Meerjungfrau
mir merkwürdig, dass die anderen in die Sache mit hineingezogen werden, wenn eigentlich nur einer von ihnen die Zielscheibe ist. Ich habe das starke Gefühl, dass die drei etwas verbindet.«
»Das sehe ich auch so. Und dass Christian zuerst ins Visier dieser Person geriet, muss auch etwas zu bedeuten haben.« Patrik wischte sich den Schweià von der Stirn. Es war stickig und heià im Raum. Er sah Annika an. »Konzentriere dich bitte auf Christian, wenn du weitermachst.«
»Ich bin immer noch der Meinung, dass wir uns hauptsächlich mit Erik beschäftigen sollten«, sagte Mellberg. »Was meinst du, Flygare? Wir zwei haben doch von allen hier die meiste Erfahrung. Findest du nicht auch, dass Erik Lind unsere besondere Aufmerksamkeit verdient?«
Gösta wand sich. Er hatte eine ganze Polizeilaufbahn mit der Devise hinter sich gebracht, immer den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. Nachdem er eine Weile mit sich gerungen hatte, schüttelte er schlieÃlich den Kopf.
»Ich weiÃ, was du meinst, aber ich muss Hedström recht geben. Im Moment wirkt Christian Thydell am interessantesten.«
»Bitte sehr, wenn ihr unbedingt noch mehr Zeit verschwenden wollt.« Gekränkt stand Mellberg auf. »Ich habe etwas Besseres zu tun, als hier rumzusitzen und Perlen vor die Säue zu werfen.« Damit verlieà er den Raum.
Höchstwahrscheinlich hatte Mellberg ein ausgedehntes Nickerchen im Sinn. Aber Patrik dachte im Traum nicht daran, ihn aufzuhalten. Je mehr Mellberg sich heraushielt, desto besser.
»Du konzentrierst dich also auf Christian«, stellte Patrik fest und nickte Annika zu. »Wann, denkst du, hast du etwas für mich?«
»Bis morgen habe ich mit Sicherheit ein klareres Bild von seiner Vergangenheit.«
»Prima. Martin und Gösta, ihr fahrt zu Kenneth nach Hause und versucht, Näheres über den gestrigen Tag und die Briefe herauszufinden. Eventuell sollten wir auch noch einmal mit Erik Lind sprechen. Ich selbst rufe, wie gesagt, bei Pedersen an, sobald es acht ist.« Patrik warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Erst halb acht. »Danach sollten wir Cia einen Besuch abstatten, Paula.«
Paula nickte. »Sag Bescheid, wenn du fertig bist.«
»Gut. Dann wissen alle, was sie zu tun haben.«
Martin hob die Hand.
»Ja?«
»Sollten wir nicht irgendeine Form von Schutz für Christian und die anderen in Erwägung ziehen?«
»Darüber habe ich natürlich auch schon nachgedacht. Aber wir haben nicht genügend Personal, und eigentlich auch zu wenige Anhaltspunkte. Daher warten wir ab. Noch was?«
Schweigen.
»Okay, dann an die Arbeit.« Er wischte sich erneut den Schweià von der Stirn. Beim nächsten Mal mussten sie trotz der winterlichen Kälte ein Fenster öffnen, damit ein bisschen Sauerstoff hereinkam.
Als die anderen gegangen waren, blieb Patrik noch eine Weile vor der Tafel stehen. Vier Männer, vier Freunde. Einer tot.
Was verband sie?
Sie hatte das Gefühl, immer um ihn herumzuschleichen. Zwischen ihnen war es nie gut gewesen, nicht einmal am Anfang. Es fiel ihr schwer, das zuzugeben, aber Sanna konnte die Augen nicht länger vor der Wahrheit verschlieÃen. Er hatte sie nie an sich herangelassen.
Er hatte gesagt, was von ihm erwartet wurde, hatte getan, was dazugehörte, hatte ihr den Hof gemacht und nicht mit Komplimenten gegeizt. Doch im Grunde glaubte sie ihm nicht, auch wenn sie sich das nicht eingestand. Denn für sie war er mehr als ein Traummann. Sein Beruf erweckte vielleicht den Eindruck, er wäre eine langweilige und staubtrockene Person, aber das Gegenteil war der Fall. Er war unerreichbar und elegant, und sein Blick schien schon alles gesehen zu haben. Wenn er ihr in die Augen sah, füllte sie selbst die Leere. Er hatte sie nie geliebt, und nun wurde ihr klar, dass sie das die ganze Zeit gewusst hatte. Trotzdem hatte sie sich etwas vorgemacht. Hatte Dinge gesehen, die sie sehen wollte, und vieles ignoriert, was nicht ins Bild passte.
Jetzt wusste sie nicht, was sie machen sollte. Sie wollte ihn nicht verlieren. Sie liebte ihn, obwohl ihre Liebe nicht erwidert wurde. Das musste reichen. Hauptsache, er blieb. Gleichzeitig fühlte sie sich innerlich leer und kalt bei der Vorstellung, so als die allein Liebende weiterleben zu müssen.
Sie setzte sich im Bett auf und sah ihn an. Er schlief tief und fest. Langsam streckte sie die Hand aus und berührte
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