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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Die Jungen sahen im Wohnzimmer Bolibompa . Sie selbst konnte nicht ruhig sitzen bleiben. Mit dem Handy in der Hand streifte sie rastlos durch die Wohnung. In regelmäßigen Abständen wählte sie die Nummer.
    Keine Antwort. Christian war den ganzen Tag nicht ans Telefon gegangen, und in ihrem Kopf hatte sich ein Horrorszenario nach dem anderen abgespielt. Seit die Nachricht über Magnus ganz Fjällbacka in einen Schockzustand versetzt hatte, war es noch schlimmer. Schon zehnmal hatte sie heute Christians E-Mails gecheckt. Immer wieder schien sich in ihr eine Spannung aufzubauen, die schließlich so unerträglich wurde, dass ihr Verdacht bestätigt oder widerlegt werden musste. Tief im Innern wünschte sie, ihm endlich irgendetwas nachweisen zu können. Dann wüsste sie Bescheid und könnte den Ängsten, die sie quälten, endlich freien Lauf lassen.
    Eigentlich wusste sie, dass ihr Verhalten unklug war. Da sie versuchte, ihn zu kontrollieren, und ihn ständig fragte, wen er getroffen habe und was er dachte, trieb sie ihn nur immer weiter von sich weg. Auf der rationalen Ebene war ihr das klar, aber das Gefühl war stärker. Es sagte ihr, dass sie ihm nicht vertrauen konnte, dass er etwas vor ihr verbarg und sie nicht gut genug für ihn war. Dass er sie nicht liebte.
    Dieser Gedanke tat so weh, dass sie auf den Küchenfußboden sank und die Arme um die Knie schlang. Hinter ihr brummte der Kühlschrank, aber sie bemerkte ihn kaum, weil sie nur das Loch in ihrem Innern wahrnahm.
    Wo war Christian? Warum meldete er sich nicht? Wieso konnte sie ihn nicht erreichen? Entschlossen wählte sie noch einmal die Nummer. Es klingelte immer wieder, aber sie erhielt keine Antwort. Sie stand auf und ging zu den Briefen, die auf dem Tisch lagen. Einer war heute wieder dazugekommen. Die Zeilen waren genauso kryptisch wie immer. Du weißt, dass Du nicht davonlaufen kannst. Ich bin in Deinem Herzen, und deswegen kannst Du Dich selbst dann nicht vor mir verstecken, wenn Du Dich am Ende der Welt verkriechen würdest. Die schwarze Schrift war ihr mehr als vertraut. Zitternd nahm Sanna den Brief in die Hand und hielt ihn sich vor die Nase. Er roch nach Papier und Tinte. Kein Parfüm oder Ähnliches verriet etwas über den Absender.
    Christian behauptete hartnäckig, er wisse nicht, wer der Verfasser der Briefe sei. Aber sie glaubte ihm nicht. So einfach war das. Der rasende Zorn in ihr erwachte wieder zum Leben, sie knallte die Briefe auf den Tisch und rannte die Treppe hinauf. Einer der Jungs rief nach ihr, aber sie reagierte nicht. Sie musste es wissen, sie brauchte eine Antwort. Jemand anders schien jetzt die Kontrolle über ihren Körper zu haben. Sie selbst hatte sich nicht mehr im Griff.
    Sie begann im Schlafzimmer, wo sie Christians Kommodenschubladen öffnete und den Inhalt herauszerrte. Gründlich untersuchte sie alles, was sie in die Finger bekam, und betastete dann die leeren Schubkästen. Nichts, rein gar nichts außer T-Shirts, Socken und Unterhosen.
    Suchend blickte sie sich im Zimmer um. Der Kleiderschrank. Er bedeckte die gesamte hintere Wand. Sanna ging jedes Fach systematisch durch. Sämtliche Kleidungsstücke von Christian landeten auf dem Fußboden. Hemden, Hosen, Gürtel und Schuhe. Sie fand keinen einzigen persönlichen Gegenstand, rein gar nichts, was ihr mehr über ihren Mann verriet oder ihr half, die Mauer zu durchdringen, die er um sich selbst errichtet hatte.
    Immer schneller riss sie seine Sachen aus dem Schrank. Am Ende waren nur noch ihre Kleidungsstücke übrig. Schwerfällig setzte sie sich aufs Bett und strich mit der Hand über die Tagesdecke, die ihre Großmutter genäht hatte. Sie besaß so viele Dinge, die etwas über sie und ihre Herkunft aussagten. Diesen Bettüberwurf, den Frisiertisch ihrer Großmutter, die Halskette, die sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Sie bewahrte all die Briefe von Freunden und der Familie in Pappschachteln im Schrank auf. In einem Fach waren ordentlich die Jahrbücher ihrer Schule gestapelt, und ihre Abitursmütze hatte sie neben dem getrockneten Brautstrauß sicher in einer Hutschachtel verwahrt. Viele kleine Sachen erzählten ihre Geschichte, ihr Leben.
    Plötzlich wurde ihr klar, dass ihr Mann solche Gegenstände nicht besaß. Er war zwar generell nicht so sentimental wie sie und neigte weniger dazu, Dinge aufzubewahren, aber irgendetwas hätte es geben

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