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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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in seinen Augen blitzte es. In der Tat war ich darauf eingestellt, es zweimal tun zu müssen.
    Ich verstehe nicht …
    Er richtete sich etwas auf und bedeutete mir zu schweigen. Eine Weile sahen wir uns einfach nur an. Ich hatte das Gefühl, ihn zu kennen. Alles an ihm – seine Haltung, sein Blick, sein Lächeln – war mir tief vertraut. Fast so, als hätten er und Pa und ich gemein sam auf unserem Sofa gesessen.
    Dieser Ort hier , fing er schließlich wieder zu reden an, ist für einen Delfin, Hai oder Wal nicht erreichbar. Der Druck würde seinen Körper zerstören.
    Aber wir zwei … wir sind doch hier …, wandte ich zögernd ein.
    Nicht wir, sondern die Erinnerung an unser körperliches Dasein, er widerte er. Sie sorgt dafür, dass wir einander sehen … ebenso wie diese wunderhübsche Höhle hier. Ein weiteres Lächeln ließ seine Augen abermals aufblitzen. In der Realität gibt es so etwas natürlich nicht.
    Auch diese Aussage überstieg meinen geistigen Horizont. Im Grunde fiel mir nur eine einzige Erklärung für all das ein, was ich in diesem Moment erlebte: Ich war tatsächlich gestorben. Nur deshalb fühlte ich mich Pa auf einmal so nah, und nur deshalb konnte ich nun auch an Gordy denken, ohne den geringsten Schmerz oder auch nur das kleinste Sehnen zu empfinden. Der Tiefendruck hatte meinen Körper zerstört, und die Reste meines Bewusstseins irrten noch irgendwo umher und spielten mir einen netten kleinen Streich, bevor sie sich irgendwann in Meerwasser auflösen würden.
    Oder sich in Meerschaum verwandeln?
    Ich starrte den Delfinnix an. War das nicht wieder so eine Geschichte? Die von der kleinen Meerjungfrau? Ja, ich erinnerte mich: Auch die hatte Pa mir vorgelesen. – Verrückt, was einem so alles in den Sinn kam, während man starb!
    Dein Vater spielt offenbar eine zentrale Rolle in deinem Leben, un terbrach der Nix meinen Gedankenstrom. Dein Vater und deine Herkunft. Im Übrigen bist du nicht gestorben. Genauso wenig wie ich, fügte er überraschend nachdrücklich hinzu. Unsere Körper sind unversehrt. Allerdings sind sie nicht hier.
    Sondern nur unsere Erinnerungen?, fragte ich skeptisch. Aber ich kenne dich doch gar nicht!
    Das ist auch nicht zwingend nötig, gab er gelassen zurück. Unser Erbgut speichert gewisse Prozesse und dazu gehören auch die Erinnerungen unserer Vorfahren.
    Ich bin nicht mit dir verwandt!, hielt ich sofort dagegen. Du bist ein Delfin und ich ein Hai.
    Der Nix schüttelte müde den Kopf. Du musst dich irren.
    Dann sieh mich doch an!
    Bitte verzeih mir, aber das ist mir nicht möglich, gab er zurück, und ich bildete mir ein, eine Spur aufrichtigen Bedauerns in seiner Stimme zu vernehmen. Meine Erinnerungen sind sehr viel älter als deine, weshalb sich mir deine äußere Erscheinung nicht erschließt. Ich sehe nur, wer du bist … Elodie.
    Du kennst meinen Namen?
    Natürlich. Jetzt lachte er ein volles samtig dunkles Lachen, das seinen mächtigen Körper zum Schwingen brachte. Du trägst ihn wie einen Strahlenkranz um dein Herz. Deinen Namen und alles, was du bist … Elodie … Ich freue mich, dass du zu mir gekommen bist, setzte er hinzu, bevor ich etwas entgegnen konnte. Und dass du bereit bist, deine Aufgabe zu erfüllen.
    Eigentlich hätte ich zunächst gerne noch gewusst, wer oder was ich bin, erwiderte ich zaghaft.
    Der Nix betrachtete mich eine Zeit lang schweigend.
    Es steht mir nicht zu, dir das zu erklären, meinte er dann. Du weißt es ohnehin. Ich wollte protestieren, aber er hob sogleich abwiegelnd die Hand . Du weißt es, weil es in deinem Erbgut steht, bekräftigte er. Sobald du bereit bist, dich diesen Erinnerungen zu stellen, wird es sich dir erschließen.
    Aber meine Aufgabe …?
    Die wirst du in jedem Fall erfüllen, unabhängig davon, woran du bereit bist, dich zu erinnern.
    Ich seufzte leise, denn mir war klar geworden, dass es keinen Sinn hatte, weiter in ihn zu dringen.
    Ich spürte, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihre Konturen zurückgewannen. Es war höchste Zeit für mich, diesen Ort wieder zu verlassen.
    Verrätst du mir deinen Namen?, bat ich.
    Natürlich. Wieder dieses Lächeln und das Blitzen in seinen Au gen. Ich heiße Neeron … allerdings bin ich kein Delfin.
    Erstaunen breitete sich in mir aus. Sondern?
    Ein Walnix.
    Und warum kann ich mich dann an dich erinnern?, hätte ich ihn gerne gefragt. Schließlich hatten meine Vorfahren nie Kontakt zu einem Wal gehabt.
    Das Lächeln verschwand und machte einem ernsten Ausdruck

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