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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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Rotschulterstärlings.

    Hinterher lehnte Angela sich auf den Stufen zur Hütte rücklings an ihn, und sie beobachteten, wie ein Entenschwarm in V-Formation gen Süden zog. Die meisten Vögel waren bereits fort. Abgesehen von dem einsamen Stärling und ihrem persönlichen Frühlingssäuseln war es still im alten Flussbett.
    »Ich möchte hier leben.« Trevor wickelte eine Strähne von Angelas Haar um seinen Finger.
    »Hier? In der Hütte?«
    »Genau hier.«
    »Aber hier gibt es keinen Strom. Kein fließendes Wasser. Du hast den Verstand verloren.«
    »Das geht schon. Deine Großeltern haben es geschafft. Und ich habe dich, damit mir immer schön warm ist. Und einen unglaublichen Ausblick.«
    Caesar A. setzte sich auf, spitzte die Ohren.
    »Hey, schau dir das an.« Angela machte eine Bewegung mit ihrem Kinn und griff nach Caesars Halsband.
    Drei Kojoten, ein altes Männchen, das schon einige Jahre auf dem Buckel hatte und so groß war wie ein kleiner Border Collie, und zwei halb ausgewachsene Welpen tauchten auf der Anhöhe über dem alten Flussbett auf. Ihr Fell war in Vorbereitung auf den Winter schon ganz dick und dicht. Trevor hatte sie sich größer vorgestellt, sie erinnerten ihn an die Schakale an den Pyramiden, der gleiche richtende, starre Blick, die gleichen wachsamen, aufrecht stehenden Ohren, die gleichen Augen, denen nichts entging. Während das erwachsene Tier Wache stand, rannten die Welpen hintereinander zum Bach hinunter und tranken, dann liefen sie wieder das Ufer hinauf zu ihm zurück. Die drei machten sich auf gen Westen in Richtung der Farm.
    »Ich frage mich, ob die uns von da oben bespitzelt haben«, witzelte Trevor.
    »In dieser Gegend hast du als Mensch nirgendwo deine Intimsphäre«, erwiderte Angela geistesabwesend und starrte den Tieren nach. »Hatte das alte Männchen ein kaputtes Ohr?«
    »Ist mir nicht aufgefallen.« Trevor beugte sich vor und wisperte in ihre Nackenbeuge. »Ich habe eine Überraschung für dich.«
    Er löste sich aus seiner Stellung hinter ihr und kletterte den Pfad hinunter zur Quelle. Er zog sein Taschentuch aus der Hosentasche und tauchte es in das Wasser. Als er mit dem tropfnassen Stück Stoff zur Hütte zurückkehrte, ging er hinein und fing an, die vielen Jahre Staub von dem Panoramafenster herunterzuwischen, das nach Westen zeigte. Angela beobachtete ihn von draußen mit verschränkten Armem. Sie schüttelte den Kopf, dann hob sie ihren Rock und zog sich ihre Unterhose aus. Ebenso wie Trevor tränkte sie den seidenartigen Stoff mit dem Wasser der Quelle und stellte sich dann gegenüber von ihm auf, wischte das Fenster von außen mit breiten kreisenden Strichen ab.
    Trevor dachte an Bjorne in den Tiefen des (Grabes, das nur wenige Meilen von ihnen entfernt war, und an seinen brüderlichen Rat. Die Art von Rat, die Brent ihm gegeben hätte. »Angela?«, rief er.
    »Ja.«
    »Meinst du, deine Kanzlei könnte mir dabei helfen, meinen Bruder Brent ausfindig zu machen?«
    Fragend sah sie ihn an. »Klar, kein Problem.««
    Zwischen ihnen entstand ein klares Oval aus Glas, das zusehends größer wurde. Angela drückte ihr Gesicht gegen die Scheibe und streckte die Zunge heraus. Mehr als ein schmutziges Fenster öffnete sich zwischen ihnen. Ausnahmsweise vertraute er einmal darauf, dass ein anderer Mensch ihn verstand, und seine Sorgen verkümmerten zu Staubschlieren auf einer Glasscheibe, die man mit Wasser und einem Tuch abwaschen konnte. Er rieb an der oberen Ecke des Fensters und redete dabei. Der Zipfel seines Lappens hing unbemerkt herunter und verschmierte das saubere Glas darunter wieder.
    »Ich habe mir große Sorgen gemacht«, gestand er.
    »Worüber?« Angela machte mit ihren Armen die gleichen Bewegungen, die er mit seinen vollführte.
    »Ich habe Bjorne letzten Samstag wehgetan,, als wir besoffen Hockey gespielt haben, nachdem wir aus der Bar kamen. Ich habe ihn auf den Boden geworfen und... er kriegte keine Luft mehr. Er hat behauptet, von dem Sturz ganz außer Atem geraten zu sein. Aber nach seinem Herzinfarkt, weißt du, ich frage mich, ob...«
    Angela hatte aufgehört, das Fenster zu putzen. Die schmutzige Unterhose fiel auf die Veranda. Ihr Gesicht wurde kreidebleich. »Aber du wusstest doch...«, stieß sie aus, und ihre Stimme klang nur mehr wie ein Flüstern. »Du wusstest es!«, brüllte sie dann. »Du wusstest, dass er krank war! Du wusstest, dass er nächsten Monat operiert werden sollte! Hockey? Du hast Hockey mit ihm gespielt? Du unglaublich

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