Meg Finn und die Liste der vier Wünsche
vergessen, aber es gab sie trotzdem.«
Lowrie nickte. Er hatte sie nicht vergessen.
»Ich erinnere mich an einen Sommerabend in unserem Abschlussjahr, als ich … dich vor einer ganzen Gruppe auf übelste Weise gedemütigt habe. Ich habe dich gezwungen, mich Sir zu nennen. Du hast ja keine Ahnung, wie viele Nächte mich das verfolgt hat. Bis heute zucke ich bei der Erinnerung daran zusammen. Kannst du mir verzeihen?«
»Jetzt?«, fragte Meg. »Soll ich ihm jetzt eine verpassen?«
»Nein!«, stieß Lowrie aus.
Ball nickte niedergeschlagen. »Das verstehe ich. Du brauchst mir das nicht zu erklären.«
»Nein, Brendan, ich meine – da gibt es nichts zu vergeben. Das Ganze ist ewig her. Ich kann mich kaum noch daran erinnern.«
»Alter Schwindler«, kicherte Meg.
»Nett, dass du das sagst, Lowrie. Aber wir wissen beide, wie schrecklich dieser Abend war.«
Lowrie seufzte. »Ja, du hast Recht. Natürlich erinnere ich mich. Es war schrecklich, und ich habe oft gedacht, dass dieser Abend mein ganzes Leben beeinflusst hat.«
»Ich wusste es«, sagte Ball und vergrub den Kopf in seinen zitternden Händen. »Du hattest alles Recht der Welt, mich aufzusuchen. Wenn du es mir heimzahlen willst, dann tu es. Ich werde es akzeptieren.«
Lowrie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Deshalb bin ich nicht hergekommen. Dieser Zwischenfall war unwichtig. Und wenn er mich so lange gequält hat, dann nur, weil ich es zugelassen habe. Ich bin hergekommen, um einen alten … Freund zu besuchen. Sonst nichts.«
Ball spähte zwischen seinen Fingern hindurch. »Wirklich?«
»Wirklich. Wir waren Kinder. Kinder tun dumme und grausame Dinge. Betrachte die Sache als erledigt, und lass uns was Anständiges trinken.«
Ball stand auf und schloss Lowrie spontan in die Arme. Hätte Lowrie nicht bereits gesessen, der Schreck hätte ihn glatt umgehauen.
»Danke, alter Freund.« Ball verschwand erneut in der Küche, ein glückliches Lächeln im Gesicht.
»Wusste ich’s doch!«, sagte Meg voller Schadenfreude.
»Was wusstest du?«
»Dass Sie ihn nicht schlagen würden.«
»Das wusstest du?«
»Ja! Sie sind viel zu nett. Viel zu anständig. Jemand mit so einer leuchtend blauen Aura wie Sie läuft nicht einfach rum und verprügelt andere Leute.«
»Na ja, du hast ihn doch gesehen«, sagte Lowrie. »Es tut ihm Leid. Ehrlich Leid. Ich könnte ihn nicht schlagen. Es wäre nicht richtig.«
Ball kam mit einer Flasche Brandy und zwei Gläsern zurück.
»Eigentlich sollten wir ja nicht, mit unseren schwachen Pumpen.«
»Ich weiß. Aber einmal ist keinmal. Außerdem, wie oft hat man schließlich Jahrgangstreffen?«
Für einen Moment wurde Ball wieder ernst. »Weißt du, Lowrie, als ich im Krankenhaus lag, kam mich niemand besuchen. Sechs Wochen, und kein einziges Mal Besuch. Kannst du dir vorstellen, wie einsam man sich da fühlt?«
Lowrie dachte an seine Rentnerwohnung und die zahllosen Nachmittage vor dem Fernseher. »Ja, Brendan«, erwiderte er und nahm einen kräftigen Schluck von der brennenden Flüssigkeit, »das kann ich.«
Kapitel 11
Ein Extrawunsch
F ranco Kelly hatte das Problem mit der kaputten Fernbedienung gelöst. Genau genommen war sie gar nicht kaputt, aber da Franco nicht im Entferntesten daran dachte, einen Teil seines Zigarettengelds für neue Batterien auszugeben, funktionierte sie eben nicht.
Wie auch immer, er hatte das Problem gelöst. Die Frage war nämlich: Was tun, wenn die Fernbedienung den Geist aufgegeben hat und man umschalten will auf einen anderen Kanal?
Man könnte sich aus dem Sessel erheben. Aber das war ja wohl übertrieben. Schlimm genug, dass man aufstehen musste, um etwas zu essen zu holen und aufs Klo zu gehen. Da brauchte man sich nicht noch jedes Mal zu verausgaben, wenn Werbung kam.
Man könnte sich mit einem Jungen aus der Nachbarschaft anfreunden und ihn dazu bringen, sich vor den Fernseher zu legen. Aber die Jugend von heute war so unzuverlässig, außerdem bestanden die Eltern ärgerlicherweise darauf, dass ihre Kinder spätestens zu den Abendnachrichten zu Hause waren, gerade wenn Franco das Umschalten am dringendsten brauchte.
Widerstrebend kam Franco zu dem Schluss, dass er sich selbst um die Sache kümmern musste. Er würde sich über seine Abneigung gegenüber geistiger Betätigung hinwegsetzen und sich etwas ausdenken müssen. Etwas Geniales, das seine Kritiker vor Staunen erstarren lassen würde. Sesselfurzer – pah! Denen würde er es zeigen.
Sein erster Gedanke war, die Zehen
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