Mehr als fromme Wuensche
werden, missbraucht vom Vater oder geschlagen von der Stiefmutter. Gäbe es diese Schule nicht, würden sie sich auf der Straße herumschlagen müssen.
Ja, die Missionare haben vieles falsch gemacht, die neue Welt mit ihren alten Maßstäben beurteilt. Wir müssen die Missionsgeschichte mit kritischen Augen sehen. Aber wahr ist auch, dass ein ungeheurer Mut dazu gehörte, vor dreihundert Jahren nach Indien zu gehen! Und viele Menschen schätzen ganz besonders,dass die Missionare den Gedanken von Gleichheit und Freiheit nach Indien gebracht haben. Ein indischer Bischof sagte: Gerade die Dalits , die Unberührbaren, die im indischen Kastensystem keine Chance auf ein würdiges Leben hatten, erlebten plötzlich, dass sie als Personen mit eigener Würde ernst genommen wurden. Schulen, Bildung, Gesundheitsversorgung wurden ihnen angeboten. Ja, sagte er, das ganze Kastensystem wurde erst durch die Missionare in Frage gestellt, und das Sozialsystem in Indien wurde durch die Missionare angeregt.
Nein, nicht alles war schlecht, auch wenn manches fraglich war. Aber bei weitem noch nicht alles ist gut in Indien! Diese Armut, diese zum Teil chaotischen Zustände sind eine enorme Herausforderung, darüber können alle Statistiken über ökonomischen Fortschritt nicht hinweg täuschen. Der Wirtschaftsindex eines Landes jedenfalls sagt bei weitem nicht alles über die Realität. Ich erinnere mich an eine Fahrt durch das stickig-heiße Chennai, in einem dieser höllischen dreirädrigen Taxen. An einer Ampel hielt der Fahrer wild hupend. Im Rinnstein lag ein Mann. Ich dachte, er sei tot. Da drehte er sich halb auf die Seite und sah mich aus halboffenem Auge an. Die Ampel sprang auf Grün, wir fuhren weiter. Der barmherzige Samariter wäre ausgestiegen... Wir sind schuldhaft verstrickt in die globalisierte brutale Wirklichkeit dieser Welt.
Angesichts solcher Armut wirst du als Deutsche ganz still und denkst: Bei allen Problemen – in was für wunderbaren Verhältnissen leben wir doch! Vielleicht fehlt uns manchmal eine Portion Dankbarkeit.
„Gelobt sei der Herr; denn er hat erhört die Stimme meines Flehens. Der Herr ist meine Stärke und mein Schild; auf ihn hofft mein Herz, und mir ist geholfen. Nun ist mein Herz fröhlich, und ich will ihm danken mit meinem Lied.“ (Psalm 28,6ff.)
Heiliges Land
E hud Goldwasser, Gilat Schalit und Eldad Regev – so heißen sie, die drei im Juli 2006 von militanten Palästinensern verschleppten israelischen Soldaten. Die Angehörigen der drei jungen Männer werfen der israelischen Regierung vor, sich nicht genug für ihre Freilassung einzusetzen. Und die Palästinenser sehen ihre Lebensgrundlagen zerstört durch die Einschränkungen, die Israel ihnen auferlegt, brutal geknechtet fühlen sie sich und gedemütigt. Und wieder geht die Angst um im Heiligen Land. Bomben fallen, die Elektrizitätsversorgung für viele Palästinenser wurde zerstört, Menschen werden brutal ermordet, Kinder werden traumatisiert für den Rest ihres Lebens.
Ich erinnere mich noch an den 7. Juni 1967 – Israel hatte im Sechstagekrieg Jerusalem erobert. Menschen standen weinend und fassungslos an der Klagemauer. Diese Bilder haben damals die ganze Welt bewegt. Fast 2000 Jahre nach der Zerstörung des Tempels und der ganzen Stadt wurde Jerusalem wieder Hauptstadt Israels. Nach der Zerstreuung des jüdischen Volkes in alle Welt, nach all der Verfolgung und Ermordung wurde Jerusalem zum Symbol dafür, dass Israel wieder zur Heimat für Jüdinnen und Juden geworden war. Aber in dieser alten Heimat lebten inzwischen andere Menschen. Es gab von Anfang an kein Konzept, wie ein Zusammenleben mit den Palästinensern zu gestalten wäre.
Das Heilige Land – welche Emotionen hat es in Geschichteund Gegenwart immer wieder ausgelöst! Es ist Juden, Christen und Muslimen je unterschiedlich von ganz besonderer Bedeutung. Keine andere Gegend in der Welt bedeutet Gläubigen von gleich drei großen Weltreligionen so viel. Deshalb ist für die ganze Welt und auch für das Zeugnis der Religionen entscheidend, ob dort Friede herrscht.
Und deshalb sollten wir bewusst beten für die Menschen, die dort leben. Israelis und Palästinenser müssen endlich in zwei Staaten friedlich nebeneinander leben können. Viele auf beiden Seiten haben inzwischen erkannt, dass es nur so eine Lösung gibt. Es sind wenige Terroristen und Scharfmacher, die das verhindern wollen. Sie sind blindwütig. Ohne Konzept, ohne Zukunftsvision ist ihr Werk der
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