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Mehr als nur ein Zeuge

Mehr als nur ein Zeuge

Titel: Mehr als nur ein Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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zu tun hat. Arrons großer Bruder ist groß und taff, er prügelt sich oft und hat ein paar ziemlich zwielichtige Freunde. Arron hat ihn bewundert, und wir haben immer versucht, uns ihm und seinen Kumpels anzuschließen und mit ihnen unten bei der Bowlingbahn rumzuhängen. Manchmal durften wir dableiben, manchmal haben sie auch gesagt, wir sollen uns verziehen. Natürlich haben sie sich nicht so gewählt ausgedrückt.
    Nathan kann einem ganz schön Angst einjagen, wenn man ihn nicht kennt und wenn man so blöd ist, sich auf einen Streit mit ihm einzulassen. Mir ist auch klar, dass er will, dass ich die Klappe halte, das hat er nämlich |49| gesagt, aber ich glaube nicht, dass er mich tatsächlich umbringen will. Ich hatte immer den Eindruck, dass er mich eigentlich gut leiden kann. Manchmal hat er zu Arron gesagt, er soll auf mich aufpassen. Außerdem hat er auch schon für Mr Patel Zeitungen ausgetragen. Da würde er ihm doch nicht den Laden anzünden, oder?
    Mum runzelt die Stirn. Verschweigt sie mir etwas oder hat sie genauso wenig Ahnung wie ich? »Ich weiß auch nicht viel, Ty, und ich glaube nicht, dass man uns mehr verraten würde. Aber ich habe den Eindruck, dass es sich hier um eine ziemlich große und ziemlich organisierte Sache handelt. Glaubst du nicht auch?«
    Schon. Aber ich habe keine Lust, darüber nachzudenken.

|50| Kapitel 5
Einschüchterung
    Freitagnachmittag: Ich gehe von der Schule nach Hause, das lange Wochenende dehnt sich vor mir aus. Vielleicht gehe ich morgen mal ins Einkaufszentrum und treffe mich mit ein paar Jungs aus der Schule, obwohl ich mir dabei bestimmt ein bisschen gemein vorkomme, meine Mum allein zu lassen, auch wenn wir nicht viel miteinander unternehmen, außer ab und zu aufeinander rumzuhacken.
    Vermutlich wäre es gut, mal nicht so tun zu müssen, als ob, aber manchmal hab ich das Gefühl, als würde mich nur noch dieses ständige Vortäuschen aufrechthalten.
    Ich komme zur Haustür rein und höre Männerstimmen im Wohnzimmer. Ich bleibe wie angewurzelt stehen und spitze die Ohren. Jemand sagt: »…   nur vorübergehend«, dann steht Doug vor mir und ruft munter: »Tag, junger Mann. Wie läuft’s in der neuen Schule?«
    Ich gehe wortlos an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Da sitzt Mum und trinkt Tee mit DI Morris und einem seiner Helferlein, einem jungen Typen mit roten Haaren und Sommersprossen. Ich kann mich dunkel an ihn erinnern, er |51| war einer der weniger lautstarken Bullen auf dem Polizeirevier. Er stellt sich als Detective Constable Bettany vor.
    Mum sagt: »Er kommt gerade aus der Schule. Darf ich ihm wenigstens noch was zu essen machen?«, als wollten mich die Beamten vom Fleck weg ans andere Ende der Welt deportieren. Sie bringt mir Tee und ein paar Kekse, dann geht sie mit Doug wieder in die Küche. Ich hoffe, dass sie mit ihm über ihre Probleme bei der Arbeitssuche redet.
    »Na, hast du dich schon an dein neues Leben gewöhnt, Ty?«, erkundigt sich DI Morris. Im Gegensatz zu Doug scheint es ihn wirklich zu interessieren. »Das ist doch bestimmt nicht ganz einfach.«
    »Schon okay.«
    »Prima. Hast du schon Freunde gefunden?«
    »Geht so.«
    »Was macht die Schule? Hast du ein Lieblingsfach?«
    »Französisch, glaub ich.«
    Sprachen fallen mir echt leicht. Zu Hause habe ich von Mr Patel Urdu gelernt, von den Jungs im Dönerladen habe ich ein bisschen Türkisch aufgeschnappt, und ich hatte gerade einen Samstagsjob im Tattoo-Studio gegenüber bekommen und Maria überredet, mir Portugiesisch beizubringen. Es nervt mich ziemlich, dass das jetzt alles vorbei ist.
    Ich habe mir nämlich vorgenommen, irgendwann zwanzig Sprachen fließend zu sprechen und dann als Dolmetscher für die Fußballmannschaften der Ersten Liga zu arbeiten. Deswegen waren mir die Stunden bei |52| Maria besonders wichtig, denn Portugiesisch zählt in der Fußballwelt zu den wichtigsten Sprachen. Allerdings rede ich nicht groß über meine Pläne. Mum geht davon aus, dass ich mal das große Geld in der Finanzwelt verdiene, und Arron findet Sprachen schwul.
    »In der Schule ist es langweilig, weil ich das alles schon kenne. Aber Sport macht Spaß. Die haben tolle Anlagen.«
    DI Morris weiß es zwar nicht, aber er hat soeben mehr über mich und mein Leben erfahren als Mum und Doug wissen. Er erkundigt sich nach dem Sportunterricht, ist dabei aber eher an Fußball als an Leichtathletik interessiert, deshalb habe ich keine Lust, ihm von dem Sondertraining bei Ellie zu erzählen. Ehrlich gesagt,

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