Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
hat das dritte biblische Gebot im Sinne: „Du sollst den Feiertag heiligen.“ Es ist kein Verbot, sondern das Angebot für ein anderes Leben, eines, das Prioritäten setzen kann und heilsame Rhythmen kennt, ja, etwas wie Muße kennt.
In dem Gebot geht es nicht zuallererst darum, dass Gott diesen Tag braucht, damit wir ihn loben und ehren. Nein, es geht um den Menschen, der Zeit braucht, um sich auf das Wesentliche im Leben zu besinnen. Es geht um den Menschen, der Zeit benötigt, in der er nicht arbeitet, sondern der Seele Raum gibt, frei ist von Druck, sich mit Freunden trifft, nachdenkt, spazieren geht, Leerlauf zulässt. Und ja, auch zum Gottesdienst geht, sich einbringt in das Lob Gottes rund um die Erde, ohne dass ein irgendwie gearteter Zweck dahintersteckt. Eine Gesellschaft, die um eines vermeintlichen Wirtschaftswachstums willen solche Rhythmen abschaffen will, wird irgendwann einem kollektiven Burn-out-Syndrom erliegen, wird vor Erschöpfung und Verlust von Sinn und Ziel zusammenbrechen.
Vor einiger Zeit habe ich genau das erlebt. Ein Kollege, der immer so stark, souverän, geradezu unerschütterlich schien, ließ „die Flügel hängen“. Bei ihm konntest du noch im Urlaub abends Mailantworten erhalten und er war stolz auf diese Dauererreichbarkeit. Aber dann war Schluss. Er konnte nicht mehr, hat von einem Tag auf den anderen alles fallen lassen müssen. Ihm fehlte die Kraft zum Weitermachen. Und das war bitter für ihn und schwer zu tragen für sein Umfeld.
Ich muss zugeben: Mir fällt Muße auch schwer. Keine Mails abrufen, das Handy abschalten – ich will das allerdings auch nicht schon wieder als Zwang ansehen nach dem Motto: Aber im Urlaub darfst du den PC nicht anwerfen! Eine Balance scheint mir erstrebenswert, eine Gelassenheit, die weiß, dass nichts, was ich tue, und nichts, was ich heute versäume, gleich „die Welt rettet“ – oder eben nicht.
Schaden an der Seele
Eine Therapeutin sagte mir, „Burn-out“ sei ein Begriff, den es nur im Deutschen gebe – absurderweise ein Anglizismus! Letzten Endes sei Burn-out eine Depression. Wer Burn-out habe, werde in unserer Gesellschaft als gestresster Vielarbeiter anerkannt, wer dagegen depressiv sei, müsse mit Verachtung und Ausgrenzung rechnen. Gerade das aber ist doch deprimierend! Warum darf niemand klarmachen, dass er dem Druck nicht mehr standhält, Schwäche zugeben? Wer das tut, muss mit einer gewissen Verachtung rechnen.
Die „Macher“ rasen um den Globus, scheinen 24 Stunden am Tag zu arbeiten, bewegen Millionen Euro locker hin und her über die Märkte der Welt. Und doch wirken sie oft haltlos, wurzellos. Ich sehe sie im Fernsehen und frage mich: Welcher Mensch steckt dahinter? Welche Gefühle, Lebensziele hat er? Was treibt ihn wirklich an, was macht diesen Menschen im Innersten aus? Wo sieht er Sinn?
Ein Wort Jesu zielt genau auf diese Fragen: „Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten. Denn welchen Nutzen hätte der Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst?“ (Lk 9,24–25). Ein Politiker, sehr exponiert, immer unter Druck, hat mir einmal gesagt, dieser Bibelvers hätte für ihn oft die notwendige Bremsfunktion.
Was will ich eigentlich? Wer bin ich? Was treibt mich wirklich an? Der Kornbauer agiert angesichts der Anforderungen ökonomisch gesehen sinnvoll: Scheunen erweitern, Möglichkeiten schaffen. Aber er verliert den Blick auf sein Leben.
Schaden an der Seele – das wäre ja Depression oder eine andere der vielen seelischen Erkrankungen, die immer mehr Menschen betreffen. Vielleicht ist es aber auch schon die Daueranspannung und damit gleichzeitig Dauererschöpfung, die um sich zu greifen scheint. Da sind zum einen die vielen Anforderungen an unser Leben. Das gilt sicher besonders in der sogenannten „Rushhour“ zwischen Mitte zwanzig und Mitte vierzig, wenn wir beruflich gefordert sind, eine Familie gründen, Eltern begleiten sollen. In diesen Jahren hatte ich manchmal den Eindruck, nur weitermachen zu können, wenn ich nicht anhalte. Einmal pausiert, dann findest du keine Kraft mehr, das Tempo wieder aufzunehmen. Der Tagesablauf berufstätiger Eltern kennt keine Pause. Kinder sind eine Daueranforderung an deine Präsenz und Kraft. Und wer Angehörige versorgt oder pflegt, kann nicht einfach mal unterbrechen. Dabei ist es doch wunderbar, Kinder zu erziehen und für
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