweige denn mich mit meiner Schutzhülle umgeben konnte, war ich bereits verloren. Zwar registrierte ich noch die schwarzen Schatten, die pfeilschnell auf mich zuschossen, aber ich war nicht mehr in der Lage zu reagieren.
    Ein gellender Schmerz schien meinen Körper zu spalten und jagte meine Seele durch stockfinstere Dunkelheit, bis sie plötz lich zu schweben begann und schließlich sanft und leicht wie eine Daunenfeder auf ein Kissen aus Stille niedersank.
    Kyan hastete über die weit auslaufenden Klippen der St Clement’s Bay. Das Meer schimmerte in einem sanften Orangerot und am südlichen Horizont sah er die Lichter von St Malo aufblitzen. Mit fahrigen Fingern suchte er die Ritzen zwischen den Steinen ab, doch er konnte sie nicht finden, sich partout nicht erinnern, wo er sie gelassen hatte.
    Heftig fluchend ließ er sich zu Boden sinken und hämmerte mit den Handballen auf seine Schläfen ein. Unmittelbar darauf drang ein zutiefst verzweifelter Schrei aus seiner Kehle und erschütterte die Stille um ihn herum.

Elodie, komm zurück!
    Die Stimme summte in der Ferne wie ein winziges Insekt, so zart und leise, dass ich mir nicht sicher war, ob ich sie tatsächlich vernahm.
    Elodie, bitte! Es wird alles wieder gut. Du musst nur atmen.
    Ich kannte die Stimme. Sie gehörte zu mir wie Licht, Wasser, Sonne, Erde und Wind, und ich wäre ihr liebend gerne gefolgt, aber ich konnte nicht, ich war einfach schon zu weit weg. – Viel zu weit weg.
    Doch da war etwas, das nicht aufgeben wollte, etwas, das mich quälte und mir Schmerzen zufügte, sodass ich mich wehren muss te, wenn ich meine Ruhe behalten wollte. Ich bäumte mich auf, versuchte zu schreien, aber im nächsten Moment spürte ich etwas unvorstellbar Süßes auf meinen Lippen, so heilsam und köstlich, dass mein Widerstand einfach dahinschmolz. Wasser und Wind strömten durch meine Lungen, Erde war das, worauf ich lag. Mir war, als hüllte mich die Sonne in ihre Wärme, ihr Licht schien direkt über mir zu strahlen.
    »Elodie. Gott sei Dank!«
    Die Süße rann durch meine Mundwinkel. Ich streckte meine Zunge hervor, um sie aufzulecken, aber da hatte sie sich bereits verflüchtigt.
    »Sieh mich an!«
    Mühsam öffnete ich die Augen und das wärmende Licht be kam eine Kontur. – Gordy!
    Ich wollte hochschnellen, aber die Berührung seiner warmen Hand auf meiner Brust hielt mich zurück.
    »Bitte nicht«, wisperte Gordy und bat dann noch einmal: »Sieh mich an.«
    Mein Blick traf in seinen und das unendliche Türkis des Mee res durchflutete mich.
    »Lieg still. Ganz still.« Seine Stimme strich sanft über meine Haut. Seine Hände lagen auf

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