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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Bevölkerung, sich im German Military Underground Hospital einzufinden, nicht zu verpassen. Doch noch immer fiel kein einzi ges Wort über eine eventuelle oder gar akute Bedrohung aus dem Ärmelkanal, wodurch dem Interview mit Javen Spinx mittlerweile schon fast etwas Surreales anhaftete.
    Am späten Nachmittag waren von Südwesten her schwarze Wolken aufgezogen. In der Ferne zuckten Blitze und ein Grollen, zunächst noch dumpf, doch schon bald laut grummelnd und polternd, kündigte ein schweres Gewitter an. Die Luft war noch immer warm und stickig, und ich trug nichts weiter als ein dünnes Top und eine Panty aus Sweatshirtstoff, als ich auf den Balkon hinaustrat und die ersten kirschkerngroßen Regentropfen auf mei ne Haut klatschten. Direkt unter mir raffte Tante Grace gerade die Polster von den Gartenmöbeln zusammen und eilte damit ins Haus.
    Lautlos schwang ich mich über das Geländer, und noch ehe ich den Boden berührte, hatte ich meine Schutzhülle bereits auf gebaut. Niemand, weder Mensch noch Nix oder Tier, würde sich mir nähern, geschweige denn mir etwas anhaben können.
    Meine Fußsohlen flogen nur so über die Klippen. Vor mir krachte ein Blitz ins Wasser und dann tat sich der Himmel auf. Regen prasselte stakkatoartig auf mich herab, und das Meer schwappte bedrohlich auf und nieder, als hielte Petrus es in seinen Händen und schaukelte es in einer riesigen Wanne hin und her. Zischend warf es seine Gischtfontänen zwischen den Felsspalten hinauf.
    Doch all das kümmerte mich nicht. Ich hielt auf eine hoch auf ragende Klippe zu und stürzte mich von deren Spitze aus kopfüber in die tosenden Wellen. Wasser umschloss mich und bahnte sich seinen Weg in meine Lungen, und noch während sich meine Bei ne zur Flosse schlossen, trieb ich meinen Körper mit peitschen den Bewegungen voran.
    Ich visierte kein schützendes Riff an, denn ich musste mich vor niemandem verstecken. Wer auch immer mir hier in der Perelle Bay oder an einer anderen Stelle im Ärmelkanal begegnete, er durfte – er sollte! – mich sehen. Ich war auf alles gefasst, aber das Bild, das sich mir dann, ungefähr fünfzig Fuß unterhalb der Mee resoberfläche, tatsächlich bot, brachte mich abrupt zum Stillstand und versetzte mich für einen Augenblick in blankes Entsetzen.
    Circa hundert Meter von der Küstenlinie entfernt verharrten Hunderte, wenn nicht gar Tausende Delfinleiber reglos im Wasser, neben- und hintereinander aufgereiht wie ein Heer aus Soldaten, das auf seinen Marschbefehl wartet. Nur jeder dritte Delfin war ein Nix und ein großer Teil von ihnen überraschenderweise weiblich. Suchend ließ ich meinen Blick von einem zum nächsten gleiten, doch außer Ramon und einem weiteren Delfin, der mir damals im Kreis um Oceane und Cullum aufgefallen war, dessen Namen ich jedoch nicht wusste, konnte ich kein bekanntes Gesicht ausmachen. Kyan entdeckte ich nicht, was mich allerdings nicht unbedingt erleichterte, denn in seiner Eigenschaft als Chamäleon konnte er überall sein. Aber auch von Gordy, seinen Eltern, Kirby oder Idis fehlte jede Spur. Dafür bemerkte ich einige längliche, schwarze Schemen in den Höhlen und Spalten der umliegenden Riffe. – Hainixe!
    Hainixe, die ihre Identität unter ihrer Tarnhaut verbargen und heillos in der Unterzahl waren. Ähnlich wie ich gaben sie sich kaum Mühe, unentdeckt zu bleiben, und mir war sofort klar, dass jeder von ihnen bereit war, sein Leben zu geben, weil er lieber starb, als einen Delfinnix das Land betreten zu lassen.
    Sie alle, Delfine und Haie, warteten auf Kyan und hofften auf den Moment, in dem er sich zeigen musste – die einen, damit sie ihm folgen konnten, die anderen, um ihn zu vernichten. Doch wozu dienten die Tiere? Und warum konnte ich weder Idis noch Kirby irgendwo entdecken?
    Panik pushte in mir hoch. Ich bildete mir ein, die Spannung, die sich im heftig aufgewühlten Meer immer stärker aufbaute, bis in die Nervenenden zu spüren, und konnte einfach nicht mehr still im Wasser stehen. Ich musste etwas tun. Irgendwas, das einen von ihnen, Delfin oder Hai, aus der Reserve lockte.
    Und so setzte ich mich langsam und für alle gut sichtbar wie der in Bewegung, schwamm auf die vorderste Reihe Delfinnixe zu und nahm dabei Ramon ins Visier. Doch wegen meiner Schutz hülle konnte ich mich ihm nicht nähern, zumindest nicht so, dass er sich in irgendeiner Weise bedroht oder wenigstens provoziert fühlte. Ungerührt blickte er mir entgegen.
    Ich zögerte nicht, die Hülle

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