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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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stieß einen leisen Fluch aus und folgte ihm wi derstrebend. Cyril hatte sich zwar noch nie mit Kinkerlitzchen aufgehalten, diese blöde Geheimniskrämerei ging mir allerdings zunehmend auf die Nerven.
    Es würde nichts nützen, wenn ich es dir bloß erzähle, sagte er sanft und wartete, bis ich ihn eingeholt hatte. Der Blick aus seinen schwarzen Augen war offen und warm und brachte mein Herz zum Klopfen.
    Cyril, ich …
    Vertrau mir einfach, okay?, wisperte er. Ich will dir nichts Böses, Elodie. Auch das hier hätte ich dir gerne erspart, fügte er nach einem kurzen Zaudern hinzu.

    Verunsichert sah ich ihn an. Wo sind wir hier eigentlich?
    Knapp zweihundert Seemeilen nordwestlich von Guernsey. Wir nähern uns der britischen Südküste.
    Ich atmete tief durch und merkte, wie sämtliche Unruhe und mit ihr auch alle anderen negativen Gefühle von mir abfielen. Und diesmal war es ganz sicher nicht Cyril, der mein Gemüt be sänftigte, nein, diese Ruhe kam aus mir selbst, und sie gab mir Sicherheit. Was auch immer hier vorging, dieses Meer war mein Zuhause, das spürte ich bis in die Tiefe meiner Seele.
    Ich finde es wichtig, dass du es siehst, sagte Cyril, der mein Zögern offenbar missdeutete, und ich freute mich insgeheim, dass ihm meine Gedanken verborgen geblieben waren. Ich denke, es könnte entscheidend sein, dass du es siehst, bevor du wieder an Land gehst.
    Gut, erwiderte ich knapp. Dann zeig es mir.

    Cyril bestand darauf vorauszuschwimmen, was mir sehr recht war. Keine Ahnung, wieso, aber irgendwie empfand ich es plötzlich als unangenehm, ihn in meinem Rücken zu wissen. Ich wollte ihn und das, was um ihn herum geschah, einfach sicher im Blick behalten.
    Je weiter wir uns nach Norden bewegten, desto trüber wurde das Wasser. Das Brummen der Schiffsmotoren nahm ebenfalls zu, und schließlich gelangten wir in eine Region, in der der Lärm kaum noch zu ertragen war. Mein Kopf dröhnte, meine Ohren schmerzten und vor meinen Augen begann es zu flimmern.
    Mir fiel der fürchterliche Knall wieder ein, der mich in der Nähe des Königfelsens so brutal außer Gefecht gesetzt hatte, und erkundigte mich bei Cyril nach dessen Ursache.
    Ja, das habe ich auch gehört, antwortete er. Wahrscheinlich der Knall einer Gassuchbombe. Zum Glück war ich weit genug entfernt.
    Ich habe die Orientierung verloren, erzählte ich. Das war ein ziemlich ekliges Gefühl.
    Cyril wandte sich kurz zu mir um und bedachte mich mit ei nem gequälten Lächeln. Ich bewundere dich, Elodie. Ehrlich.
    Dafür gibt es keinen Grund.
    Da irrst du dich aber, widersprach er und jetzt war sein Lächeln beinahe zärtlich. Was du in den letzten Wochen durchgemacht hast, reicht normalerweise nicht einmal für ein ganzes Leben. Ich für meinen Teil hätte das nicht so ohne Weiteres ertragen.
    Cyril sah mir direkt in die Augen und eine wunderbar warme Welle der Zuneigung durchflutete mich. Natürlich war es nicht annähernd so stark wie das, was ich für Gordian empfand, aber es hatte etwas Eigenes, irgendwie sehr Spezielles und damit ebenso Einzigartiges.
    Ich betrachtete sein schönes exotisches Gesicht und den schlan ken athletischen Oberkörper, der sich unter der dünnen anthra zitfarbenen Außenhaut abzeichnete. Die Verätzungen, die er vor einigen Wochen nach dem Angriff von Kyan, Zak und Liam erlit ten hatte, waren mittlerweile zu bläulich schimmernden Narben verheilt. Das zu sehen, war furchtbar, denn es machte mir schlag artig bewusst, wie hilflos und verletzlich Cyril in seiner Hainix hülle tatsächlich war. Für ihn und seine Artgenossen bedeutete das Leben in seinem natürlichen Element, dem Meer, inzwischen eine viel größere Gefahr als die Existenz an Land.
    Du irrst dich, Elodie, sagte er. Das eine ist für uns ebenso riskant wie das andere. Wo wir uns auch aufhalten, wir finden keine Ruhe, denn wir müssen immer wachsam sein. Leben kann man das eigentlich nicht nennen, weil unsere Existenz, wie du das nennst, uns keinen wirklichen Sinn gibt. Im Grunde dürfen wir gar nichts. Nicht einmal lieben.
    Aber das tust du doch, erwiderte ich leise.
    Ja, weil ich sonst nichts hätte, wofür ich kämpfen könnte.
    Gilt das nur für dich?, fragte ich zögernd.
    Nein, es gilt ebenso für meinen Vater wie für Jane oder Tyler.
    Aber ihr seid die Einzigen?
    Nein.
    Ich runzelte die Stirn. Die Einzigen auf Guernsey?
    Cyril schüttelte den Kopf.
    Und was ist mit denen, die nicht lieben?, fragte ich. Wofür kämpfen sie?
    Ums Überleben, entgegnete er

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