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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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dummer Kerl!«

13

    Trevor verbrachte den Weihnachtstag mit einem Kasten Bier und dem Super Bowl vor dem Fernsehapparat, während draußen vor seiner Wohnung ein Blizzard toste. Er war versucht, auf der Farm anzurufen, wusste aber, dass Angela doch nur wieder auflegen würde, wenn sie seine Stimme hörte. Als er sie zum letzten Mal gesehen hatte, war sie durch den Bach im alten Flussbett gerannt. Das Wasser hatte nur so geplatscht, weil sie sich nicht die Mühe gemacht hatte, auf die Steine zu springen, und aus dem Saum ihres Rockes war das Wasser getropft und hatte eine Spur am Bachufer hinterlassen.
    Trevor inspizierte die halbleeren Regale in seinem Kühlschrank, dann beschloss er, telefonisch etwas beim Chinesen in Kensington zu bestellen und es sich abzuholen. Als die Kühlschranktür knallend zufiel, löste sich einer der Magnete und fiel zusammen mit einem Foto klappernd zu Boden. Vom Linoleum lächelte Constance ihn an. Sie trug einen übergroßen Männerpullover und ausgeleierte grüne Jogginghosen, keine Perücke. Das Haar stand ihr in wilden Büscheln vom Kopf ab. In ihrem Brief hatte sie geschrieben, dass sie erschöpft war von ihrer Reise, und als er sich das Foto genauer ansah, musste er zugeben, dass sie müde wirkte und nicht so spritzig wie sonst. Hinter ihr erstrahlte wie ein Regenbogen ein hübsches, in Himmelblau und Weiß gestrichenes Cottage, das umwuchert war von tiefrotem und orangefarbenem Efeu. Er konnte sie sich lebhaft vorstellen in dem Haus mit ihren Katzen und ihren Erinnerungen an ihre Ehemänner. Plötzlich wollte er wieder mit ihr reden, mit seinem einzigen wirklichen Freund in dieser Welt, nun da Bjorne tot war und Angela ihn hasste. Vielleicht sollte er in den Westen reisen. Er hatte die Küste noch nie gesehen. Und sie hatte ihn schließlich eingeladen, sie zu besuchen. Trevor durchwühlte seinen Schreibtisch nach ihrer Telefonnummer. Als er wählte, hob sich seine Laune bei der Vorstellung, wie überrascht und erfreut ihre Stimme klingen würde, wenn sie abnahm. Doch das Telefon läutete dreimal, bevor eine Ansage ertönte, die ihn darüber informierte, dass es unter dieser Nummer keinen Anschluss mehr gab. Er versuchte es erneut — mit dem gleichen Ergebnis. »Kein Anschluss unter dieser Nummer. Überprüfen Sie bit...«
    »Scheiße«, fluchte er, verzichtete auf das Chopsuey und ging stattdessen zu Bett.

    Trevor war in einem Autobus. Draußen vor dem Fenster grasten Herden von Rehböcken und Zebras in dem kargen Gras in einer roten Staublandschaft, die so flach war wie die Prärie von Alberta. Er hatte den Geschmack von Staub im Mund. Der Bus hielt an. Trevor schob sich durch den von Menschen überfüllten Gang, stieg aus und betrat die Schotterstraße. Jemand warf seine Tasche von dem überladenen Dachgepäckträger, und sie landete mit einem dumpfen Knall vor seinen Füßen. Er hob sie aus dem Dreck, schob seine Arme unter die Schultergurte und lief über einen schmalen Pfad in Richtung von Hütten in der Ferne. Der Rucksack schmerzte auf seinen Schultern. Er nahm ihn herunter und öffnete den Kordelzug, um nach den Traktorteilen zu suchen — drei Anlasser, ein Verteiler und ein Pappkarton mit Zündkerzen. Er lief weiter zum Dorf. Menschen standen in Türrahmen und in Gärten und beobachteten ihn. Ein junger Mann, dessen weißes Baumwollhemd einen gleißend hellen Kontrast zu seiner schwarzen Haut bildete, kam auf ihn zu und streckte ihm seine Hand entgegen. »Constance hat gesagt, dass
    Sie kommen würden.« Der Mann reichte Trevor einen Speer und wies hinaus auf die Savanne. »Die Krieger warten.«
    Eine Gruppe mit Ockerfarbe bemalter Jugendlicher, die ebenfalls Speere trugen, sprang heulend hinter einem gigantischen Affenbrotbaum hervor. Wie eine Herde von Gazellen drehten sie sich wie an einer Schnur gezogen herum und rannten gen Osten über den ausgedörrten Boden. Trevor rannte mit ihnen, durch Unmengen von Tieren — Giraffe, Zebra, Gazelle, Wasserbüffel. Ohne Vorwarnung blieben die Krieger plötzlich stehen und bildeten einen Kreis. Trevor lief durch ihn hindurch zur Mitte, wo er einen verrosteten Traktor fand, der verlassen im Gras stand. Er geriet in Panik — er war kein Mechaniker. Er warf seinen Rucksack in den Dreck und wandte sich ab. Was, wenn er ihn nicht reparieren konnte? Was, wenn er es konnte? Er stellte sich vor, dass die weite, wilde Ebene zu einem Kornfeld wurde, das eingepfercht war in ein Flechtwerk aus Straßen und Zäunen. Ein Krieger schrie,

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