Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
überfüllt. Zwischen 1980 und 2005 , also in einem Vierteljahrhundert, ist die Weltbevölkerung um die Hälfte von gut 4,4 Milliarden auf über 6,5 Milliarden angewachsen, das entspricht etwa dem Dreifachen der gesamten Bevölkerung Europas! 2010 hat die Weltbevölkerung die Zahl von 6,9 Milliarden erreicht, 56 Prozent mehr als noch im Jahr 1980. Zwar wird inzwischen eine Abnahme der Zuwachsrate erwartet, trotzdem wird die Weltbevölkerung bis 2050 auf mehr als neun Milliarden anwachsen. Das alles ist Statistik. Eine bedrängende Statistik, die unsere Erde an den Rand der Belastbarkeit bringt. Und die gerade für viele Frauen eben nicht Segen, sondern wahrhaftig Fluch bedeutet. Ja, jedes Kind soll geliebt sein und willkommen, jedes Kind ist ein Geschenk Gottes! Aber welche Frau will denn ein weiteres Kind gebären, von dem sie weiß, dass sie es nicht wird ernähren können? Jedes Jahr sterben mehr als 300000 Frauen an den Folgen von Schwangerschaft oder Geburt – 99 Prozent von ihnen in den armen Ländern des Südens. Bitter klingt es da: „Seid fruchtbar und mehret euch …“
Ein Blickkontakt ist mir in Erinnerung geblieben. Ich war zu Besuch in einem evangelischen Krankenhaus im Westen Äthiopiens. Auf der gynäkologischen Station lag in einem Zimmer mit 15 anderen eine Frau, deren neuntes Kind quer gelegen hatte. Nach zwei Tagen Wehen war sie in einem achtstündigen Marsch auf einem Esel dorthin gebracht worden. Das Kind war bereits tot, und die Frau hatte so viel Blut verloren, dass der Arzt meinte, es stehe 50:50 für sie. Sie sah mich an, ich habe kurz ihre Hand gehalten. Nein, das ist nicht gerecht. Keine Verhütungsmittel, keine ausreichende Ernährung, keine medizinische Versorgung. Ein Mitarbeiter sagte, es gäbe ein äthiopisches Sprichwort: „Wenn du an Wiedergeburt glaubst, dann hoffe darauf, nicht als Esel oder Frau in Äthiopien wiedergeboren zu werden.“ In so einem Sprichwort konkretisieren sich unsere Urteile über andere Menschen und in einer Frage wie Verhütung. Die schon erwähnte Kultur der Barmherzigkeit muss den ganzen Menschen mit der je eigenen Lebensrealität in den Blick nehmen.
Ich wünsche mir, dass Menschen Lust auf Kinder haben, gern mit ihnen leben, ihnen Zukunft eröffnen können. Jede Frau sollte Zugang zu Verhütungsmitteln haben, um Sexualität als gute Gabe Gottes leben zu können und nur schwanger zu werden, wenn sie sich auf ein Kind freut. Die Stiftung Weltbevölkerung setzt sich klar dafür ein. Diese individuelle Frage hängt mit den gravierenden Herausforderungen zusammen, vor die uns das dramatische Bevölkerungswachstum stellt, denn es wird die Ungerechtigkeit zwischen den Kontinenten mit Blick auf die Ressourcenverteilung verschärfen. Und so hängen Frauenrechte und Entwicklung eng zusammen. Die Welthungerhilfe fasst plastisch zusammen: Ein Schuljahr mehr bedeutet für ein Mädchen 15 Prozent mehr Einkommen und zehn Prozent weniger Kinder. Das alles wirkt sich selbstverständlich auch auf die Stellung von Frauen in der Gesellschaft, aber auch in der Familie aus.
Babyklappen
Immer wieder brandet in diesem Zusammenhang die Debatte um sogenannte Babyklappen auf, die ich lieber Babykörbchen nenne in Anlehnung an die Geschichte der Aussetzung des kleinen Mose durch seine Mutter, als sie das Kind in Gefahr sah. Eine anrührende Geschichte, in der die Schwester Mirjam den Bruder beobachtet, bis sie weiß, dass er sicher untergekommen ist. Die Tochter des Pharao holt ihn aus dem Wasser, und Mirjam vermittelt zwischen Adoptivmutter und leiblicher Mutter, sodass die leibliche Mutter den Jungen sogar noch offiziell stillen kann.
In Anlehnung an diese biblische Geschichte haben wir in Hannover 2001 das „Netzwerk Mirjam“ gegründet, in dem ein Babykörbchen Teil des Angebotes ist. Damals hatte sich die römisch-katholische Kirche offiziell aus der Schwangerschaftskonfliktberatung insofern verabschiedet, als sie keine Beratungsscheine als Nachweis mehr ausstellte, die bei einer Abtreibung genutzt werden könnten. Nach Gesprächen mit Schwangerschaftskonfliktberaterinnen war ich entschieden dafür, einen anderen Weg zu gehen, der zeigt, dass Beratung mit Schein nicht heißt, keine Angebote für das Leben zu machen. Das „Netzwerk Mirjam“ ist ein solches Angebot und besteht aus 24 Stunden Notfallberatung am Telefon, Adoptionsvermittlung, diakonischer Beratung, anonymer Geburt, Unterbringung bis zur Geburt, Babykörbchen. Für mich ist das ein bis heute
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