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Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Titel: Meg Finn und die Liste der vier Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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den Schlamm vom Blazer wischend, die Böschung wieder hinauf. Er wirkte nicht gerade glücklich.
    »Bitte mich, dich gehen zu lassen«, sagte er, bemüht, sich vor dem Publikum seinen Zorn nicht anmerken zu lassen.
    »Was?«
    »Willst du aufstehen?« Ich nickte vorsichtig.
    »Du brauchst mich nur zu bitten.«
    Was hatte er denn jetzt wieder vor?
    »Also gut. Lass mich aufstehen.«
    Brendan schüttelte den Kopf. »O nein. So nicht. Du musst schon richtig darum bitten.«
    »Bitte lass mich aufstehen.«
    »Nein, du Bauer. Richtig. Nenn mich ›Sir‹.«
    Das war es also. Er verfolgte immer noch seinen ursprünglichen Plan.
    »Du kannst mich mal, Ball.«
    Man konnte förmlich sehen, wie die Verwirrung ihm den Kopf vernebelte. Seit sechzehn Jahren war alles nach Brendans Willen gelaufen, und jetzt bot ihm ein Bauer die Stirn. Noch dazu vor den Mädchen. Er stellte seinen nassen Schuh auf meine Brust.
    »Sag es, McCall!«
    »Da kannst du warten, bis du schwarz wirst.«
    »Ich warne dich, McCall. Wir verpassen dir die Tracht Prügel deines Lebens.«
    Ich lachte. Ich konnte nicht anders. Jemandem, der in einem Mönchscollege aufgewachsen war, konnten sie mit dieser Drohung keine Angst einjagen.
    Ball las es in meinem Gesicht. Er wusste, dass ich mich nicht vor ein paar blauen Flecken fürchtete. Eine neue Taktik musste her. Er beugte sich zu mir hinunter, den Mund dicht an meinem Ohr. »Hör zu, du Bauer. Wenn du mich nicht sofort ›Sir‹ nennst, ziehen wir dir die Hose aus und werfen dich in den Fluss.«
    Beinahe hätte ich erneut gelacht, doch dann erinnerte ich mich an die Mädchen, die am Zaun hingen und nach Unterhaltung lechzten. Allein bei dem Gedanken lief ich rot an.
    Sie hatten mich. Ball roch den Sieg.
    »Es ist deine Entscheidung. Ich persönlich hoffe natürlich, dass du dich weigerst.«
    Für uns Jungen vom Land war alles ein bisschen anders. Damals zumindest. Wir verstanden nichts von Mädchen. Wir hatten nicht dieselbe lockere Art wie die Dubliner. Ich wäre allein bei dem Gedanken gestorben, mit einer von ihnen auch nur zu tanzen, ganz zu schweigen davon, in Unterhosen im Fluss herumzuplantschen.
    »Lass mich hoch, Ball«, knurrte ich. Es sollte drohend klingen, wurde jedoch nicht mehr als ein verzweifeltes Krächzen.
    »Wie war das bitte?«
    Ich seufzte. Was war schlimmer? Das Wort oder der Fluss? Ich traf meine Wahl. Die falsche, wie ich auch jetzt noch und schon seit fünfzig Jahren finde. »Lassen Sie mich hoch – Sir. «
    Ihr johlendes Gelächter dröhnt mir bis heute in den Ohren.
    Das Bild über Lowries Kopf löste sich in einer Wolke bunten Lichts auf.
    »Ist Ihnen je der Gedanke gekommen, das Ganze einfach abzuhaken?«, fragte Meg. »Nach dem Motto, vergeben und vergessen?«
    Lowrie schob schmollend wie ein Kind die Unterlippe vor. Er trug seinen Groll seit dreiundfünfzig Jahren mit sich herum, so leicht würde er ihn nicht aufgeben.
    »Meine Güte, das ist doch alles Ewigkeiten her. Damals gab’s noch nicht mal Fernsehen.«
    Lowrie antwortete nicht. Er konnte es nicht, wegen der anderen Leute im Zug, und er brauchte es auch nicht. Selbst ohne ihre begrenzten telepathischen Fähigkeiten hätte Meg die Botschaft verstanden, die in seinem Blick lag.
    »Okay, okay«, seufzte sie. »Ich halte die Klappe und tue, was Sie mir sagen. Aber ich würde gerne eine offizielle Beschwerde einlegen. Nur für den Fall, dass da oben jemand zuhört. Ich habe etwas dagegen, alte Leute k. o. zu schlagen, und ich führe nur Befehle aus.«
    Es schien zu funktionieren. Lowrie hatte erste Zweifel in Bezug auf seinen Wunsch. Aber er war nicht bereit nachzugeben. Noch nicht. Kein Problem. Sie konnte ihn stundenlang weichkochen, wenn es sein musste.

Kapitel 10
Alte Feinde
    S ie fuhren mit dem Zug bis zum Fähranleger von Rosslare. Das ganze Jahr über wimmelte die Stadt von Amerikanern, die nach ihren Wurzeln suchten, holländischen Touristen, die Sehnsucht nach Hügeln hatten, und New-Age-Mystikern, die Kobolde sehen wollten. In so einer Umgebung wirkte ein Mann, der mit sich selbst redete, geradezu wie der Inbegriff des Normalen.
    »Hierhin hätten wir auch zuerst fahren können«, beschwerte sich Meg. »Schließlich ist es gleich um die Ecke von Newford – da wohnen Sie, falls Sie es vergessen haben sollten.«
    »Ich weiß«, erwiderte Lowrie. »Aber ich habe die Punkte nach Wichtigkeit sortiert. Für den Fall, dass ich …«
    »Dass Sie was?«
    »Na ja, du weißt schon, für den Fall, dass ich nicht mehr alles

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