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Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Titel: Meg Finn und die Liste der vier Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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eine Augenbraue.
    »Diesen Kerl. Den Schweinehund. Denken Sie an ihn!« Schützend legte Lowrie die Hände über die Ohren.
    »Keine Sorge. Ich werde nicht in ihrem Gehirn herumbasteln. Aber ich kann mittlerweile den größten Teil Ihrer Gedanken erkennen, jedenfalls so ungefähr. Wie in einem Fernseher bei schlechtem Empfang. Wenn Sie sich richtig Mühe geben …«
    Lowrie schloss die Augen und konzentrierte sich. Über seinem Kopf tauchte ein verschwommenes Bild auf, das langsam deutlicher wurde. Es war Cicely Ward.
    »Nicht sie, Romeo. Sie denken wohl immer nur an das Eine, was?«
    Lowrie grinste verlegen. Dann versuchte er es wieder.
    Ein neues Bild erschien. Es war düster und beklemmend. Die an den Rändern schwebenden Dinge veränderten sich oder verschmolzen miteinander, aber die Gestalten in der Mitte waren klar und deutlich zu erkennen. Diese Erinnerungen hatten sich ihm unauslöschlich eingeprägt.
    Es war eine seltsame Art, eine Geschichte erzählt zu bekommen – nicht mit dem Mund, sondern durch die Augen des Erzählers, aber Meg gewöhnte sich bald daran. Gebannt saß sie da und verfolgte die tragische Episode im Leben des jungen Lowrie McCall. Hätte sie in sein Gesicht geblickt statt darüber hinweg, hätte sie die Falten der Anspannung auf seiner Stirn gesehen. Es fiel ihm nicht leicht, sich mitzuteilen. Als er aber erst einmal angefangen hatte, entströmte das Ganze seinem Gehirn, als wäre es gestern gewesen …
    Als ich fünfzehn wurde, war ich längst ein wenig zäher. Jungs vom Land konnten in Westgate nur überleben, wenn sie sich ein dickes Fell zulegten. Sonst wurden sie früher oder später heulend nach Hause gekarrt. Sod Kelly verschwand auf die Art, und Mikser French auch. Zwei robuste Bauernjungen, die durch jahrelange Hänselei zu Häufchen Elend geworden waren. Keiner hatte sie je angefasst, aber es gibt andere Möglichkeiten, jemanden fertig zu machen.
    Mir hatte man immer gesagt, Tyrannen wären stockdumm. Große Misthaufen mit Tulpenköpfen. Doch ich merkte bald, dass das nicht stimmte. Die städtischen Vertreter dieser Gattung hielten sich jedenfalls für ausgesprochen geistreich und setzten auf beißenden Sarkasmus und öffentliche Demütigungen, um uns Landeier zu schikanieren.
    Brendan Ball ist ein perfektes Beispiel dafür. Jeder andere mit diesem Namen hätte sofort einen Spitznamen verpasst bekommen. Ballermann zum Beispiel. Nicht aber Brendan. Er war zu beliebt für einen Spitznamen. Und zu gefährlich.
    Aus irgendeinem Grund nahm Ball mich aufs Korn. Vielleicht ärgerte es ihn, dass ich den Croke-Park-Reinfall überstanden hatte. Er hatte bei dem Massenrauswurf einige Freunde verloren. Obwohl er selbst gar nicht Fußball spielte. Viel zu anstrengend. Er stellte sich lieber an den Rand und ließ eine bissige Bemerkung nach der anderen vom Stapel.
    Jahrelang schluckte ich seine Sticheleien. Hielt den Kopf gesenkt und ging einfach weiter. Worte, sagte ich mir, es sind ja nur Worte. Damit konnte ich leben. Doch dann, mit fünfzehn, tat ich plötzlich einen Schuss. Jetzt war ich auf Augenhöhe mit Ball, nicht länger der Kleine, der zu ihm aufschauen musste.
    Für mich veränderte sich einiges. Die Mönche vergaßen meine Missetaten, als ich in der College-Liga anfing, Tore zu schießen. Und wenn Ball seine Sprüche abließ, prallten sie an mir ab wie die mageren Verteidiger der gegnerischen Mannschaften.
    Damit hätte die Sache erledigt sein können. Aber ich wurde übermütig. Und das Schicksal lässt sich nicht gerne herausfordern.
    Eines Nachmittags ging ich zurück zum Umkleideraum und spielte dabei noch ein bisschen mit dem Ball herum. Du kannst dir denken, wer mir im Flur entgegenkam. Ball und seine Bande. Die paar Siege der vergangenen Wochen hatten mein Selbstbewusstsein aufpoliert, und so wich ich nicht zur Seite und senkte auch nicht den Blick. Ich grinste dem Haufen fröhlich entgegen und dribbelte kurz den Ball.
    Das gefiel Ball überhaupt nicht. Für ihn war ich wie ein Hund, der seinen Herrn anknurrt. Er wusste nicht recht, was er tun sollte, aber mit all den sabbernden Schoßhündchen im Schlepptau blieb ihm nichts anderes übrig, als einen seiner blöden Sprüche loszulassen. »Zwei sind schon weg, du Bauer«, sagte er. »Und den dritten kriegen wir auch noch klein.«
    In dem Moment wurde mir klar, dass Ball unsicher war. Ich hatte diesen Blick schon auf dem Spielfeld beobachtet, etwa in den Augen eines Torwarts, der nicht wusste, ob er nach vorne laufen oder an

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