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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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Frage. Sie behauptet, es gebe nicht viele Anwaltskanzleien in Calgary mit einer Rechtsanwältin namens Angela.«
    »Na ja.« Trevor suchte verzweifelt nach Worten. »Wie geht es ihr?«
    »Ich weiß es nicht. Sie schreibt über dich.«
    »Was hat sie geschrieben?«
    »Oh, dass sie hofft, ich würde mich nicht von dir trennen. Dass du — wie drückt sie das aus — ein Diamant seist, der erst noch geschliffen werden müsse. Anders als der typische, vom äußeren Erscheinungsbild her attraktive, innerlich aber hohle Mann seist du wie ein vergrabener Schatz. Das heißt, wenn man dich erst mal abgestaubt und poliert hat.« Angela hörte nicht damit auf, mit der Ecke des Briefumschlags auf ihr Bein zu tippen. »Sie hat sich gleich über mehrere Seiten hinweg darüber ausgelassen.«
    »Sie hatte immer diese unrealist...« Trevor stockte. »Constance glaubte an mich. Ich habe ihr das Leben gerettet, weißt du das?«
    »Nein, das weiß ich nicht. Die Geschichte hast du mir bisher vorenthalten.« Ihr Sarkasmus traf ihn tief. »Warum holst du das nicht nach?«
    Bis Trevor Angela das gesamte Erlebnis erzählt hatte — von seiner Begegnung mit Constance über ihr gemeinsames Abenteuer in Kairo bis hin zu der großen Rettung — waren seine Hände gefühllos, und seine Lippen mussten sich zwingen, überhaupt noch Worte formen zu können.
    »Du hast ihr nicht gesagt, dass sie mir schreiben soll?«
    »Nein«, erwiderte Trevor. »Ich schwöre dir, dass ich das nicht getan habe.« Er fuhr sich mit dem Zeigefinger über seine Brust. »Großes Indianerehrenwort.«
    Angela sah ihn eingehend an. »Ich muss los. Ich habe einen Termin.« Sie stand auf, und ihr Anorak war an der Seite vom Staub ganz grau.
    Trevor suchte nach den rechten Worten, um sie zum Bleiben zu bewegen. Vielleicht musste er nur weiterhin über Constance reden und über ihren unerschütterlichen Glauben an ihn und selbiger würde auf Angela abfärben, sodass sie ihre Meinung änderte. Trevor wies auf den Umschlag in ihrer Hand. »Darf ich ihren Brief lesen?«
    »Oh«, gab sie zurück, als habe sie vergessen, dass sie ihn immer noch in der Hand hielt. »Ich habe ihren Brief nicht mitgebracht. Das hier ist für dich.« Sie hielt ihm den Umschlag hin. »Wir haben deinen Bruder gefunden.«

    Eine Stunde später trat Trevor aus dem Farmhaus heraus und hinein in einen Chinook, der stark und unablässig von den Bergen niederfegte, jetzt war die Luft warm und roch nach Erde. Wasser tropfte von den Eiszapfen an den Regenrinnen. Er schlingerte durch den schmelzenden Schnee zu seinem Wagen und trat sich den Matsch von den Stiefeln, bevor er einstieg. Als er davonfuhr, blickte er noch einmal zurück zur Farm. Er fragte sich, ob Angela sich daran erinnert hatte, dass heute sein Geburtstag war.

21

    Die Scheibenwischer verteilten die Schmiere aus Schnee und gefrorenem Regen gleichmäßig über die Windschutzscheibe. Wie ein gewichtiger Soldatenmantel hing der wolkenschwere Himmel über der Erde. Der Wind kam von Nordwesten und warf den Wagen hin und her, schob ihn zuweilen fast vom Highway. Finsteren Blickes starrte Trevor durch die Lücken in dem undurchdringlichen Wetterchaos, das sich alle paar Sekunden änderte, und suchte nach dem Fernfahrerrastplatz, den Brent ihm am Telefon beschrieben hatte. Zwanzig Kilometer westlich von Edmonton auf dem Highway 16 kurz vor Spruce Grove. Ihm behagte die Vorstellung nicht, die Nacht auf dem Fernfahrerrastplatz zu verbringen, und so betete er, dass die Highway-Verwaltung die Straße nach Calgary am Abend nicht sperrte. Der Gedanke an eine Wiedervereinigung mit seinem Bruder beschwor ein Gefühl in ihm herauf, bei dem sich Beklommenheit mit Erwartungsfreude mischte. Vor sechzehn Jahren, nach Tante Gladys ’Beerdigung in Regina, waren sie dermaßen glücklich gewesen, von nun an ein Gladys-freies Leben führen zu können, dass sie einander ebenfalls aus dem Leben des anderen eliminiert hatten. Brent hatte erfreut geklungen, als Trevor sich letzte Woche bei ihm gemeldet hatte, er fand es lustig, dass Angelas Anwaltskanzlei ihn ausfindig gemacht hatte. »Zumindest waren es nicht die Bullen«, hatte er am Telefon gewitzelt.
    Das in dunkelblau und weiß gehaltene Schild, das einen Husky zeigte, tat sich inmitten des Graupels in der Ferne auf, und Trevor bog ab und fuhr den Wagen auf den Parkplatz, auf dem auf der Nordseite aufgereiht ein halbes Dutzend Sattelschlepper stand. Trevor fragte sich, welche dieser gigantischen Maschinen wohl Brent

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